# taz.de -- Ergebnisse der „Polarstern“-Mission: Ein Ozonloch am Nordpol? | |
> Ein Jahr lang war der Forschungseisbrecher „Polarstern“ in der Arktis | |
> unterwegs. Erste Ergebnisse der Expedition offenbaren Erschreckendes. | |
Bild: Erste Erkenntnisse liegen vor: Das Forschungsschiff „Polarstern“ im A… | |
Berlin taz | Auch der Nordhalbkugel droht ein Ozonloch. Das gehört zu den | |
ersten Ergebnissen der großen Arktisexpedition Mosaic, in deren Rahmen | |
[1][der Forschungseisbrecher „Polarstern“ ein Jahr lang durch das arktische | |
Eis] gedriftet war. Organisiert wurde das Projekt vom bundeseigenen | |
Alfred-Wegner-Institut (AWI) in Bremerhaven. | |
Die Ozonschicht habe sich um ein Viertel verringert, sagt der Leiter der | |
Expedition, Markus Rex. Genaue Ergebnisse werden in den nächsten Wochen | |
wissenschaftlich publiziert. „Wir gehen davon aus, dass sich das Thema | |
Ozonschicht noch nicht erledigt hat“, warnt der Klimaforscher. | |
[2][Das Ozonloch ist bisher ein Phänomen des Südpols.] Die Gasschicht in | |
der Stratosphäre hält ultraviolette Strahlung von der Erde ab, die bei | |
Menschen Hautkrebs verursachen kann. Eigentlich hoffte die Wissenschaft, | |
dass der internationale Verzicht auf den Einsatz des Treibhausgases FCKW | |
reicht, die Ozonschicht zu sichern. Doch nun zeigt sich, dass der | |
Klimawandel sie stärker angreift als erwartet. | |
Und ein neues Ozonloch an der befürchteten Stelle hätte wohl mehr | |
Auswirkungen als das am Südpol. Denn die arktische Ozonschicht steht nicht | |
stabil über dem Pol, sondern bewegt sich auch über dicht besiedelten | |
Gebieten in Nordamerika oder Europa. | |
## 10 Grad zu warm | |
„Mosaic war eine Expedition der Superlative“, stellt | |
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek fest. 300 Wissenschaftler aus 20 | |
Ländern hatten sich im Herbst 2019 auf die Reise begeben und sich einen | |
Winter lang vom Eis einschließen lassen. Dort maßen sie 100 Umweltparameter | |
kontinuierlich. Die Informationen sollen die Klimamodelle verbessern. „Wir | |
haben Wissen über die Arktis in noch nie dagewesenem Umfang geschaffen“, so | |
Rex. | |
Neben den Erkenntnissen über das Ozonloch gibt es auch andere bedenkliche | |
Ergebnisse. Das Eis sei 2020 so weit zurückgegangen wie nie zuvor und die | |
Schicht war auch nur halb so dick wie einst üblich. Die | |
Durchschnittstemperatur lag um 10 Grad höher als normal. | |
Schließlich beobachteten die Wissenschaftler einen durch Westwind | |
getriebenen Jetstream. Diese Luftströmung beeinflusst auch das Wetter in | |
Deutschland maßgeblich. Dass das Eis in der Arktis noch ganzjährig gerettet | |
werden kann, bezweifeln die Forscher. „Der Kipppunkt steht unmittelbar | |
bevor“, befürchtet Rex. | |
Die AWI-Meeresforscherin Stefanie Arndt befürchtet ebenfalls eine | |
dauerhafte Veränderung des arktischen Klimas. Sie habe unterwegs viele | |
Tiere gesehen, die bei einer geschlossenen Eisschicht nicht hätten leben | |
können, sagt sie. Auch die Drift über den Pol verlief deutlich schneller | |
als die erste Arktisdrift des Forschers Fridtjof Nansen vor 130 Jahren. | |
Nansen brauchte drei Jahre von Sibirien bis Grönland, die „Polarstern“ 300 | |
Tage. „Für mich ein Sinnbild der Zerbrechlichkeit der Arktis“, sagt Arndt. | |
Beide Wissenschaftler plädieren für mehr Anstrengung für mehr Klimaschutz. | |
[3][Die Ziele der Bundesregierung hält Rex für richtig.] Doch für die | |
Umsetzung werde noch zu wenig getan. Auf noch nicht vorhandene | |
Technologien, mit denen das Klimagas CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden | |
kann, mag er sich nicht verlassen. Darauf hofft Ministerin Karliczek in der | |
zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Die Forschung zur Speicherung von CO2 in | |
den Ozeanen oder in Biomasse werden verstärkt, kündigt sie an. Auch für die | |
Meeresforscher hat sie eine gute Nachricht. „Es wird eine ‚Polarstern II‘ | |
geben“, verspricht die Politikerin. | |
15 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Wolfgang Mulke | |
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