# taz.de -- Ermittlungen gegen Peng! Kollektiv: Mal 'ne coole Deutschlandkarte | |
> Einschüchtern von Linken wird zum Event gemacht. Das zeigen Repressionen | |
> gegen die Künstler_innenkollektive Peng! und Zoff – wegen einer | |
> Online-Karte. | |
Bild: Ohne Protest keine Aufmerksamkeit: Rassistische „Mohrenstraße“ in Be… | |
Erinnert sich noch wer an den Sommer 2020, als nach dem Mord am | |
US-Amerikaner George Floyd global die [1][Black-Lives-Matter]-Proteste | |
erneut aufflammten? Ich hoffe es sehr, denn damals zeigten sich auf | |
sozialen Medien immerhin sehr viele nicht-Schwarze Personen betroffen und | |
sogar engagiert. | |
Auch außerhalb der USA gingen Zehntausende auf die Straßen. Neben | |
Demonstrationen kam es auch zu radikaleren Formen des Protests, in | |
Minneapolis zündete jemand ein Polizeirevier an, und andernorts stolperten | |
Kolonialdenkmäler ins Wasser. Wahrscheinlich ist es eben diesen | |
Protestformen geschuldet, dass für rassistische Polizeigewalt plötzlich | |
endlich eine breite Aufmerksamkeit da war. | |
Doch auch in Deutschland blieb die Protestwelle nicht nur beim Posten | |
schwarzer Kacheln auf Instagram. Besonders nennenswert ist [2][die | |
interaktive Karte auf tearthisdown.com], eine künstlerische Intervention | |
der Initiative Schwarze Menschen, dem Peng! Kollektiv, dem Zoff Kollektiv | |
und Swoosh Lieu. Zu sehen gibt es auf der Website eine Deutschlandkarte, | |
auf der koloniale Namen im öffentlichen Raum gekennzeichnet sind. | |
Straßennamen zum Beispiel. Ein Blick auf diese Karte verdeutlicht: | |
Deutschland hat eine Kolonialgeschichte, und sie ist vor lauter | |
Glorifizierung schwer zu übersehen. | |
## Gefährlichere Deutschlandkarten gäbe es | |
Für die Staatsanwaltschaft ist die Thematisierung dieser Verbrechen | |
offensichtlich schlimmer als die Verbrechen selbst. [3][So fanden am 15. | |
Juli Razzien in Privatwohnungen und Büroräumen des Peng! Kollektivs und | |
Zoff Kollektiv statt], als hätten sie einen Terroranschlag geplant. Was für | |
eine Gefahr soll schon von einer Deutschlandkarte ausgehen? Schließlich | |
handelt es sich nicht etwa um eine Auflistung von Geflüchtetenunterkünften, | |
wie sie vor einigen Jahren von einer rechten Partei veröffentlicht wurde, | |
oder um eine Liste mit personenbezogenen Daten linker Personen, in denen | |
sie zum Schuss freigegeben werden. | |
Manche Deutschlandkarten sind antidemokratische Brandsätze, diese aber | |
nicht. Die Staatsanwaltschaft sieht in dem Begleittext zur Aktion trotzdem | |
eine Aufforderung zu Straftaten. Die unverhältnismäßige Repression ist zwar | |
absurd, jedoch nicht überraschend in dem Land der Nazi-Positivität. | |
Das zeigte auch die Verhaftung der [4][Antifaschistin Lina] oder die | |
Räumung der Liebig34 in den vergangenen Monaten: Die Einschüchterung von | |
Linken wird zum Event gemacht. Dass es diesmal Aktionskünstler_innen | |
trifft, stellt eine Zäsur da: Denn dass das Projekt von der Kunstfreiheit | |
gedeckt ist, dürfte klar sein. Doch als Anlass, einen Einblick in linke | |
Netzwerke zu erlangen und ein Exempel zu statuieren, reicht es allemal. Und | |
es zeigt, dass antirassistischer Protest hier so bedrohlich zu sein | |
scheint, dass er kriminalisiert wird. Ob der Fall weitere, explizit | |
deutsche BLM-Proteste anschiebt und vielleicht antirassistische und weiße | |
linke Aktivist_innen enger zusammenschweißt? Inschallah. | |
29 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Black-Lives-Matter/!t5320244 | |
[2] /Simone-Dede-Ayivi-ueber-Denkmaeler/!5691362 | |
[3] /Razzia-beim-Peng-Kollektiv/!5787076 | |
[4] /Anklage-gegen-Lina-E/!5771521 | |
## AUTOREN | |
Hengameh Yaghoobifarah | |
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