# taz.de -- Pläne der Grünen in Ampel-Koalition: Wollen sie Finanzen – oder… | |
> Die Grünen dementieren, dass die Partei ihren Anspruch auf das | |
> Finanzministerium aufgibt. Warum auch manche Dementis eine Betrachtung | |
> wert sind. | |
Bild: Grünenchef und Fast-Minister Robert Habeck | |
BERLIN taz | Manchmal passieren Dinge in der Politik, die sofort dementiert | |
werden – aber trotzdem eine nähere Betrachtung wert sind. Die Grünen | |
erklären einen Bericht über ihren angeblichen Verzicht auf das | |
Finanzministerium in den Koalitionsverhandlungen der Ampelparteien für | |
unzutreffend. „Das ist falsch“, sagte Grünen-Sprecherin Nicola Kabel am | |
Donnerstag der taz. „Es gibt keinen Verzicht auf irgendein Ministerium, | |
keine Festlegung, wer was wird, und genauso keine Festlegung auf eine Liste | |
von Ministerien.“ Was war passiert? | |
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte die Partei mit einem Bericht am | |
Mittwochabend aufgeschreckt. Am Finanzministerium werde man die Bildung der | |
Ampel nicht scheitern lassen, schrieb die FAZ unter Berufung auf grüne | |
Verhandlerkreise. Die Zehnerrunde der Grünen-Verhandler habe sechs | |
Ministerien definiert, die die Partei beanspruchen wolle. Es handele sich | |
um das Auswärtige Amt und die Ressorts Verkehr, Landwirtschaft, Umwelt, | |
Familie und Transformation. Weder das Finanzministerium noch das | |
Innenministerium sind darunter, zwei Schlüsselressorts des künftigen | |
Kabinetts. | |
Dies wäre in der Tat eine echte News. Wichtige Grüne hatten intern und | |
öffentlich stets betont, [1][wie wichtig das Finanzministerium] für die | |
Durchsetzung ihrer Pläne sei. Nachdem sich die FDP im Sondierungspapier mit | |
roten Linien in der Finanzpolitik durchgesetzt habe – keine | |
Steuererhöhungen, keine Aufweichung der Schuldenbremse –, sei das laufende | |
Regierungsgeschäft und damit das [2][Finanzressort noch mal wichtiger] | |
geworden, hatte es noch vor Kurzem geheißen. Aus Sicht der Grünen braucht | |
es pro Jahr Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Euro für Klimaschutz. | |
Außerdem wünschen sie sich teure Sozialreformen, etwa eine | |
Kindergrundsicherung. | |
Die Finanzen als Basis für grüne Politik? Die FAZ berichtete über einen | |
Stimmungsumschwung. Unter den Grünen gehe schon seit einiger Zeit die Sorge | |
um, dass die FDP ohne Finanzministerium gedemütigt in die Koalition gehe, | |
was die Stabilität gefährden könnte, hieß es in dem Text weiter. Offenbar | |
konzentrierten sich die Grünen nun primär auf die grünen Kernressorts. Eine | |
solche Strategie würde angesichts der Verhandlungszwänge in der Ampel | |
wegführen von dem Anspruch, sich für alle Themen zuständig zu fühlen. | |
## Personalien am Ende? Mythos! | |
Nun zum Dementi der Grünen-Sprecherin, es enthält nämlich eine Hintertür. | |
Es mag ja sein, dass die Grünen nicht von sich aus auf irgendein | |
Ministerium verzichten wollen – und dass es keine Festlegung auf eine Liste | |
von Häusern gibt. Aber Definitionen von Wunschressorts samt den | |
zugehörigen strategischen Überlegungen können natürlich trotzdem | |
existieren. | |
Das wäre übrigens auch nicht weiter ungewöhnlich. Es ist ein Mythos, dass | |
in Koalitionsverhandlungen erst über Inhalte und ganz am Ende über | |
Personalien gesprochen wird. Beides geht meist Hand in Hand, in jeder | |
Partei existieren üblicherweise mehrere Szenarien, welches Haus man mit | |
welchem Zuschnitt beanspruchen könnte. Oft macht es die Verhandlungen sogar | |
einfacher, wenn sich herauskristallisiert, wer welches Ressort bekommt. | |
Das von der FAZ skizzierte Szenario dürfte also eines von mehreren sein, | |
und es ist nicht unwahrscheinlich. Viel spricht dafür, dass die FDP auf dem | |
[3][Finanzressort] bestehen wird. Aber entschieden ist – Stand jetzt – noch | |
nichts. Bis auf Weiteres gilt der Satz: Niemand hat die Absicht, auf das | |
Finanzministerium zu verzichten. | |
11 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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