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# taz.de -- Schwierigkeiten beim Einparken: Die Kunst des Parkens mit dem Rad
> Wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist, muss man das auch irgendwann
> abstellen. Fahrradständer bieten sich dafür an. Das kann die Hölle sein.
Bild: Das Rad, gesichert
Die Fahrradständer am S- und U-Bahnhof Berlin-Pankow wurden von Menschen
konstruiert, die Radfahrer hassen.
Pankow liegt knapp außerhalb des Berliner S-Bahn-Rings nördlich von
Prenzlauer Berg und ist für Normalsterbliche gerade noch so bezahlbar. Wer
umziehen muss, zieht weiter raus, wer Arbeit hat, muss weiter rein. Und
weil es in Berlin seit ungefähr dreißig Jahren keine Parkplätze mehr gibt,
fahren viele Arbeitnehmer*innen mit dem Fahrrad zum Bahnhof Pankow und
lassen es dort stehen. Vergangenes Wochenende wollten mein dreijähriger
Sohn und ich unsere Räder dort anschließen, um einen Ausflug zu machen.
„Diese ätzenden Scheißteile!“, fluchte ich, während ich versuchte, mein …
und das Kinderfahrrad in die umständlichen Halterungsschienen zu bugsieren,
ohne mir den Schädel an der oberen Etage einzuschlagen. Die Dinger sollen
nämlich Fahrradparken auf zwei Etagen ermöglichen. Allerdings habe ich in
den fünf Jahren, die diese Mistviecher jetzt den Gehweg vor dem Bahnhof
verstellen und unter den stetigen Urinstrahlen der Bahnhofstrinker langsam
verschrotten, noch nicht einen Menschen live erlebt, der sich getraut
hätte, die wackelige Schwingkonstruktion des oberen Stellplatzes
auszuprobieren, um dort sein Rad anzuschließen.
Muss ich auch dringend von abraten! Ich hab mal erlebt, wie eines der
oberen Fahrräder mitsamt Halterung einfach kopfüber auf den Gehweg kippte –
rums, schepper, krach! – genau an der Stelle, wo eine Minute zuvor noch
mein Fahrrad gestanden hatte.
„Schätzchen, bleib weg da!“, fuhr ich meinen Sohn an, als er mir helfen
wollte.
„Was ist denn Scheiße, Mami!“, erkundigte er sich besorgt.
„Diese Dinger hier, mein Schatz. Weil die einfach nicht funktionieren und
keine Sau sich darum kümmert.“
Berlin ist voll, Berlin ist eng und Parkplätze sind ausschließlich für
Autos da, so will es das Gesetz.
Gestern hab ich mich mal in die Warteschleife der Bürgertelefonhotline 115
gehängt. Eine freundliche männliche Automatenstimme wollte in einfachen
Worten mein Anliegen geschildert haben. Und weil ich ein hilfsbereiter
Mensch bin, fragte ich sehr langsam und sehr deutlich: „Wer ist für die
Wartung der Fahrradständer am Bahnhof Pankow zuständig?“
Der nette männliche Automat versprach, mich an den nächsten freien
Mitarbeiter durchzustellen, und eine weibliche Automatenstimme ergänzte:
„Die voraussichtliche Wartezeit beträgt 21 Minuten.“ Nach 30 Minuten flog
ich aus der Warteschleife, ohne mit irgendeiner Menschenseele gesprochen zu
haben.
Wir sind Berliner. Wir sind es gewohnt, dass Dinge in dieser Stadt eher
nicht funktionieren. Die Wahl vor drei Wochen hat das wieder eindrucksvoll
bewiesen. Zu wenig Wahlzettel, zu wenig Kabinen und nun kriegen wir wohl
eine Bürgermeisterin, die auf wissenschaftliche Standards pfeift, als
Familienministerin in der Pandemie komplett versagt hat und jetzt einen
Autofahrerinnenwahlkampf führte, ausgerechnet, wo zusätzliche Radwege so
ziemlich das einzig Positive sind, das diese Dreckspandemie uns gebracht
hat.
Immerhin.
Vielleicht werden die Schrottfahrradständer am Bahnhof Pankow dann auch
ersetzt. Durch Autoparkplätze. Ein einzelner SUV hätte dort allemal Platz.
Mein Sohn und ich haben vergangenes Wochenende jedenfalls kapituliert und
uns eine Laterne auf der anderen Straßenseite gesucht, um unsere Räder
anzuschließen. Die fällt hoffentlich nicht so schnell um.
17 Oct 2021
## AUTOREN
Lea Streisand
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