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# taz.de -- Razzia beim Peng-Kollektiv: Staatsmacht verteidigt Kolonialerbe
> Die Polizei hat Räume und Privatwohnungen des Peng-Kollektivs durchsucht.
> Eine Karte mit kolonialen Gedenkorten soll ein Aufruf zu Straftaten sein.
Bild: Wird jetzt von der Staatsanwaltschaft Berlin beschützt: Otto-von-Bismarck
Berlin taz | Repressionen gegen die Kommunikationsguerilla: Am frühen
Donnerstagmorgen hat die Staatsanwaltschaft Berlin die Räume des
Peng-Kollektivs in Berlin-Kreuzberg durchsuchen lassen. Neben den
Büroräumen der Künstlergruppe in der Lausitzer Straße wurden auch
Privaträume von zwei Mitgliedern des Kollektivs durchsucht.
Die Durchsuchungen stehen [1][laut Peng] im Zusammenhang mit der Website
[2][tearthisdown.com], die unter der Überschrift „Tear this shit down“
(„Reißt diese Scheiße runter“) eine bundesweite Karte von kolonialistisch…
Gedenkorten verzeichnet hat. Die Karte ist eine gemeinsame Aktion mit der
Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland. Sie soll für mehr
Geschichtsbewusstsein sorgen und zugleich an koloniale Verbrechen und deren
Verharmlosung im öffentlichen Raum erinnern. Auf der Website kann man auch
koloniale Spuren wie Denkmäler, Straßennamen oder Orte melden.
Das Peng-Kollektiv ist eine Gruppe von Künstler*innen und
Aktivist*innen, die mit gewaltfreien Aktionen auf Probleme aufmerksam
machen. Anfang des Jahres hatte das Kollektiv etwa die Aktion [3][BioNTech
Leaks] gestartet, und [4][auf einer Website] Mitarbeiter*innen der
Pharma-Firma dazu aufgerufen, die Anleitung des Impfstoffes zu
veröffentlichen – um so den Patentschutz zu umgehen und die
Gesundheitsversorgung für ärmere Länder zu vereinfachen.
Die Staatsanwaltschaft bestätigte der taz Durchsuchungen der Büroräume des
Kollektivs sowie von zwei Privatadressen. „Grundlage sind
Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu
Straftaten“, sagte Staatsanwältin Mona Lorenz. Es seien Unterlagen,
Festplatten und Computer beschlagnahmt worden. Näheres konnte Lorenz am
Donnerstag nicht sagen.
## „Koloniales Gedenken offenbar wichtiger als Kunstfreiheit“
Ein Mitglied des Kollektivs, das von den Ermittlungen betroffen war, aber
anonym bleiben wollte, sagte der taz: „Die Polizei behauptet, unbekannte
Täter, die Kolonialstatuen verschönert haben, hätten sich auf uns bezogen.
Wie viel absurder kann man es noch konstruieren?“ Man habe nur eine Website
gemacht und sich dabei auf koloniale Verbrecher bezogen. Die Aktion sei ein
Diskursbeitrag in einer weltweit stattfindenden Debatte.
Im [5][taz-Interview] hatte Simone Dede Ayivi zur Veröffentlichung der
Karte vor einem Jahr gesagt, dass diese auch ein Aufruf zum Handeln sei.
Dede Ayivi ist eine der Initiator*innen der Karte. Damit meine sie etwa
Mails an Bezirksverordnete oder Demos. Es sei dennoch ein wohltuendes Bild,
Statuen fallen zu sehen, hieß es im Interview.
Im Zuge der weltweiten Black-Lives-Matter-Proteste im vergangenen Jahr
wurden kolonialistische Denkmäler gestürzt, etwa das [6][in Bristol]. Auch
in Berlin kam es vereinzelt zu Vandalismus an Denkmälern. Ebenso gibt es
hier seit Langem zivilgesellschaftliche Initiativen wie [7][Decolonize
Berlin], die sich dafür einsetzen, rassistische Straßennamen zu ersetzen.
Die Betroffenen vom Peng-Kollektiv halten entsprechend die Ermittlungen für
völlig überzogen: „Die Rolle der Polizei war schon unterm Kaiser nicht
rühmlich, das war offenbar eine weitere Möglichkeit, den Autoritätsmuskel
zu flexen und linke Projekte zu durchsuchen“, sagten sie. „Der
Staatsanwaltschaft ist offenbar das Gedenken an koloniale Verbrecher
wichtiger als Meinungs- und Kunstfreiheit.“ In einer Demokratie gehörten
diese Statuen vom Sockel gerissen. Auf Twitter schrieb das Kollektiv: „Wann
machen die eigentlich mal Hausdurchsuchungen bei den Hohenzollern?“
15 Jul 2021
## LINKS
[1] https://twitter.com/Peng/status/1415599475893100544
[2] https://www.tearthisdown.com/de/
[3] /Peng-will-Biontech-Impfstoffanleitung/!5751410
[4] https://pen.gg/de/campaign/biontech-leaks/
[5] /Simone-Dede-Ayivi-ueber-Denkmaeler/!5691362
[6] https://www.youtube.com/watch?v=cs36SAytfuE
[7] /Strassenumbenennung-in-Berlin-Mitte/!5781355
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Peng!
Peng Kollektiv
Polizei Berlin
Repression
Peng! Collective
Postmigrantisch
Peng!
Entkolonialisierung
Kolumne Habibitus
Schwerpunkt Coronavirus
Antifaschismus
Polizei Berlin
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