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# taz.de -- Fluss Paraná in Südamerika: Kurz vor dem Austrocknen
> Der Fluss, der Brasilien, Argentinien und Paraguay versorgt, führt so
> wenig Wasser wie seit 50 Jahren nicht. Das Problem ist zum Teil
> hausgemacht.
Bild: Boote auf ausgetrocknetem Grund: Dürrekatastrophe am Río Paraná
Buenos Aires taz | Nutzlose Stege über einem staubigen Flussbett, auf dem
Trockenen liegende Boote, abgebrochene Uferböschungen, ein ausgedörrtes
Feuchtgebiet – Bilder vom Río Paraná. Der Pegel des südamerikanischen
Flusses ist auf den niedrigsten Stand seit einem halben Jahrhundert
abgesunken. Industrielle Transporte müssen zurückstehen, auch Ernten und
Trinkwasserversorgung sind gefährdet.
Der Paraná fließt aus Brasilien über Paraguay und Argentinien 4.880
Kilometer nach Süden bis zu seiner Mündung in den Río de la Plata. Als
Ursache für die Trockenheit werden ausbleibende Niederschläge im
brasilianischen Quellgebiet genannt. Der brasilianische Wetterdienst hat
für die südlichen Bundesstaaten Minas Gerais, Goiás, Mato Grosso do Sul,
São Paulo und Paraná die niedrigsten Regenfälle seit über 90 Jahren
ausgewiesen.
Aber das trockene Wetter ist nicht allein verantwortlich für das
Niedrigwasser. Seit Jahren [1][werden die Waldgebiete im Amazonas und im
Pantanal im brasilianischen Süden abgeholzt] und in Nutzflächen für den
Anbau von Agrarprodukten sowie die Viehzucht verwandelt. Paraguay und
Argentinien treiben die Nutzungsgrenze für die Agrarwirtschaft immer weiter
nach Norden voran.
In Paraguay wurde in den letzten 20 Jahren 6 Millionen Hektar Wald
abgeholzt. Im nahezu gleichen Zeitraum machten die Bulldozer in Argentinien
rund 14 Millionen Hektar Waldfläche platt. Wie in Brasilien müssen die
Bäume auch hier vor allem der Viehzucht und dem Sojaanbau weichen.
## Das Mikroklima ändert sich
Mit der Agrarproduktion wird mehr Wasser aus dem Fluss gebraucht. Aber noch
folgenreicher ist der Verlust der wasserspeichernden Waldflächen, die
extreme Auswirkungen starker oder niedriger Regenfälle in der Vergangenheit
stets abmildern konnten. Das Verschwinden der Wälder verändert das
Mikroklima. Immer schwächer werden feuchte Luftmassen angezogen.
Dass darunter auch der Paraná leidet, war spätestens im vergangenen Jahr in
den großen Feuchtgebieten entlang der letzten 300 Kilometer des Flusslaufs
in Argentinien zu spüren. Im Delta des Paranás stehen bei normalem
Wasserstand 80 Prozent der Fläche unter Wasser. Nur 20 Prozent sind fester
Boden. Jetzt hat sich das Verhältnis umgekehrt.
## Marschland zerstört
Zudem [2][zerstörten vor einem Jahr zahllose Brände über 500
Quadratkilometer Marschland]. Eine Umweltkatastrophe, die sich spätestens
ab Ende Juli zu wiederholen droht – angesichts der Trockenheit womöglich
noch stärker als 2020. Traditionell brennen die Landwirte dann die
abgeernteten Felder ab. Das ist zwar längst verboten worden, wird aber
immer noch praktiziert. Dazu gesellen sich oft Trittbrettfahrer, die aus
anderen Motiven zündeln, wie etwa, um neues Bauland zu erschließen.
Auch die Industrie, die den Fluss als Transportweg nutzt, spielt eine
Rolle. Das braune Wasser des Paranás ist so sedimenthaltig, dass sich im
Flussverlauf ständig neue Ablagerungsbänke bilden. Damit die Schiffe
vollbeladen flussabwärts fahren können, muss die Fahrrinne ständig wieder
ausgebaggert werden.
## Fahrrinne soll vertieft werden
Es gibt bereits Planungen, die vorhandene Fahrrinne weiter zu vertiefen,
damit hier auch einmal Schiffe mit einer Ladekapazität bis zu 70 Tausend
Tonnen fahren können. Für die wasserbedürftigen Uferregionen ist das eine
Katastrophe, denn mit jeder Vertiefung des Flusses rauscht die immer
geringere Wassermenge nun schneller flussabwärts
Betroffen ist auch das Wasserkraftwerk Yacyretá. Im Normalbetrieb erzeugt
das von Argentinien und Paraguay gemeinsam betriebene Kraftwerk 3.200
Megawatt Strom. Gegenwärtig sind an der Staumauer aber nur 12 der 20
Turbinen im Einsatz, die nur knapp ein Drittel der potenziellen Leistung
erzeugen.
## Wassernotstand verhängt
Argentinien will seinen Bedarf jetzt durch das Hochfahren von
Gaskraftwerken abdecken. Ein Paradoxon: Die durch Klimaänderungen bedingten
Einbußen bei der klimaschonenderen Stromerzeugung durch Wasserkraft werden
mit klimaverschärfenden CO2-Emissionen ausgeglichen.
Die Regierung in Buenos Aires hat den [3][Wassernotstand] über die sieben
Provinzen verhängt, die der Paraná in Argentinien auf seinem Weg zum Río de
la Plata durchfließt. Denn immer kritischer wird auch die Lage der lokalen
Trinkwasserversorgung. In den zahlreichen Wasseraufbereitungswerken entlang
des Flusses saugen die Pumpen bereits mehr Schlamm als Wasser an.
Vielerorts ist die Bevölkerung zu einem verantwortlichen und sparsamen
Umgang mit Wasser aufgerufen. Eine Entwarnung ist nicht in Sicht. Nach
Einschätzung von Argentiniens Wasserbehörde könnte der Pegelstand noch bis
zum Jahresende um den aktuell niedrigen Stand pendeln.
30 Jul 2021
## LINKS
[1] /Rodung-des-Regenwalds-in-Brasilien/!5767780
[2] /Brandrodung-im-Delta-des-Parana/!5708880
[3] /Rohstoffraubbau-in-Argentinien/!5652920
## AUTOREN
Jürgen Vogt
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