# taz.de -- Berlin beschließt 2G-Option für Kneipen: Solidarität sieht ander… | |
> Die Entscheidung des Senats, 2G ohne Ausnahmen für Kinder zu ermöglichen, | |
> stößt auf starken Widerspruch. Und sie düpiert die Grünen. | |
Bild: Fragwürdige Entscheidung: Michael Müller und seine Gesundheitssenatorin… | |
Sind Berlins Grüne schon in der Opposition gelandet, zwei Wochen vor der | |
Abgeordnetenhauswahl? Am Montagabend hatte Spitzenkandidatin Bettina | |
Jarasch [1][im taz-Talk] noch klar gemacht, für die Grünen dürfe eine | |
2G-Option für Kneipen, Restaurants, Kinos, etc. nur kommen, wenn es die | |
Ausnahme für Kinder gibt, die sich bekanntlich erst ab 12 Jahren impfen | |
lassen können. Am Dienstag morgen bekräftigte Jarasch diese Parteilinie | |
noch einmal via Twitter. Wenige Stunden später entschied der Senat: [2][Es | |
kommt 2G als Option, aber ohne Ausnahmen für Kinder.] | |
Das gebrochene Versprechen macht ein Kommunikationsproblem der Grünen im | |
Wahlkampf deutlich. Vielleicht war die 2G-Regel mit Ausnahmen im Senat | |
nicht durchsetzbar. Aber zumindest hätten die drei grünen Senator*innen | |
im Senat die Regel ohne Ausnahmen blockieren können, ja müssen. Nichts | |
anderes macht SPD-Kandidatin Franziska Giffey seit geraumer Zeit, wenn auf | |
ihren Druck eigentlich fertige Gesetze nicht mehr verabschiedet werden. | |
Oder die Grünen hätten vorher eine solche Forderung gar nicht erst | |
aufstellen dürfen. | |
Was Linke, die im Senat zumindest Kritik an der Regelung geäußert hatte, | |
und die SPD angeht, führt die Entscheidung deren soziale Ausrichtung ad | |
absurdum. Erneut müssen Kinder und Jugendliche, die bereits eine Hauptlast | |
der Pandemie getragen haben, dafür zahlen, dass andere sich nicht impfen | |
lassen. Mehr noch: sie zahlen dafür, dass der Regierende Bürgermeister | |
Michael Müller (SPD), wie er [3][selbst vergangene Woche zugab,] keine Idee | |
mehr hat, wie die magere deutsche Impfquote durch Anreize von Staatsseite | |
noch erhöht werden könne. | |
Sicher, die Kneipen, Restaurants und Kinos müssen sich nicht für 2G | |
entscheiden, sie können auch weiterhin 3G machen und damit Kinder und noch | |
ungeimpften Jugendlichen den Zugang gewähren. Aber die Tendenz der Politik | |
ist doch eindeutig: Mehr und mehr werden Sanktionen eingeführt, [4][um den | |
Druck, sich Impfen zu lassen,] zu erhöhen. Das ist zwar nicht falsch und | |
wohl auch nur eine Übergangsregelung für die nächsten Monate, aber wie es | |
umgesetzt wird, ist immer auch ein Abwägungssache. | |
## Kinder werden in diesem Modell zu Impfverweigerern | |
Stets wird dabei mit der Solidarität anderen gegenüber argumentiert. Was 2G | |
angeht sollen jene, die sich in der Pandemie solidarisch gezeigt hatten und | |
sich impfen ließen, nicht dafür bestraft werden, dass andere das nicht | |
taten und tun. Nun werden aber jene, die sich nur aufgrund ihres Alters | |
bisher nicht impfen lassen können, vom Senat in die Gruppe der | |
Impfverweigerer eingestuft. Das ist unsolidarisch. | |
Kein Wunder, dass Eltern in den sozialen Medien Sturm laufen gegen die | |
Entscheidung. Auch SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey ist das | |
aufgefallen. Prompt forderte sie am Mittwoch morgen: „Die gestrige | |
Entscheidung des Berliner Senats zum Optionsmodell 2G muss korrigiert | |
werden.“ Es ist unwahrscheinlich, dass die SPD Giffey jetzt im Regen stehen | |
lässt. Was wiederum die Hoffnung von Bettina Jarasch nährt, dass auch ihre | |
Position noch umgesetzt wird – in seltener Wahlkampfharmonie zwischen | |
Grünen und Sozialdemokraten. | |
15 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] /taz-Talk-mit-Bettina-Jarasch/!5800895 | |
[2] /Landesregierung-erneuert-Corona-Regeln/!5797331 | |
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[4] /Neue-Regelungen-fuer-Clubs-in-Berlin/!5792784 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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