# taz.de -- Milliarden aus der Corona-Bazooka: Pingpong mit dem IWF | |
> Der Währungsfonds hat Milliarden bereitgestellt, um pandemiegeblagten | |
> Ländern zu helfen. Argentinien nutzt seinen Anteil, um Schulden | |
> abzubauen. | |
Bild: Anstehen für Essen: die zweite Welle hat viele in Buenos Aires arm gemac… | |
BUENOS AIRES taz | Rund 4,3 Milliarden US-Dollar stellt der Internationale | |
Währungsfonds (IWF) [1][im Rahmen seiner Corona-Bazooka] für Argentinien | |
bereit. Doch statt damit Investitions- oder Förderprogramme aufzulegen, | |
will die Regierung in Buenos Aires mit den Milliarden Schulden tilgen – | |
ausgerechnet beim IWF. Der argentinische Anteil an den neuen | |
Sonderziehungsrechten entspricht fast genau der in den kommenden Monaten | |
fälligen Summe. | |
Am Montag hatte das IWF-Direktorium angekündigt, [2][Sonderziehungsrechte | |
(SDR)] über insgesamt 650 Milliarden US-Dollar bereitzustellen, um die | |
pandemiegebeutelten Volkswirtschaften vor allem der ärmeren Staaten | |
Afrikas, Lateinamerikas und Asiens zu unterstützen. Als Folge des Lockdown | |
war Argentiniens Wirtschaft 2020 um 10 Prozent geschrumpft. Die | |
Inflationsrate stieg, Ende des Jahres lebten 42 Prozent der rund 45 | |
Millionen Argentinier*innen unter der Armutsgrenze. | |
Mit solchen Daten gehört Argentinien zweifelsfrei zur Zielgruppe der neuen | |
SDR des IWF. Doch das Land ist auch der mit Abstand dessen größter | |
Schuldner. 2018 gewährte der Fonds der damaligen liberalkonservativen | |
Regierung von Präsident Mauricio Macri einen Kredit über 57 Milliarden | |
US-Dollar, von denen 44 Milliarden Dollar ausgezahlt wurden. Es ist die mit | |
Abstand größte Kreditsumme, die der IWF jemals einem Mitgliedsland | |
bereitgestellt hat. | |
Im September müssen 1,87 Milliarden Dollar davon getilgt werden. Im | |
November sind es Zinsen und Zuschläge in Höhe von 640 Millionen Dollar und | |
im Dezember werden abermals 1,87 Milliarden Dollar fällig. „Argentinien ist | |
nicht in der Lage, die Schulden beim IWF zu begleichen, daher braucht es | |
mehr Zeit“, sagte Wirtschaftsminister Martín Guzmán vor wenigen Tagen. | |
## Unverbindliche Gespräche | |
Seit dem Amtsantritt von Präsident Alberto Fernández 2019 spricht die | |
Regierung mit dem IWF über eine Neustrukturierung der Schuldenlast. Ziel | |
ist, die jährliche Schuldentilgung auf ein Maß zu reduzieren, das | |
Investitionen durch den Staatshaushalt sowie einen finanziellen | |
Handlungsspielraum für eine effektive Sozialpolitik ermöglicht. | |
Der IWF verlangt ein Anpassungsprogramm, dessen Kern die Reduzierung der | |
Staatsaugaben ist, um die für den Schuldendienst nötigen Finanzmittel | |
überhaupt locker machen zu können. [3][Dagegen sperrte sich Vizepräsidentin | |
Cristina Kirchner]. Noch im Mai hatte sie den Senat eine Absichtserklärung | |
verabschieden lassen, wonach Schulden nicht durch neue Kredite getilgt | |
werden dürfen. Diese Erklärung zielte auch auf die neuen SDR, über die in | |
Argentinien bereits damals spekuliert wurde. Vor zwei Wochen hatte die | |
Vizepräsidentin ihren Widerstand aufgegeben und für Schuldentilgungen durch | |
SDR grünes Licht gegeben. | |
5 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] /IWF-Hilfe-zur-Pandemiebekaempfung/!5786540 | |
[2] /IWF-und-Corona/!5759166 | |
[3] /Korruption-in-Argentinien/!5750653 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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