# taz.de -- Risiken für Bundestagswahl 2021: Seehofer warnt vor Angriffen | |
> Die Bundestagswahl könnte Ziel von Hacker:innen und | |
> Extremist:innen werden. Behörden halten den Urnengang für sicher und | |
> treffen Vorkehrungen. | |
Bild: Kreisverwaltung Anhalt-Bitterfeld: Nach einer Cyberattacke wurde der Kata… | |
BERLIN taz | Gut zwei Monate sind es noch bis zur Bundestagswahl am 26. | |
September. Eine Wahl, die politisch einiges durcheinander wirbeln könnte. | |
Und die Interessierte verleiten könnte, diese zu manipulieren. | |
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und mehrere Behördenchefs warnten | |
auf einer Pressekonferenz am Mittwoch deshalb vor Sicherheitsrisiken bei | |
der Wahl. | |
„Wir haben das Ziel, einen von außen unbeeinflussten Wahlkampf | |
sicherzustellen“, erklärte Seehofer. Stand jetzt sei die Vorbereitung und | |
Durchführung der Wahl sicher. Bedrohungen seien aber dennoch vorhanden. | |
Seehofer sprach von einer „aufgewühlten Gesamtstimmung“, die in den | |
nächsten Wochen eine Herausforderung für die Polizei werde. | |
Bundesverfassungsschutzchef [1][Thomas Haldenwang] verwies dabei zunächst | |
auf Bedrohungen aus dem Inland. So bereite ihm rechtsextreme Propaganda im | |
Internet „große Sorge“. „Das Netz quillt über von Hassbotschaften, die | |
antimuslimisch, antisemitisch, fremdenfeindlich und demokratieablehnend | |
sind.“ 13.300 Rechtsextreme im Land gelten zudem als gewaltbereit. Auch | |
Linksextreme könnten politische Gegner ins Visier nehmen, warnte | |
Haldenwang. | |
Die AfD gelte dort als „Erste Klasse Gegner“. Zu rechnen sei mit | |
Sachbeschädigungen an Plakaten oder Parteibüros, aber auch mit Attacken auf | |
Wahlstände. Laut Seehofer erhalten Politiker:innen diesmal mehr | |
Personenschutz als bei früheren Wahlen. Haldenwang sagte, selbst Terror sei | |
nicht auszuschließen. So gebe es weiter genügend Islamisten, „die auch in | |
Wahlkampfzeiten Anschläge verüben könnten“, ob mit einfachen Mitteln wie | |
Messern oder organisierter. | |
## Gefahr durch Hackingangriffe aus dem Ausland | |
Der Verfassungsschutzchef verwies auch auf die [2][Coronaproteste], bei | |
denen ebenfalls versucht werde, das Vertrauen in die Demokratie zu | |
erschüttern. Zwar seien die Demonstrationen rückläufig – deren | |
Protagonist:innen aber nicht verschwunden. Tatsächlich mobilisiert die | |
„Querdenken“-Initiative derzeit für eine bundesweite Demonstration am 1. | |
August in Berlin. Vor einem Jahr war es dabei zum Sturm der | |
Bundestagstreppe gekommen. | |
Eine Gefahr drohe zudem durch Hackingangriffe, die auch aus dem Ausland | |
kommen können. So könnte versucht werden, an Daten von Abgeordneten zu | |
kommen und diese verfälscht zu veröffentlichen. Laut Haldenwang gibt es | |
bereits seit Februar Phishing-Angriffe auf eine niedrige dreistellige Zahl | |
von Abgeordneten des Bundestags und der Landtage, bei denen mit gefälschten | |
Emails versucht wird, an private Daten zu gelangen. | |
Die Behörden gaben der Kampagne den Titel „Ghostwriter“. Wer diese Angriffe | |
steuert, ließ Haldenwang offen, laut Medienberichten ist vom russischen | |
Militärgeheimdienst die Rede. Die meisten Angriffe seien indes nicht | |
erfolgreich gewesen, so Haldenwang. Auch insgesamt bewegten sich | |
ausländische Einflussversuche bisher auf einem „niedrigen Niveau“. | |
Bundeswahlleiter Georg Thiel versicherte, dass Vorsichtsmaßnahmen getroffen | |
wurden. So sicherten bis zu 700.000 Wahlhelfer:innen die | |
Bundestagswahl. Dass diese „oldschool“ über Wahlzettel laufe, und nicht | |
etwa über Wahlautomaten, verunmögliche größere Manipulationen. „Man kann | |
vielleicht kleine Störungen verursachen, aber das Gesamtsystem ist extrem | |
widerstandsfähig“, sagte Thiel. | |
## Wahlsoftware „auf Herz und Niere getestet“ | |
Auch die Übermittlung der Wahlergebnisse erfolge verschlüsselt über ein | |
eigenes Netzwerk. Die Wahlsoftware werde momentan „auf Herz und Niere | |
getestet“. Und auch die Briefwahl sei sicher: Die dortigen Urnen würden | |
genau so ausgezählt wie die in den Wahllokalen. Thiel betonte, dass es die | |
Briefwahl seit 1957 gebe und es seitdem nie zu größeren Problemen gekommen | |
sei. | |
Auch Arne Schönbohm, Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der | |
Informationstechnik (BSI), nannte die deutsche Wahltechnik „sehr sicher“. | |
Er und Seehofer appellierten dennoch an die Eigenverantwortung. So hätten | |
alle Parteien Einladungen erhalten, sich bei den Behörden über | |
Sicherheitsfragen zur Wahl unterrichten zu lassen. Es gebe im Falle von | |
Cyberangriffen für diese auch Notfallkontakte zum BSI. | |
Daneben existiere ein „Rotes Telefon“, mit dem soziale Netzwerke durch das | |
BSI kontaktiert werden können. Schönbohm sagte, man müsse es den Angreifern | |
„so schwer wie möglich machen“. Am Mittwoch trafen sich auch 350 | |
Vertreter:innen des Landkreistages zu diesem Thema mit dem BSI. | |
Haldenwang appellierte zudem an die Bürger:innen, Desinformation nicht | |
zum Opfer zu fallen: Hier helfe, sich aus möglichst vielen Quellen zu | |
informieren, nicht nur in einer „Blase“. | |
Wie real die Gefahr ist, zeigt ein Hacker-Angriff auf die | |
Landkreisverwaltung Anhalt-Bitterfeld. Mehrere Server wurden dort vor einer | |
Woche mit der Software Ransomware infiziert, die Daten verschlüsselte. Für | |
die Wiederfreigabe wird ein Lösegeld gefordert. Der Landkreis rief den | |
Katastrophenfall aus, die Verwaltung rechnete damit, für zwei Wochen ihre | |
Arbeit weitgehend einstellen zu müssen. Spezialist:innen arbeiten | |
seitdem an der Bekämpfung des Virus. Wer den Angriff initiierte, ist | |
unklar. | |
14 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Geheimdienstchefs-sprechen-ueber-Plaene/!5551239 | |
[2] /Verfassungsschutz-und-Coronaprotest/!5768937 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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