# taz.de -- Junge Menschen leiden an schlechter Luft: Verschmutzung mit Todesfo… | |
> In Europa sterben jährlich 1.200 Kinder und Jugendliche vorzeitig an den | |
> Folgen von schlechter Luft. Deutschland ist kein Vorbild. | |
Bild: Verkehr – hier in München – ist einer der Hauptverursacher von Luftv… | |
KOPENHAGEN dpa | Die hohe [1][Luftverschmutzung] mit Schadstoffen wie | |
[2][Feinstaub] führt einer Schätzung zufolge in Europa jedes Jahr zum | |
vorzeitigen Tod von mehr als 1.200 Kindern und Jugendlichen. Außerdem | |
steigert sie für Heranwachsende das Risiko für Krankheiten im weiteren | |
Lebensverlauf erheblich, wie aus am Montag vorgestellten Berichten der | |
Europäischen Umweltagentur (EEA) hervorgeht. Luftverschmutzung führt | |
Experten zufolge unter anderem zu mehr gefährlichen Asthmaanfällen. | |
Es müsse mehr für den Schutz der kindlichen Gesundheit vor den negativen | |
Folgen der Luftverschmutzung getan werden, erklärte die in Kopenhagen | |
ansässige EU-Behörde. Trotz Verbesserungen in den vergangenen Jahren liege | |
die Belastung mit verschiedenen Schadstoffen in vielen Ländern weiter | |
hartnäckig über den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen | |
Grenzwerten, besonders in Mittelosteuropa und Italien. Hauptgrund der | |
dortigen [3][Feinstaubbelastung] sei die Verbrennung fester Brennstoffe wie | |
Kohle beim Heizen und in der Industrie. | |
Neben den Werten beim Feinstaub seien etwa auch die bei Ozon und | |
Stickstoffdioxid nach wie vor zu hoch, so die Umweltagentur. Kinder und | |
Jugendliche seien besonders anfällig, weil sich ihre Organe und ihr | |
Immunsystem noch in der Entwicklung befänden. Alle Europäerinnen und | |
Europäer müssten vor schlechter Luft geschützt werden – vor allem aber die | |
Kinder, forderte EEA-Exekutivdirektor Hans Bruyninckx. Maßnahmen auf EU-, | |
nationaler und lokaler Ebene müssten dringend weiter verstärkt werden, „um | |
unsere Kinder zu schützen, die sich nicht selbst schützen können“. Bis zu | |
wirklich sauberer Luft sei es noch ein weiter Weg. | |
Derzeit verursacht die Luftverschmutzung nach EEA-Schätzungen jährlich über | |
1.200 vorzeitige Todesfälle unter Minderjährigen in den 32 Mitgliedstaaten | |
– dazu zählen neben den 27 EU-Ländern die Schweiz, Norwegen, Island, | |
Liechtenstein und die Türkei. Obwohl die Zahl in dieser Altersgruppe | |
verglichen mit der in der Gesamtbevölkerung relativ niedrig sei, stellten | |
Todesfälle im frühen Lebensalter ein verlorenes Zukunftspotenzial dar. | |
## Keine kleinen Erwachsenen | |
„Wir können Kinder nicht wie kleine Erwachsene betrachten, wenn es um | |
Umweltrisiken und Luftverschmutzung geht“, sagte der EEA-Experte Gerardo | |
Sanchez. Sie hätten unter anderem eine höhere Atemfrequenz, atmeten mehr | |
durch den Mund, befänden sich näher am Boden und hätten ein geringeres | |
Gewicht. Ihre Biologie sei anders, aber auch die Art und Weise, wie sie | |
Luftverschmutzung ausgesetzt seien. Dies könne potenziell sehr | |
schwerwiegende Gesundheitsfolgen haben, darunter eine herabgesetzte | |
Lungenfunktion, Asthma und Allergien. | |
Um Kinder besser zu schützen, sei es am wichtigsten, die Luftverschmutzung | |
an der Quelle – also im Verkehr, in der Industrie und beim Heizen – zu | |
reduzieren, sagte Sanchez. Eine gute Maßnahme sei auch, sich auf eine | |
Verbesserung der Luftqualität rund um Schulen und Kindergärten zu | |
konzentrieren, etwa durch mehr Grünflächen. | |
Dazu, wie viele vorzeitige Todesfälle insgesamt auf die Luftverschmutzung | |
zurückgehen, veröffentlicht die EEA in der Regel jeweils im Herbst eine | |
neue Schätzung. Zuletzt waren es mit Blick auf Zahlen des Jahres 2020 in | |
der EU knapp 240.000 allein durch Feinstaub. Weltweit sterben nach | |
WHO-Angaben jährlich rund sieben Millionen Menschen vorzeitig infolge von | |
Luftverschmutzung. | |
Probleme mit zu hohen Schadstoffwerten gibt es dabei oft vor allem in den | |
Städten. In den EU-Staaten mussten im analysierten Jahr 2021 mehr als 90 | |
Prozent der Stadtbevölkerung mit Werten an Feinstaub (PM2,5), Ozon (O3) und | |
Stickstoffdioxid (NO2) leben, die über den WHO-Empfehlungen lagen. Gerade | |
Feinstaub der Größenkategorie PM2,5 (Durchmesser kleiner als 2,5 | |
Mikrometer) gilt als schädlich und Verursacher von Schlaganfällen, Krebs | |
und Atemwegserkrankungen. Die WHO-Richtwerte sind deutlich strenger gefasst | |
als die Grenzwerte der EU. | |
Mancherorts weit im Süden und im Norden des Kontinents gibt es auch | |
Lichtblicke: Die Städte mit der saubersten Luft in Europa sind gemessen an | |
der Feinstaubbelastung Faro in Portugal sowie Umeå und Uppsala in Schweden, | |
wie aus den jüngsten Vergleichswerten von 375 europäischen Städten | |
hervorgeht. Es folgen Funchal (Portugal), Tallinn (Estland), Tampere | |
(Finnland) und Reykjavik (Island). Die besten Werte unter den deutschen | |
Städten erzielen Kiel (Rang 19), Göttingen (22) und Lübeck (26), die | |
schlechtesten Nürnberg (234), Berlin (238) und Gelsenkirchen (245). München | |
liegt an 54., Hamburg an 161. Stelle. | |
Generell stufen die Umweltexperten Deutschland je nach Schadstoff | |
unterschiedlich ein: Beim Feinstaub liegt die Bundesrepublik im vorderen | |
Mittelfeld der analysierten Staaten, beim vor allem aus dem Straßenverkehr | |
stammenden Stickstoffdioxid schneidet sie dagegen aufgrund des hohen | |
Verkehrsaufkommens mit am schlechtesten ab. | |
24 Apr 2023 | |
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