# taz.de -- Open-Air-Partys in Berlin: „Parks schließen ist keine Lösung“ | |
> Jedes Wochenende treffen sich Teenager zum Feiern im Freien. Der | |
> Instagram-Account bln.saufen mobilisiert dafür. Was sagt deren | |
> Betreiberin dazu? | |
Bild: Für die einen Partyhotspot, für die anderen Ärgernis: Junge Menschen b… | |
taz: Kira, wie ist der Instagram-Account „bln.saufen“ entstanden? | |
Kira: Das war ganz unspektakulär: im Unterricht Ende Oktober 2019. Wir | |
haben uns an dem Tag über Partys unterhalten. [1][Viele Freunde sind dafür | |
in Parks gegangen], weil zu dem Zeitpunkt die meisten in meinem Alter noch | |
nicht alt genug waren, um in Clubs gehen zu können. Da hatten wir die Idee, | |
dass wir einen Instagram-Account erstellen und ein paar Orte posten, wo man | |
hingehen kann – damit die Leute in unserer Umgebung wissen, wo Partys | |
stattfinden. | |
Heute hat der Account mehr als 27.000 Follower. Wie ist das gewachsen? | |
Anfangs sind uns erst mal ein paar Leuten aus dem Umfeld gefolgt. Dann | |
haben uns viele Menschen in ihrer Instagram-Story markiert: Leute aus | |
Berlin, die wiederum Freunde aus Berlin haben – dadurch ging das immer so | |
weiter. Und als wir die ersten 2.000, 3.000 Abonnenten hatten, hat es sich | |
einfach rumgesprochen. Im harten Lockdown im Winter habe ich eine Pause | |
gemacht, da sind mir viele entfolgt. Aber seit dem Sommeranfang habe ich | |
wieder mehr als 9.000 Abonnenten dazubekommen. | |
Wann hatten Sie das Gefühl, dass das bei den Leuten so richtig ankommt? | |
Einmal gab es einen total schönen Abend. Genau die perfekte Menge, | |
angenehme Stimmung. Da habe ich realisiert, was durch den Account alles | |
entsteht. Ich bekomme täglich Nachrichten oder Audios von Leuten, die zum | |
Beispiel ihren Freund dort kennengelernt haben. Einmal hat mir ein Junge | |
geschrieben, dass er nach zehn Jahren seine Kindergartenfreundin bei einer | |
Party wiedergetroffen hat – total emotional. Das Schöne ist, dass ich mit | |
den Leuten interagiere und es was Familiäres hat. | |
Wie suchen Sie die Orte aus? | |
Die Spots wurden mir anfangs zugeschickt. Aber viele Spots haben sich schon | |
etabliert. Das heißt, ob ich’s poste oder nicht: Manche Parks sind trotzdem | |
immer voll. Wie zum Beispiel der James-Simon-Park. Als das da anfing, hatte | |
ich den noch kein einziges Mal gepostet – und es waren trotzdem viele Leute | |
abends im Park. | |
Der wird ja inzwischen wegen der Partys [2][nachts vom Bezirk geschlossen]. | |
Das ist nachvollziehbar, weil es für die Anwohner nervig ist, abends | |
gestört zu werden. Aber es ist keine Lösung. Die Menge, die sich da | |
versammelt hat, suchte sich danach einfach einen anderen Mainspot: Das ist | |
gerade der Mauerpark. Ich find’s einfach schade, dass die jungen Leute sich | |
für die älteren Leute im Lockdown extrem eingeschränkt und Rücksicht | |
genommen haben, und dass jetzt keine Lösung für die Jugendlichen gefunden | |
wird. | |
Fühlen Sie Sich irgendwie verantwortlich als Organisatorin? | |
(überlegt lange) Ich würde nicht sagen, dass ich dafür verantwortlich bin. | |
Aber wie ist das zum Beispiel mit dem Müll, der immer zurückbleibt. | |
Ich hab schon öfter in der Story was zu dem Müllthema gesagt. Jeder ist für | |
sich selbst verantwortlich. Ich zum Beispiel werfe meinen Müll weg, das ist | |
einfach selbstverständlich. Ich poste zum Beispiel auch keine Spielplätze, | |
weil ich weiß, dass danach dort Glasscherben liegen können. Das könnte ich | |
nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, dass da am nächsten Tag Eltern mit | |
ihren Kindern hingehen und alles voller Glasscherben ist. | |
Und in einem öffentlichen Park ist es nicht so schlimm? | |
Das ist natürlich genauso schlimm. Aber wenn es momentan keine andere | |
Möglichkeiten für Jugendliche gibt zusammenzukommen, geht das ja nicht | |
anders. | |
Manchmal kommt es da auch zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Was | |
sagen Sie dazu? | |
Ich bin auf jeden Fall gegen Gewalt. Dass stark alkoholisierte Leute mal | |
Rangeleien anfangen, kann natürlich passieren. Und dass irgendwann, gerade | |
in der Coronazeit, die Polizei kommt, ist natürlich verständlich. Aber dass | |
Leute so aggressiv der Polizei entgegentreten, kann ich nicht | |
nachvollziehen. Die machen letztendlich auch nur ihren Job. Es gibt | |
natürlich Polizisten, die ihren Posten ausnutzen. Aber es gibt auch viele | |
freundliche Polizisten. Dass dann manchmal gegen die Polizei gepöbelt wird, | |
kann ich gar nicht befürworten. | |
Was wäre eine Alternative zu den Parkpartys? | |
Parks sind natürlich auf Dauer keine Lösung, auch weil es in vielen Parks | |
nicht genug Mülleimer gibt. Im James-Simon-Park auf der Wiese gibt es zum | |
Beispiel gar nichts, wo man seinen Müll ablegen könnte. Man könnte sich | |
Gedanken machen zu neuen Coronakonzepten für die Clubs, aber das wird ja | |
schon gemacht. Und ich sehe öfters abgesperrte Gelände in Berlin, die | |
betoniert sind, die man eigentlich perfekt als Spot nutzen könnte. Das wäre | |
auf jeden Fall besser als Parks. | |
Jetzt haben ja viele Läden zumindest halbwegs auf wie vor Corona, aber | |
damals wurde weniger in Parks gefeiert. Warum? | |
Die Zielgruppe des Accounts sind 16- bis 25-Jährige. Die jüngeren Leute | |
können noch nicht in Clubs gehen. Im Park kannst du viel mehr Leute | |
kennenlernen und hast viel mehr Freiheiten. Im Club wirst du ja schnell mal | |
rausgeworfen, wenn du betrunken bist. Und durch die Hygienekonzepte kann | |
man noch gar nicht so richtig feiern. Ich glaube, wenn die Clubs wieder | |
richtig geöffnet haben, wird sich das wieder reduzieren mit den Parks. Aber | |
zu einem gewissen Teil wird das auch bleiben. | |
27 Aug 2021 | |
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[1] /Aufenthaltsverbot-im-James-Simon-Park/!5786726 | |
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## AUTOREN | |
Cristina Plett | |
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