# taz.de -- IWF und Corona: Mehr Geld für arme Länder | |
> Die Länder, insbesondere die ärmsten, brauchen infolge von Corona | |
> dringend Geld. Ein Teil davon soll nun de facto aus dem Nichts geschaffen | |
> werden. | |
Bild: Die neue US-Finanzministerin Janet Yellen will das Weltfinanzsystem refor… | |
CHIANGMAI taz | Es ist die obskurste Währung der Welt: die | |
Sonderziehungsrechte (SDR) des Internationalen Währungsfonds (IWF). Und von | |
dieser Währung soll mehr geschaffen werden. | |
Im Rahmen der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank wird die Schöpfung von | |
neuen SDRs im Wert von 650 Milliarden Dollar diskutiert. Beim aktuellen | |
Kurs von 1,42 Dollar pro SDR entspricht das 458 Milliarden neuen SDRs. | |
Diese werden anschließend an die IWF-Mitglieder verteilt – gemäß deren | |
Quote. Große und reiche Länder bekommen also mehr als kleine und arme. | |
Trotzdem bleiben auch für diese noch Milliarden: Die ärmsten Länder bekämen | |
SDRs im Wert von 21 Milliarden Dollar und andere Entwicklungsländer solche | |
im Wert von 212 Milliarden Dollar. | |
Die SDRs zählen anschließend zu den Währungsreserven der Länder. Außerdem | |
können sie für Dollar oder Euro an andere Länder verkauft werden. Wenn ein | |
Land weniger SDRs hält als es seiner Quote entspricht, muss es dafür | |
allerdings Zinsen zahlen: 0,05 Prozent pro Woche respektive 2,6 Prozent pro | |
Jahr. | |
Praktisch bedeutet die Zuteilung neuer SDRs also zweierlei: Länder, die | |
ihre SDRs behalten, haben höhere Währungsreserven und Länder, die diese | |
verkaufen, kommen zu einem sehr günstigen Kredit. Damit soll insbesondere | |
den ärmsten Ländern in der Coronakrise geholfen werden. | |
## „Viel mehr“ als alle bisherigen Hilfen | |
Obwohl diese nur 21 Milliarden Dollar bekommen, sei das dennoch „viel mehr“ | |
als alle bisherigen Hilfen in der Krise, schreibt der US-Thinktank Atlantic | |
Council. [1][Bislang haben der IWF und die Weltbank diesen Ländern 11,6 | |
Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt] und die G-20 Länder haben Zinsen | |
im Wert von fünf Milliarden gestundet. | |
Durch die Schaffung von 458 Milliarden neuen SDRs wird der Bestand an SDRs | |
mehr als verdreifacht. Aktuell gibt es nur 204 Milliarden SDRs, von denen | |
die meisten in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 geschaffen wurden. Das | |
veranschaulicht die Dimension der Coronakrise und ihrer Folgen für das | |
globale Finanzsystem. US-Finanzministerin Janet Yellen, die nicht für | |
bombastische Wortwahl bekannt ist, sieht die Welt gar vor einem neuen | |
Bretton-Woods-Moment. | |
## Tiefgreifende Auswirkungen auf globale Wirtschaftsordnung | |
Bei einer Konferenz im Jahr 1944 wurde in Bretton Woods in den USA das | |
internationale Finanzsystem begründet, das zunächst auf dem Goldstandard | |
beruhte. Außerdem wurden der IWF und die Weltbank geschaffen. Yellen sagte | |
im Hinblick auf die Teilnehmer der Konferenz: „Ich kann die enorme Last | |
nachempfinden, der sie gegenüberstanden; dem Druck, nach einer globalen | |
Katastrophe zusammenzukommen, um ein dauerhaftes und vernetztes System | |
aufzubauen.“ Und nun stehe die Welt vor einer ähnlichen Herausforderung: | |
„Unser aktueller Zeitpunkt ist nicht weniger bedeutsam – was wir in den | |
kommenden Monaten und Jahren tun, wird tiefgreifende Auswirkungen auf die | |
Entwicklung unseres Landes und auf die globale Wirtschaftsordnung haben.“ | |
Ein weiteres Thema beim Frühjahrstreffen dürfte die Schaffung eines | |
g[2][lobalen Mindeststeuersatzes für Unternehmen] sein. Yellen hatte dies | |
vor kurzem vorgeschlagen: „Eine weitere Folge der vernetzten Welt war ein | |
dreißigjähriger Wettlauf nach unten bei den Unternehmenssteuersätzen“, | |
sagte Yellen. Angesichts der Krise müsse nun aber sichergestellt werden, | |
„dass Regierungen über stabile Steuersysteme verfügen, die genügend | |
Einnahmen generieren, um in öffentliche Güter zu investieren und auf Krisen | |
zu reagieren, und dass alle Bürger die Last der Staatsfinanzierung fair | |
teilen.“ Damit dürfte sie in vielen europäischen Hauptstädten auf offene | |
Ohren stoßen. | |
Insbesondere die großen Internetkonzerne sind so geschickt in Steueroasen | |
domiziliert, dass sie kaum Steuern bezahlen. Zuletzt wurde bekannt, dass | |
der Versandhändler Amazon und 90 weitere Großkonzerne in den USA keinerlei | |
Gewinnsteuer abführen. Auch die Überwindung dieses Missstands dürfte in die | |
Annalen eingehen. | |
7 Apr 2021 | |
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