# taz.de -- Anschlagsserie in Uganda: Die Handschrift des IS | |
> Nagelbomben im Bus, in der Handtasche, in einer Plastiktüte: Eine Reihe | |
> von Terrorattacken macht den Menschen in Uganda Angst. | |
Bild: Forensische Untersuchungen am Tag nach dem Anschlag auf ein vollbesetztes… | |
KAMPALA taz | Als die Fotos vom Bombenanschlag auf einen Reisebus am | |
Montagabend durch die Sozialen Medien gingen, wurde vielen in Uganda mulmig | |
zumute: Es war der dritte Anschlag in nur wenigen Wochen in dem | |
ostafrikanischen Land. Eine weitere Bombe wurde am gleichen Abend in einem | |
Friseursalon gefunden. Sie war nicht explodiert und konnte von der Polizei | |
entschärft werden. | |
Plötzlich ist nun klar: Es handelt sich um eine Anschlagsserie – und | |
mutmaßlich steckt dahinter der Islamische Staat (IS). | |
Bereits am 8. Oktober hatte der IS auf einer seiner Webseiten verkündet: | |
„Mit Erfolg garantiert von Allah dem Allmächtigen hat eine | |
Sicherheitseinheit unter den Soldaten des Kalifats innerhalb der | |
Kreuzritter der ugandischen Polizei eine Bombe explodieren lassen.“ | |
Anders als der IS behauptete, wurde bei der kleinen Explosion außerhalb | |
einer Polizeistation in Kawempe, einem Randviertel der Hauptstadt Kampala, | |
jedoch niemand verletzt. Aus Sicherheitskreisen hieß es damals, dieser | |
Brandsatz sei nichts Dramatisches. Er wurde ignoriert. | |
Dann ging aber am Abend des Samstag, 23. Oktober gegen 21 Uhr in einem | |
vollgepackten Grillrestaurant im Vorstadtviertel Komamboga eine weitere | |
Bombe hoch. Sie war in einer Plastiktüte unter einem Tisch platziert. Eine | |
Bedienung wurde getötet, drei weitere Menschen mussten ins Krankenhaus | |
gebracht werden. Polizeisprecher Fred Enanga beharrte in einer | |
Pressekonferenz am Sonntag: „Alles spricht dafür, dass es sich um einen | |
internen Terrorakt handelt“. | |
Als nur zwei Tage später eine weitere Nagelbombe in einem Reisebus | |
hochging, der aus Kampala gen Westen fuhr, und einen Passagier tötete und | |
mehrere verletzte, verdichteten sich die Hinweise auf eine gezielte | |
Anschlagsserie. Ebenfalls Montag Abend wurde die Polizei in einen | |
Friseursalon nahe der Kleinstadt Entebbe gerufen. Dort hatte ein Kunde eine | |
Tasche liegen lassen – wie sich herausstellte, mit einer Nagelbombe. Sie | |
war nicht explodiert. | |
„Die Jagd geht weiter“, [1][erklärte Ugandas Präsident Yoweri Museveni] a… | |
Twitter. „Die Spuren sind eindeutig und ausreichend“. Er gibt zu: „Es | |
scheint sich um einen Terrorangriff zu handeln“. | |
Der IS feierte die Attacken am Sonntag auf den ihm nahe stehenden Webseiten | |
als Kreuzzug gegen Uganda. In dem Grillrestaurant, das am Samstag getroffen | |
wurde, hätten sich „Mitglieder und Spione der ugandischen | |
Kreuzritter-Regierung“ aufgehalten. | |
Ugandas Regierung ist nicht zum ersten Mal im Fadenkreuz internationaler | |
Terroristen. Sie kämpfte jahrzehntelang gegen mutmaßlich vom einstigen | |
islamistischen Militärregime des sudanesischen Diktators Omar Hassan | |
al-Bashir unterstützte Rebellengruppen. Ugandische Sicherheitskräfte wurden | |
im Rahmen des „Krieges gegen den Terror“ nach 2001 nach Afghanistan und | |
Irak geschickt, um die US-Militärbasen dort zu sichern. | |
Ugandas Soldaten kämpfen bis heute in Somalia gegen die dortige | |
islamistische Miliz Al-Shabaab, die Verbindungen zum IS haben soll. Im Juli | |
2010 gingen [2][beim Endspiel der Fußball-EM zwei Bomben] in Kampalas | |
vollgepackten Public-Viewing Restaurants und Stadien hoch, über 70 Menschen | |
starben. Damals bekannte sich Al-Shabaab zu den Anschlägen. | |
Die von ugandischen Muslimen gegründete Rebellenbewegung [3][ADF | |
(Vereinigte Demokratische Kräfte)], die hauptsächlich im Osten der | |
Demokratischen Republik Kongo entlang Ugandas Grenze operiert, verübte | |
bereits in den 1990er Jahren eine Serie von Bombenanschlägen in Uganda. | |
Ugandas Chef der Terrorabteilung, Abbas Byakagaba, vermutet auch dieses Mal | |
die ADF hinter den Attacken. | |
„Der Angriff wurde ausgeführt von Kriminellen, die das Land und die Ugander | |
terrorisieren wollen“, sagt er. Die Polizei habe in den vergangenen Wochen | |
13 Verdächtige einer ADF-Schläferzelle in Uganda verhaftet. | |
Seit 2014 begeht die ADF regelmäßig brutale Massaker an der Bevölkerung im | |
Ostkongo. Ihr Führer [4][Jamil Mukulu] wurde 2015 festgenommen und sitzt | |
seitdem in Uganda in Haft. Seit 2016 proklamiert die ADF-Führung, mit | |
internationalen Terrornetzwerken wie dem IS zu kollaborieren. Seit 2019 | |
gibt der IS eine Zusammenarbeit mit der ADF zu und 2020 erklärte sie, die | |
ADF sei jetzt die „Provinz Zentralafrika“ des Islamischen Staates. | |
Im März 2021 setzte die US-Regierung die ADF auf ihre Terrorliste. | |
UN-Ermittler, die Verbindungen bewaffneter Gruppen im Kongo untersuchen, | |
stellten in ihrem jüngsten Bericht im Juni jedoch keine Beweise für eine | |
direkte Beziehung zwischen ADF und IS fest. Seit Beginn des Jahres | |
unterstützt Ugandas Militär die kongolesische Armee und deren Geheimdienst | |
bei ihren Militäroperationen gegen die ADF. | |
Vor wenigen Wochen gab die britische Regierung Reisewarnungen für Uganda | |
heraus. Selbst wenn die letzten Anschläge lange her seien, würden | |
„Terroristen sehr wahrscheinlich versuchen, Anschläge zu verüben.“ Es wur… | |
geraten, an öffentlichen Orten vorsichtig zu sein, auch in Restaurants und | |
Bars. | |
26 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.monitor.co.ug/uganda/news/national/the-clues-are-clear-and-plen… | |
[2] /Anschlag-in-Uganda/!5139176 | |
[3] /ADF-Rebellen-im-Kongo/!5661450 | |
[4] /Ugandischer-Rebellenfuehrer-gefasst/!5008287 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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