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# taz.de -- Spätis sorgen für das Wegebier: Stabile Versorgungslage
> Bier ist das Schmiermittel, das die Spätis am Laufen hält. Dabei trinkt
> man in Berlin immer noch am liebsten Pils. Das neue Ding aber ist Eistee.
Bild: Für jede*n etwas dabei: Alkoholvorräte in einem Berliner Späti
Berlin taz | In Spätis gibt es bekanntlich so gut wie alles für den
täglichen Bedarf, vor allem aber sehr viel Bier. Die Kühlschränke, in denen
der Bölkstoff verwahrt wird, sind in den meisten Spätis eindrucksvolle
Bier-Schaufenster. Es gibt so viele Sorten zur Auswahl, da können die
meisten Supermärkte nicht mithalten.
Bier ist das Schmiermittel, das die Spätis am Leben erhält. Egal, mit
welchem Späti-Betreiber man sich zum Beispiel in Friedrichshain unterhält,
alle sagen dasselbe: Nichts läuft so gut wie Bier.
Morgens steuern die ersten Alkis ihren Späti für den Gerstensaft an, ab dem
Nachmittag werden die Feierabendbiere verkauft und in der Nacht holen sich
hier die Ausgehwilligen ihre Wegbiere oder verlegen gleich ganz ihre Party
vor den Späti und trinken dort ein Bier nach dem anderen.
„Bier ist mit Sicherheit die stärkste Kategorie im Späti-Bereich“, sagt
auch Uwe Hölzer, CEO von Magaloop, einem Start-up, das eine App anbietet,
über die Kleinhändler ihre gewünschten Produkte direkt bei den Herstellern
ordern und so den Umweg über den Großhändler umgehen können. Über 1.000
Späti-Betreiber in Berlin würden seine App nutzen, gibt er an. Und mit den
Daten, die er über diese bekommen hat, konnte er mit seiner Firma einen
„Berliner Bier-Report“ erstellen, der erhebt, welche Biere in den hiesigen
Spätis am liebsten getrunken werden.
Ausgewertet wurden dazu die Bestellungen im Coronajahr 2020 und im ersten
Quartal des aktuellen Jahres. Eine Erkenntnis des Reports ist: Obwohl man
annehmen könnte, dass auch die Spätis von der Pandemie gebeutelt wurden, da
sie teilweise aufgrund des Lockdowns früher als üblich schließen mussten,
lief das Geschäft mit Bier gleichbleibend gut.
„Alles ist hier relativ stabil geblieben. Da zeigt sich, dass viele
Menschen auch während der Pandemie nochmal runter gegangen sind zu ihrem
Späti und sich hier ihr Fläschchen Bier geholt haben“, so Hölzer.
Im Durchschnitt verkauft ein Späti 1.100 Liter Bier im Monat, sagt er. Das
beliebteste Späti-Bier ist laut dem Bier-Report das Sternburger. Das
„Sterni“, das als billig aber trinkbar gilt, liegt damit knapp vor dem
Berliner Kindl.
Außerdem ist zu erfahren, dass der Berliner und die Berlinerin sich mit
großem Abstand am liebsten ein Pils im Späti holt, aber das vor allem in
Süddeutschland populäre Helle bekommt langsam immer größere Marktanteile in
Berlin. „Vor allem die bayerischen Biere werden immer stärker“, so Hölzer.
Das Augustiner aus München liegt hier ganz vorne. Alkoholfreies Bier, das
nur nebenbei, verkauft sich in Spätis übrigens fast gar nicht.
Am beliebtesten sind die bayerischen Biere, die deutlich teurer sind als
so ein Sterni oder ein Berliner Kindl, in den Bezirken Pankow,
Kreuzberg-Friedrichshain und Mitte, während vor allem im weniger hippen
Lichtenberg noch stärker die etwas billigeren Biere bevorzugt werden.
Wer also in exklusiveren Wohnlagen lebt, gönnt sich auch mehr beim
Späti-Bier.
Craft Beer, diese richtig speziellen Biere unabhängiger Brauereien, die in
den letzten Jahren so gehypt wurden und teilweise richtig viel kosten,
spielen in den Berliner Kiosken dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Ihr
Anteil liege bei unter 2 Prozent, so Hölzer.
Der dann noch sagt, Bier, klar, sei enorm wichtig für die Spätis. Aber das
neue Ding in diesen Läden sei der Eistee. Vor allem amerikanische Rapper
seien in diesem Markt tätig und drängten mit ihren Eigenmarken in die
Spätis. Auch der Berliner Rapper Capital Bra beispielsweise hat inzwischen
seinen Eistee in den Spätis lanciert.
Gerade sei er dabei, den nächsten „Berliner Bier-Report“ zu erstellen, so
Hölzer. Aber als nächstes könnte dann die erste Markterhebung zum Thema
Eistee in den Spätis folgen.
3 Aug 2021
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
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