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# taz.de -- Giffeys Liebe zum Auto: Wahlkampf statt Verkehrswende
> Die Verhandlungen über die letzten Kapitel des Mobilitätsgesetzes sind
> gescheitert. Nun zeichnet sich ein Lagerwahlkampf in Berlin ab.
Bild: Antje Kapek kann auf das Auto verzichten
Berlin taz | Wenn es um die Rettung von Parkplätzen geht, ist der Berliner
SPD jedes Mittel recht, sogar die Forderung nach einer Bürgerbeteiligung.
„Eine verbindliche Bürgerbefragung“ hatten die Sozialdemokraten am
Dienstagabend als Forderung aus dem Hut gezaubert. Sie soll kommen, wenn
Parkplätze etwa für Radwege wegfallen sollen. Weil sich aber die Grünen
weigerten, auf diese Forderung einzugehen, scheiterten die Verhandlungen
über die Verkehrswende in Berlin endgültig. Und Rot-Rot-Grün ist vier
Wochen vor den Wahlen politisch am Ende. Das wurde am Donnerstag deutlich,
als alle drei Regierungspartner noch mal ihre Wunden leckten.
Dass die Liebe zur Bürgerbeteiligung etwas plötzlich kommt, spielt für die
SPD keine Rolle – auch wenn man neue Formen der Beteiligung etwa beim
Wohnungsbau immer wieder kritisiert hat. Sie verzögerten Investitionen,
hieß es in diesem Fall gerne bei den Genossinnen und Genossen. Eine solche
Verzögerung oder gar eine Verhinderung des Umbaus von Straßenland und
Parkplätzen für Radfahrerinnen und Fußgänger ist wohl auch das Kalkül
gewesen bei den finalen Verhandlungen zum Mobilitätsgesetz. Der
vorgeschlagene Rückbau von Straßenland, heißt es bei der SPD, würde dem
Umbau der Stadt weg vom Auto Tür und Tor öffnen.
## SPD entdeckt Bürgerbeteiligung
Konkret ging es bei den Verhandlungen am Dienstagabend um die beiden noch
fehlenden Kapitel zum Berliner Mobilitätsgesetz. Das eine Kapitel, die
Stärkung des Wirtschaftsverkehrs, war bis dato unstrittig. Strittig bis
zuletzt war dagegen das Kapitel „Neue Mobilität“. Es sah in der
Gesetzesvorlage von Verkehrs- und Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne)
unter anderem „Maßnahmen zur Steuerung des fließenden und ruhenden
motorisierten Individualverkehrs“ vor sowie eine Reduzierung von „Flächen
für den ruhenden motorisierten Verkehr zur Förderung des Umweltverbundes“.
Hinter dem ersten Punkt vermutetet die SPD die Einführung einer City-Maut,
die sowohl SPD als auch Linke ablehnen. Die Grünen betonten am Donnerstag,
dass damit keineswegs die Einführung der City-Maut durch die Hintertür
gemeint gewesen sei. Man habe deshalb vorgeschlagen, die entsprechenden
Passagen zu ändern, so Fraktionschefin Antje Kapek. Allerdings sei die SPD
nicht bereit gewesen, ein Gesetz mitzutragen, in dem eine Reduzierung des
motorisierten Individualverkehrs geregelt wird.
## „Die Masken sind gefallen“
Kapek zeigte sich angesichts des Scheiterns des Mobilitätsgesetzes „hoch
verärgert“. „Aus rein wahltaktischen Gründen wird von der SPD eine
Weichenstellung blockiert.“ Und weiter: „Die Masken sind gefallen.“ Es
hätten sich im Wahlkampf nun zwei Lager gebildet. „Wer Giffey wählt,
bekommt Czaja und Wegner“, sagte sie in Anspielung darauf, dass die SPD
nach dem 26. September eine Koalition mit der FDP und der CDU und deren
beiden Spitzenkandidaten bilden könnte.
Wer genau die Verhandlungen am Dienstag platzen ließ, darüber gab es am
Donnerstag mehrere Versionen. Antje Kapek sagte, sie hätte gesagt, sie sei
am Ende ihres Lateins, worauf der SPD-Verhandlungsführer Torsten Schneider
geantwortet habe: „Dann lassen wir es.“ Die SPD macht dagegen die Grünen
für den Abbruch der Gespräche verantwortlich. Auf der Strecke bleibt dabei
auch die Einigung auf Verbesserungen beim Wirtschaftsverkehr. Eine separate
Verabschiedung dieses Kapitels lehnen die Grünen ab. Die Begründung: Für
den Ladeverkehr brauche es mehr Flächen. Deren Schaffung sehe das strittige
Kapitel „Neue Mobilität“ vor.
26 Aug 2021
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Antje Kapek
Grüne Berlin
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Mobilitätsgesetz
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