# taz.de -- Auswirkungen von La Niña in Argentinien: Homeoffice wegen Hitzewel… | |
> Argentinien misst die zweithöchste Temperatur seit Beginn der | |
> Aufzeichnungen. Um Strom zu sparen, schickt Präsident Fernández die | |
> Menschen nach Hause. | |
Bild: Kurze Abhilfe gegen die Hitze | |
BUENOS AIRES taz | Argentinien stöhnt unter einer Hitzewelle. Mit 43,4 Grad | |
im Schatten war die Stadt Santiago del Estero am Freitag der heißeste Ort | |
im Land, dicht gefolgt von Buenos Aires. In der Hauptstadt wurden 41,5 Grad | |
angezeigt. Es war die zweithöchste jemals gemessene Temperatur am Rio de la | |
Plata. Nur im Januar 1957 war es mit 43,3 Grad in Buenos Aires noch heißer. | |
Und weil alle verfügbaren Klimaanlagen auf Hochtouren liefen, wurde mit | |
über 28.000 Megawatt ein neuer Landesrekord beim Stromverbrauch | |
registriert. Der befürchtete Blackout blieb jedoch aus. Das Versorgungsnetz | |
hatte weitgehend standgehalten. Lediglich 150.000 Haushalte in und um die | |
Hauptstadt waren für einige Stunden ohne Strom. | |
Im Gegensatz zu den 700.000 Haushalten, die am Dienstag bei knapp über 41 | |
Grad Hitze ohne Energie auskommen mussten. Eine überlastete | |
Hochspannungsleitung hatte sich auf einen Wifi-Mast gelegt und so einen | |
folgenreichen Kurzschluss ausgelöst. In ganzen Vierteln von Buenos Aires | |
ging stundenlang nichts mehr. | |
Damit sich dies nicht wiederholt, hatte Präsident Alberto Fernández den | |
Staatsangestellten zwei Tage Arbeit im Homeoffice verordnet. In den | |
öffentlichen Gebäuden sollte der Stromverbrauch reduziert werden. Zugleich | |
vereinbarte die Regierung mit den großen Industriebetrieben den Verbrauch | |
zwischen 13 und 16 Uhr einzuschränken. „Mit den Großverbrauchern wurde | |
vereinbart, den Energieverbrauch gerade in den Spitzenzeiten zu | |
reduzieren“, erklärte Energieminister Darío Martínez. | |
## Wetterphänomen La Niña | |
Für die bereits länger anhaltende Trockenperiode wird das Wetterphänomen La | |
Niña verantwortlich gemacht, das in Südamerika in den Monaten Dezember bis | |
März nur geringe Niederschläge bringt. Verschärft wird die aktuelle Lage | |
durch heiße Luftmassen, die sich aus dem Norden in südöstlicher Richtung | |
bewegen. La Niña sorgte auch in den Jahren 2009, 2012 und 2018 für | |
langanhaltende Trockenphasen. | |
Wegen des ausbleibenden Regens senkte die Getreidebörse in Rosario bereits | |
ihre Prognosen für die kommende Ernte. Statt der ursprünglich | |
vorhergesagten 56 Millionen Tonnen Mais werden nunmehr nur 48 Millionen | |
Tonnen erwartet. Die Aussicht für die Sojabohnenproduktion wurde von 45 auf | |
40 Millionen Tonnen gesenkt. Nach den aktuellen Weltmarktpreisen ist das | |
ein Verlust von rund 4,5 Milliarden Dollar, die [1][das hochverschuldete | |
Land] dringend bräuchte. | |
Inzwischen geht die Furcht vor dem Dürregespenst von 2018 um. Wegen der | |
damals langanhaltenden Trockenperiode hatte Argentinien einen Ernteverlust | |
von rekordverdächtigen 30 Millionen Tonnen Sojabohnen und Mais erlitten. | |
„Der gravierende Wassermangel in den Provinzen Santa Fe, Córdoba, Buenos | |
Aires und Entre Ríos lassen daran zweifeln, dass die für den kommenden | |
Sojaanbau geplanten 16,2 Millionen Hektar bepflanzt werden können“, gibt | |
sich die Börse denn auch pessimistisch. | |
## Trockene Flüsse und Waldbrände | |
Durch die oben genannten Provinzen fließt der Río Paraná, über den | |
Argentinien 80 Prozent seiner landwirtschaftlichen Exportprodukte | |
transportiert. Schon im vergangenen Jahr [2][hatte das Niedrigwasser in der | |
wichtigen Wasserstraße] die Frachter dazu gezwungen mit bis zu 30 Prozent | |
weniger Transportauslastung von den Verladestationen in Rosario Richtung | |
Buenos Aires zu schippern. Aktuell wird in Rosario wieder einer der | |
niedrigsten Pegelstände der letzten 50 Jahre registriert und zwingt die | |
Frachter dazu ihre Lasten zu reduzieren. | |
Weiter flussabwärts brennen wie jedes Jahr die trockenliegenden | |
Feuchtgebiete im Delta des Rio Paraná lichterloh. Auf Satellitenfotos sind | |
zwischen den Städten San Pedro und Campana zahllose Brandherde auszumachen. | |
Die knochentrockenen Winde lassen nicht nur die Flammen in die Höhe | |
schießen, sie treiben auch den Rauch in Richtung Buenos Aires. Schon jetzt | |
zieht ein gelblicher Schimmer über die Hauptstadt hinweg, der sich in den | |
kommenden Tagen verdichten wird. | |
Da die Hitze auch über dem Süden des Landes brütet, werden aus den | |
patagonischen Provinzen Chubut und Río Negro ebenfalls täglich neue Busch- | |
und Waldbrände gemeldet. Die heißen Winde haben die Flammen bereits über | |
tausende Hektar getrieben. Inzwischen hat die Regierung den nationalen | |
Feuernotstand ausgerufen. „Ich weiß nicht, was uns Argentiniern noch | |
passieren wird, wir haben eine Hitzewelle, wie seit wie vielen Jahren nicht | |
mehr“, seufzte dieser Tage Präsident Alberto Fernández stellvertretend für | |
seine Landsleute. Nächste Woche soll es etwas kühler werden. | |
15 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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