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# taz.de -- Bericht zum Handelsabkommen: Mercosur zerstört mehr Regenwald
> Eine französische Untersuchung warnt vor den ökologischen Folgen des
> Abkommens mit Südamerika.
Bild: Südamerikanisches Fleisch bald in Europa: Eine Rinderzucht in Pantanal (…
Paris taz | Ein französischer Expertenbericht hat vor den ökologischen
Konsequenzen des Handelsabkommens zwischen der EU und dem südamerikanischen
Staatenbund Mercosur gewarnt. Der von der Regierung in Paris in Auftrag
gegebene Text weist darauf hin, dass der ohnehin schon stark zerstörte
brasilianische Regenwald durch den Deal weiter leiden würde.
Durch die Öffnung des europäischen Marktes für Rindfleisch aus Südamerika
würde in den kommenden sechs Jahren eine Waldfläche von jährlich 5 Prozent
zerstört. Insgesamt würde das Abkommen einen Ausstoß von zusätzlich 4,7 bis
6,8 Millionen Tonnen CO2 bedeuten. „Wenn dieses Risiko sich bestätigt, dann
wäre die Bilanz zwischen dem wirtschaftlichen Nutzen und den klimatischen
Kosten negativ“, heißt es in dem 184 Seiten langen Dokument, das unter
Leitung von Stefan Ambec von der [1][Toulouse School of Economics] verfasst
wurde.
Das Expertengremium kritisiert, die EU habe bei den Verhandlungen nicht
genug Druck auf ihre südamerikanischen Verhandlungspartner ausgeübt. „Das
Abkommen ist eine verpasste Gelegenheit für die EU, ihre Verhandlungsmacht
zu nutzen, um solide Garantien zu erhalten, die den ökologischen, sanitären
und allgemeinen gesellschaftlichen Erwartungen ihrer Bürger entsprechen.“
Regierungschef Jean Castex sieht sich durch den Text in seiner Haltung
bestätigt, das Abkommen in seiner jetzigen Form abzulehnen. [2][„Die
Abholzung gefährdet die Biodiversität und schadet dem Klima“], twitterte
der französische Premierminister.
Umweltschützern ist die Reaktion der Regierung allerdings zu schwach und zu
vage. So fordert beispielsweise die Stiftung des früheren Umweltministers
Nicolas Hulot, das Abkommen ganz zu beerdigen. „Wenn eines Tages ein
Abkommen zwischen den beiden Regionen geschlossen wird, muss es neu gedacht
und auf einer völlig veränderten Grundlage aufgebaut werden“, erklärt die
Stiftung.
## Frankreich sucht den Dialog
Frankreichs Regierung will den Dialog mit den Mercosur-Staaten, zu denen
Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay gehören, nicht abbrechen. „Wir
wollen nicht alles stoppen, sondern im Gegenteil das Eisen schmieden,
solange es heiß ist“, zitiert die Nachrichtenagentur AFP aus
Regierungskreisen. Unter drei Bedingungen könnten die Verhandlungen
weitergeführt werden:
Das Abkommen dürfe nicht zu einer weiteren Abholzung führen, die
Regierungen der Mercosur-Staaten müssten sich zu den Zielen des Pariser
Klimaschutzabkommens verpflichten und die importierten Agrarprodukte
müssten die EU-Umwelt- und -Gesundheitsnormen berücksichtigen. Die
französische Regierung wolle dazu neue Vorschläge unterbreiten.
Das Mercosur-Abkommen, von dem sich die EU einen besseren Zugang zu den
Märkten Südamerikas verspricht, war 2019 unterzeichnet worden. Es muss von
allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden, wurde aber bereits in
Österreich und den Niederlanden abgelehnt. Die deutsche Bundesregierung
stellt sich laut Regierungssprecher Steffen Seibert „ernsthafte Fragen“.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte den Deal zunächst als
„gutes Abkommen“ begrüßt. Nach Kritik von Umweltschützern und Landwirten,
die die Konkurrenz aus Südamerika fürchten, änderte Macron jedoch seine
Meinung und forderte weitere Garantien.
Beim G7-Gipfel in Biarritz legte er sich im vergangenen Jahr mit dem
brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro an, als er die Großfeuer in der
Amazonasregion kurzfristig auf die Tagesordnung setzte. Bolsonaro warf
Macron daraufhin „eine im 21. Jahrhundert überholte Kolonialmentalität“
vor, weil die G7 das Thema in Abwesenheit Brasiliens besprachen. Laut einer
Yougov-Umfrage in mehreren EU-Ländern, darunter Deutschland und Frankreich,
sind rund vier Fünftel der Befragten dafür, das Abkommen zu stoppen.
21 Sep 2020
## LINKS
[1] https://www.tse-fr.eu/
[2] https://twitter.com/JeanCASTEX/status/1306922011948711936
## AUTOREN
Christine Longin
## TAGS
Mercosur
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Regenwald
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