| # taz.de -- Neuer Bundestag wird grüner: Klimabremser abgewählt | |
| > Im neuen Bundestag verliert die Union viele Anti-Ökos. | |
| > UmweltschützerInnen legen allgemein zu, scheitern aber auch in vielen | |
| > Parteien. | |
| Bild: Sieg und Niederlage für's Klima: Kathrin Henneberger und Jacob Blasel | |
| Alle suchen den „Klimakanzler“: Am Tag nach der Wahl forderte das der | |
| Umweltverband BUND, die SPD plakatierte Olaf Scholz mit diesem Titel. Aber | |
| ob die neugewählten 735 Abgeordneten aus dem Bundestag ein „Klimaparlament“ | |
| machen, fragt keiner. Dabei war die Legislative noch nie so bereit für eine | |
| aktive Klimapolitik wie jetzt. | |
| SPD und Grüne sind gestärkt worden. Sie bringen viele junge Abgeordnete | |
| mit, für die Klima ein wichtiges Thema ist. Die Verluste der Union | |
| verschieben die interne Balance der Fraktion: Von insgesamt 39 | |
| „Klimabremsern“ unter Parlamentariern und KandidatInnen, die ein interner | |
| Report von Umweltanalysten ausgemacht hat, werden im neuen Parlament nur 22 | |
| vertreten sein. Sieben Abgeordnete sind vorher ausgeschieden, zehn wurden | |
| nicht (wieder)gewählt. In einem [1][ähnlichen Bericht hatte im August die | |
| Umweltorganisation Greenpeace „die 31 schlimmsten Klimabremser der Großen | |
| Koalition“] angeprangert. | |
| Im einzelnen hat die Union durch die Wahl einen großen Schwung ihrer extrem | |
| konservativen Blockierer verloren: Abgeordnete wie Sylvia Pantel und | |
| Alexander Krauß, Saskia Ludwig, Torsten Schweiger, Veronika Bellmann, | |
| Hans-Jürgen Irmer werden im Parlament nicht gegen Klimaschutzmaßnahmen | |
| stimmen können. Vor allem manche der von UmweltschützerInnen als radikale | |
| „Klimaleugnisten und Rechte“ titulierten PolitikerInnen wie Hans-Georg | |
| Maaßen haben den (Wieder-)Einzug verpasst. Bereits vorher war klar, dass | |
| drei der effektivsten Ökoblockierer der Union nicht mehr ins Parlament | |
| zurückkehren: Der ehemalige Energiesprecher der Fraktion Joachim Pfeiffer | |
| (unklare Nebeneinkünfte) und die beiden Fraktionsvize Georg Nüßlein | |
| (Maskenaffäre) und Arnold Vaatz traten nicht wieder an. Auch Marie-Luise | |
| Dött, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion, die offen erklärt hatte, in | |
| der Umweltpolitik für die Wirtschaft zu agieren, „um Schlimmeres zu | |
| vermeiden“, hat ihren Platz verloren. Viele Abgeordnete des | |
| Wirtschaftsflügels, die aus Rücksicht auf vermeintliche Industrieinteressen | |
| bremsen, sitzen allerdings wieder im Parlament: Ulrich Lange, Carsten | |
| Linnemann, Friedrich Merz, die Agrarpolitikerinnen Gitta Connemann oder | |
| Julia Klöckner. | |
| Ins Parlament geschafft, aber deutlich an Stimmen verloren haben weitere | |
| Unions-Bremser: Thomas Bareiß, der sein Direktmandat retten konnte, Andreas | |
| Scheuer mit einem schlechten Direktergebnis und Peter Altmaier, der nur | |
| über die Landesliste ins Parlament kommt – ungewöhnlich für | |
| Unionsabgeordnete. Gescheitert am schlechten Unionsergebnis ist | |
| [2][allerdings auch Wiebke Winter, Vorstandsfrau der „KlimaUnion“,] die aus | |
| Bremen in den Bundestag wollte. Dabei hatte die „Klimaunion“ gerade noch | |
| eine Umfrage verbreitet, dass 85 Prozent ihrer Mitglieder von der Union | |
| mehr Mut fordern, weil „Klimapolitik über Wahlerfolge entscheidet“. | |
| Der 20. Bundestag werde „deutlicher klimafreundlicher“ als seine Vorgänger, | |
| sagt etwa Damian Ludewig vom Aktionsbündnis Campact. Die AktivistInnen | |
| haben in kritischen Wahlkreisen versucht, die Wahl von „Klimablockierern“ | |
| zu verhindern: Sie rechnen sich einen Anteil daran an, dass Hans-Georg | |
| Maaßen und Hans-Jürgen Irmer gescheitert sind. Zwar kämen die meisten | |
| Gesetzesvorlagen inzwischen aus der Regierung, das Parlament „spielt nicht | |
| so eine große Rolle, wie man denken würde“, so Ludewig. „Aber vor allem in | |
| der Unionsfraktion wurde in den letzten Jahren viel gebremst. Diese Bremsen | |
| sind jetzt gelockert.“ | |
| Erfolgreich waren dagegen viele PolitikerInnen, die teilweise schon lange | |
| für den Klima- und Umweltschutz arbeiten: In der CSU verteidigten Andreas | |
| Lenz und Anja Weisgerber ihre Direktmandate in Erding und Schweinfurt | |
| ebenso wie Andreas Jung (CDU) in Konstanz. Dessen Kollege im „Klimateam“ | |
| von Armin Laschet, der Berliner Thomas Heilmann, holte ebenfalls das | |
| Direktmandat. | |
| Auch in anderen Parteien hatten die KlimaschützerInnen einen Lauf: In | |
| Hannover schlug SPD-Experte Matthias Miersch den CDU-Wirtschaftsflügler | |
| Tilman Kuban beim Direktmandat, das auch seine Kollegin Nina Scheer und – | |
| in Armin Laschets Heimat Aachen – der Grüne Oliver Krischer gewannen. | |
| FDP-Klimaexperte Lukas Köhler zog über die bayerische Liste ungefährdet | |
| wieder ins Parlament ein. | |
| Bei den Grünen schaffte mit Kathrin Henneberger eine Klimaaktivistin über | |
| die Landesliste den Weg ins Parlament. Jakob Blasel von den „Fridays for | |
| Future“ scheiterte allerdings bei diesem Versuch. Hart traf der Absturz der | |
| Linken an der Wahlurne auch deren umweltpolitische Kompetenz. Lorenz Gösta | |
| Beutin, fachkundiger Fraktionssprecher für Klimapolitik, wird dem neuen | |
| Bundestag nicht mehr angehören. | |
| Christian Stecker, Politikprofessor an der TU Darmstadt, stellt in einer | |
| Wahlanalyse fest, dass „der Status als Klimabremser keinen systematischen | |
| Einfluss auf das persönliche Wahlergebnis hatte“. Dennoch seien die | |
| Blockierer geschwächt. Relevant sei aber, ob die Union in der Opposition | |
| lande – denn dann seien die Blockierer „für Regierungspolitik letztlich | |
| unerheblich“. | |
| 27 Sep 2021 | |
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| [1] https://www.greenpeace.de/presse/publikationen/faktencheck-klimabremser | |
| [2] https://www.klimaunion.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Bernhard Pötter | |
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