# taz.de -- Luftverschmutzung in Europa: Feinstaub als Gesundheitsrisiko | |
> Der Kampf gegen Luftverschmutzung in Europa ist noch nicht zu Ende. Viele | |
> EU-Länder überschreiten weiterhin die Grenzwerte. | |
Bild: Hier kommt der Feinstaub her: Stau in Berlin | |
KOPENHAGEN dpa | Die Luftqualität in Europa wird immer besser – trotzdem | |
fallen jährlich weiterhin Hunderttausende Europäer der Belastung durch | |
[1][Feinstaub] und andere Schadstoffe zum Opfer. Wie die EU-Umweltagentur | |
[2][EEA] heute mitteilte, starben im Jahr 2019 schätzungsweise 307.000 | |
Menschen in der Europäischen Union vorzeitig durch die Belastung ihrer | |
Umgebungsluft mit Feinstaub, unter ihnen Zehntausende in Deutschland. | |
Mehr als die Hälfte dieser vorzeitigen Sterbefälle in der EU – etwa 178.000 | |
oder 58 Prozent – hätten laut EEA theoretisch verhindert werden können, | |
hätten alle Mitgliedstaaten die neuen Richtwerte der | |
Weltgesundheitsorganisation WHO eingehalten. | |
Die WHO hatte ihre empfohlenen Grenzwerte für Schadstoffe in der Luft im | |
September deutlich strenger gefasst. Das, was die Organisation für | |
gesundheitlich vertretbar hält, liegt damit noch deutlich unter den auch in | |
Deutschland derzeit geltenden EU-Richtwerten. Jedes Jahr sterben nach | |
WHO-Schätzungen weltweit sieben Millionen Menschen frühzeitig infolge von | |
Luftverschmutzung. | |
Die in Kopenhagen ansässige EEA unterstrich nun in einer umfassenden | |
Analyse zu den 27 EU-Mitgliedstaaten sowie 14 weiteren europäischen | |
Ländern, dass die Luftqualität in Europa 2019 besser als 2018 gewesen sei. | |
Dies habe auch weniger negative gesundheitliche Folgen für die | |
Europäerinnen und Europäer nach sich gezogen. Damit liegt 2019 im Trend der | |
Vorjahre: Langfristig betrachtet geht die Luftverschmutzung zurück, während | |
die Länder daran arbeiten, ihre klimaschädlichen Emissionen zu verringern | |
und die Luftqualität zu verbessern. | |
## Luftqualität verbessert sich | |
Investitionen in sauberere Wege beim Heizen sowie in Verkehr, | |
Landwirtschaft und Industrie sorgten für eine bessere Gesundheit, | |
Produktivität und Lebensqualität für alle Europäer, erklärte | |
EEA-Exekutivdirektor Hans Bruyninckx. „Diese Investitionen retten Leben und | |
tragen auch dazu bei, den Fortschritt in Richtung CO2-Neutralität und | |
starker Biodiversität zu beschleunigen.“ | |
Die EU-Kommission hat im Rahmen ihres sogenannten European Green Deal das | |
Ziel ausgegeben, die Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch die Belastung | |
mit Feinstaub bis 2030 um mehr als 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 zu | |
senken. Nach EEA-Angaben ist die EU dabei derzeit auf einem guten Weg: | |
Diese Zahl sei zwischen 2005 und 2019 um etwa ein Drittel reduziert worden. | |
## Stickstoffdioxid und Ozon weitere Gefahrenquellen | |
Das bedeutet jedoch bei Weitem nicht, dass der Kampf gegen die | |
Luftverschmutzung gewonnen ist: Wie aus der jährlich veröffentlichten | |
Analyse hervorgeht, sind neben den 307.000 vorzeitigen Todesfällen aufgrund | |
von Feinstaub (PM2.5) 40.400 weitere auf chronische Belastung mit | |
Stickstoffdioxid sowie 16.800 mit bodennahem Ozon zurückzuführen. Im Falle | |
von Deutschland gibt die Umweltagentur diese Zahlen mit 53.800, 6.000 und | |
3.350 an. | |
Zusammengezählt werden sollten diese Werte wegen möglicher Doppelzählungen | |
nicht. Insgesamt kommt die EEA aber zum Schluss, dass sich die Situation | |
2019 im Vergleich zum Vorjahr verbessert hat, am meisten dabei beim | |
Stickstoffdioxid. Aber: Trotz der Fortschritte der vergangenen Jahre habe | |
man noch einen langen Weg vor sich, um das Niveau der neuen WHO-Grenzwerte | |
zu erreichen, wurde der Regionaldirektor der WHO Europa, Hans Kluge, von | |
der EEA zitiert. | |
## Die meisten EU-Länder überschritten 2019 die Grenzwerte | |
Erst im September hatte die Umweltagentur gewarnt, dass die Menschen in | |
weiten Teilen der EU noch immer zu viele Schadstoffe einatmeten. Die | |
Konzentration von Luftschadstoffen sei in den meisten Staaten Europas | |
weiter zu hoch, hatte die EU-Behörde damals mitgeteilt. | |
Die meisten EU-Länder überschritten demnach 2019 mindestens einen der | |
gesetzlichen EU-Grenzwerte. In Deutschland wurden Werte oberhalb der | |
EU-Grenzen beim Stickstoffdioxid, [3][bodennahem Ozon] und Benzo(a)pyren – | |
einem krebserregenden Schadstoff, der vor allem bei der Verbrennung von | |
Kohle und Holz entsteht – gemessen. | |
Luftverschmutzung durch Feinstaub, Stickstoffdioxid und bodennahes Ozon ist | |
nach EEA-Angaben die größte von der Umwelt ausgehende Gefahr für die | |
Gesundheit in Europa und eine der Hauptursachen für frühzeitige Sterbefälle | |
und Erkrankungen. Herzerkrankungen und Schlaganfälle sind dabei die | |
häufigsten Ursachen für vorzeitige Todesfälle, gefolgt von | |
Lungenerkrankungen und -krebs. | |
15 Nov 2021 | |
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[1] /Staedteranking-der-EU-Umweltagentur/!5777024 | |
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