# taz.de -- Studie zu Lebensmitteln für Kinder: Zu viel Zucker, Fett, Salz | |
> Die meisten Kinderlebensmittel sind ungesund, so eine Studie der | |
> Verbraucherorganisation Foodwatch. Dabei hatten die Hersteller Besserung | |
> versprochen. | |
Bild: Viele Frühstücksflocken werden mit Comic-Maskottchen beworben – und t… | |
BERLIN taz | Die meisten der an Kinder vermarkteten [1][Lebensmittel] sind | |
trotz Selbstverpflichtungen der Industrie zu verantwortungsvollem Marketing | |
oder weniger Zucker immer noch ungesund. 86 Prozent der 283 Kinderprodukte | |
der führenden Hersteller enthielten zu viel Zucker, Fett oder Salz, heißt | |
es in einer [2][Marktstudie, die die Verbraucherorganisation Foodwatch] am | |
Mittwoch veröffentlicht hat. Sie seien laut Weltgesundheitsorganisation | |
(WHO) unausgewogen und sollten nicht speziell für Kinder beworben werden. | |
Gegenüber der letzten Untersuchung vor sechs Jahren sei der Anteil der | |
schlecht zusammengesetzten Nahrungsmittel um nur 4 Prozentpunkte gesunken. | |
„Ungesunde Ernährung verkürzt das Leben“, sagte Berthold Koletzko, | |
Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit an der Kinderklinik der | |
Universität München. Durch falsche Ernährung mitbedingte Krankheiten wie | |
Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes oder Herzinfarkt nähmen stark zu. Laut | |
Robert-Koch-Institut sind [3][15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen | |
übergewichtig]. Das verursacht Koletzko zufolge etwa 400 Milliarden Euro an | |
Gesundheitskosten. Dennoch würden Kinder im Schnitt zu viel Zucker, | |
Süßgetränke, Süßigkeiten und fette tierische Produkte essen. | |
„Werbung an Kinder macht Kinder krank“, kritisierte Koletzko. Es gebe eine | |
„überzeugende wissenschaftliche Datenlage“, dass Werbung die Kalorienzufuhr | |
und das Auftreten von Adipositas (Fettleibigkeit) bei Kindern und | |
Jugendlichen erhöht. Denn bis 4 Jahre könnten Kinder Werbung und Programm | |
nicht klar unterscheiden, bis 8 Jahre könnten sie nicht „den | |
nicht-faktischen Charakter von Werbung interpretieren“. | |
Trotzdem – oder gerade deshalb – bewerben die Hersteller auch Zuckerbomben | |
etwa mit Cartoon-Figuren, Markenmaskottchen oder Spielen. Auf den | |
Verpackungen der „Frosties“-Frühstücksflocken von Kellogg’s etwa prangt… | |
Comic-Maskottchen „Tony der Tiger“. Sie bestehen laut Etikett zu 37 Prozent | |
aus Zucker. „Das ist mehr als doppelt so viel, wie die WHO für | |
Kinder-Frühstücksflocken empfiehlt“, kritisierte Foodwatch. | |
In freiwilligen Selbstverpflichtungen hatte die Branche versprochen, kein | |
Junk-Food mehr an unter 12-Jährige zu vermarkten und den Anteil von Zucker, | |
Fett und Salz in ihren Produkten zu reduzieren. Die Foodwatch-Studie zeige, | |
dass dieser Plan gescheitert sei, sagte Barbara Bitzer, Sprecherin der | |
Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), einem | |
Zusammenschluss von 23 wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, | |
Verbänden und Forschungseinrichtungen. „Die Bundesregierung muss sich von | |
der Strategie der Freiwilligkeit verabschieden und in der kommenden | |
Legislaturperiode Werbung für ungesunde Produkte an Kinder gesetzlich | |
verbieten.“ Studien zufolge sei in Ländern mit freiwilligen | |
Werbebeschränkungen der Konsum von Junkfood gestiegen, nur in Staaten mit | |
verpflichtenden Beschränkungen sei er gefallen, ergänzte Kinderarzt | |
Koletzko. | |
Bitzer zeigte sich optimistisch, dass die nächste Bundesregierung das | |
geforderte Werbeverbot initiiert. Grüne und SPD würden diese Linie | |
vertreten, auch „aus der CDU“ gebe es Zuspruch, aber „nicht | |
flächendeckend“. | |
Ernährungsministerin Julia Klöckner stellte die von ihr angestoßene | |
Selbstverpflichtung der Lebensmittelindustrie zur Reduktion von Zucker, | |
Fett und Salz als erfolgreich dar. „Zahlreiche Fertigprodukte – darunter | |
viele, die sich explizit an Kinder richten – sind bereits gesünder | |
geworden“, so die CDU-Politikerin. Foodwatch antwortete darauf, dass viele | |
dieser Produkte immer noch unausgewogen seien. | |
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, dass das | |
Übergewicht bei Kindern Herrn Koletzko zufolge 400 Milliarden Euro | |
Gesundheitskosten pro Jahr verursache. Diese Zeitangabe war in Herrn | |
Koletzkos Statement jedoch nicht enthalten, weshalb wir sie nun gestrichen | |
haben. | |
25 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Lebensmittel/!t5008938 | |
[2] https://www.foodwatch.org/fileadmin/-DE/Themen/Kinderernaehrung/Marktstudie… | |
[3] https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichtersta… | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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