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# taz.de -- E-Sport-Szene hofft auf neue Koalition: Kleinste Bewegungen
> Mit der neuen Regierung kann die E-Sport-Szene auf die Anerkennung der
> Gemeinnützigkeit hoffen. Die Vorbehalte des DOSB bleiben indes massiv.
Bild: Vielerorts populär: Computerspiele, hier auf der Gamescom in Köln
Weltweit schauen gerade Abermillionen Zuschauer:innen nach Island. In
Reykjavík werden die Weltmeisterschaften im Computerspiel „League of
Legends“ (LoL) ausgetragen. Eigentlich hätte das Spektakel in China
stattfinden sollen. Aus pandemischen Gründen wurde es nach Island verlegt.
Drei südkoreanische und eine chinesische Mannschaft standen sich am
Wochenende im Halbfinale gegenüber. Nächstes Wochenende kommt es zum
südkoreanisch-chinesischen Finale. In beiden Ländern ist E-Sport schon seit
vielen Jahren als Sportart anerkannt und wird gefördert.
In Südkorea haben die besten E-Sportler ein Ansehen wie Profifußballer in
Europa. In China wurde „E-Sport“ sogar als Schulfach eingeführt. Dieser
Entwicklung hinkt man in Deutschland extrem weit hinterher. [1][Im
Koalitionsvertrag von 2018] erklärten CDU/CSU und SPD sich zwar bereit,
erste Schritte zu unternehmen und den E-Sport als eigenständige Sportart
anzuerkennen, die Regierung beugte sich jedoch dem Widerstand des Deutschen
Olympischen Sportbundes und blieb untätig. Mit der sich nun abzeichnenden
Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen könnte nun doch Bewegung in die
Diskussion um die Gemeinnützigkeit kommen.
Die kleinen Koalitionspartner FDP und Grüne sind bislang als die
lautstärksten Parteigänger des E-Sports aufgefallen. Alle drei Parteien
werben in ihren Wahl- und Zukunftsprogrammen für die Einführung der
Gemeinnützigkeit des E-Sports. Diese würde mit einer Anerkennung als
Sportart einhergehen, ist aber auch ohne möglich. Was in Deutschland Sport
ist und was nicht, darüber entscheidet der DOSB. Anders als 60-70 andere
Länder weltweit sieht der Dachverband des deutschen Sports E-Sport nicht
als Sport: „Im eSport ist die motorische Aktivität bei der Bedienung von
Eingabegeräten nur Mittel zum Zweck, einen Avatar auf einem Bildschirm zu
bewegen.“
Über die Anerkennung der Gemeinnützigkeit entscheidet dagegen der
Gesetzgeber. Auf Seiten des eSport-Bund Deutschland e. V. (ESBD) hofft man,
dass das Thema von einer neuen Regierung „aktiv angegangen wird“. Martin
Müller, ESBD-Vizepräsident, sagt: „Besonders in den letzten Jahren hat man
gesehen, wie stark die Diskussionen um die Gemeinnützigkeit die
gemeinwohlorientierte Entwicklung des E-Sports in Vereinen behindert
haben.“
## Teamgeist trainieren
Aktuell gibt es in Deutschland rund 200 bis 250 Vereine, die E-Sport
betreiben. Die wenigsten davon sind reine E-Sport-Vereine. Anders als für
klassische Sportvereine sind für sie Mitgliedsbeiträge, Sponsorings und
Spenden nicht steuerlich absetzbar. Ehrenamtspauschalen für Trainer sind
ebenfalls nicht möglich. Dabei argumentieren diese, dass sie viele
Gemeinsamkeiten mit dem reellen Sport aufweisen, etwa bei der
Wertevermittlung im Jugendbereich. Beim E-Sport sei ebenso Teamamgeist,
Fleiß und der Umgang mit Drucksituationen gefragt. Kommunikation dürfte im
E-Sport sogar ein noch höherer Stellenwert zukommen als im reellen Sport.
In Schleswig-Holstein werden seit einigen Jahren E-Sport-Vereine unabhängig
von der Gemeinnützigkeit gefördert. Eine Studie der Landesregierung dazu
hielt fest, die Förderung könne zur „Entfaltung digitaler beziehungsweise
medialer Kompetenz beitragen“. Beim DOSB sieht man dort eine
Anschlussfähigkeit an Angebote, wo sie sich mit reellem Sport verbinden
lassen. Der Dachverband unterscheidet in „virtuelle Sportarten“, Computer-
und Konsolenspiele mit Bezug zu reellen Sportarten wie FIFA und NBA2K, und
in „eGaming“, alle anderen Spiele von Landwirtschaftssimulationen bis
Ego-Shooter.
Zwar pflegt der DOSB dem E-Sport in Deutschland gegenüber mit seinen über
100 relevanten Titeln [2][grundsätzliche Vorbehalte], wünscht sich aber
dennoch, dass Vereine virtuelle Sportarten anbieten können, um dadurch
Kinder und Jugendliche für den reellen Sport zu begeistern. Gerade die
Spiele mit Sportbezug (sieben Prozent der relevanten Titel) werden von
vielen aus der E-Sport-Szene kritisch gesehen. Zum einen basieren sie, wie
etwa FIFA, oft auf dem Prinzip „Pay-to-win“, der Spielerfolg muss fast
zwangsläufig mit reellem Geld erkauft werden. Zum anderen erschwert ein
großer Zufallsfaktor in den Spielen den sportlich vergleichbaren
Wettbewerb.
In Deutschland haben bereits drei bis vier Millionen Menschen an
Videospielwettbewerben teilgenommen. Zuletzt wurden in der Branche über 100
Millionen Euro im Jahr umgesetzt. Die Frage ist nun, ob man in Deutschland
gemeinwohlorientierte Strukturen schafft oder den E-Sport dem Markt
überlässt. So wie es Anfang der 80er Jahre der Fitnessbewegung erging, die
sich zu einem kommerziellen Sektor entwickelte, weil der DOSB die
Anerkennung verweigerte. Die ersten Fitnesscenter für E-Sport sind bereits
in Planung. Dort wird aber niemand schauen, ob die Jugendlichen nach 2–3
Stunden auch wieder aufstehen.
2 Nov 2021
## LINKS
[1] https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/847984/5b8bc23590d4cb28…
[2] /Olympyada-yada-yada/!5622616
## AUTOREN
Simon Jacob
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