# taz.de -- Gerechter Welthandel in der Pandemie: Umsatz fairer Produkte sinkt | |
> Geschlossene Läden, weniger Catering und Preisschlachten der Discounter | |
> lassen Umsätze sinken. Verkauf fairer Schokolade legt enorm zu. | |
Bild: Ausnahme: der Verkauf fair gehandelter Schokolade hat einen Sprung von 30… | |
BERLIN taz | Der Umsatz mit fair gehandelten Produkten ist im vergangenen | |
Jahr pandemiebedingt zum ersten Mal seit zehn Jahren zurückgegangen. Nach | |
Angaben des Forums Fairer Handel gaben Verbraucher:innen in Deutschland | |
2020 mit 1,8 Milliarden Euro 2,9 Prozent weniger für diese Waren aus als im | |
Vorjahr. Das Forum Fairer Handel ist ein Zusammenschluss von Unternehmen | |
und Organisationen, die sich für einen gerechten Welthandel einsetzen. Zu | |
den Mitgliedern gehören etwa BanaFair, Gepa, Naturland und der | |
Weltladen-Dachverband. | |
Als fair gelten Produkte, bei denen Erzeuger:innen unter anderem | |
existenzsichernd bezahlt werden und durch langfristige Verträge oder | |
Abnahmegarantien Sicherheit erhalten. So sollen sie vor den | |
[1][Schwankungen des Weltmarkts] geschützt werden. Fast 80 Prozent der fair | |
gehandelten Waren sind Lebensmittel, zu den übrigen gehören Textilien, | |
Keramik oder Schmuck. Verbraucher:innen können die Produkte in rund 900 | |
sogenannten Weltläden kaufen oder sie im konventionellen Handel am | |
fairtrade-Siegel erkennen. Der Umsatz der Weltläden sank zwar aufgrund | |
vorübergehender Schließungen um 13 Prozent. Trotzdem haben alle die | |
Coronakrise bislang überstanden, sagte Matthias Fiedler, Geschäftsführer | |
des Forums Fairer Handel. | |
Der Umsatzrückgang ist neben starken Einbrüchen im Außerhausverkauf etwa | |
beim Catering auf den stark gefallenen Absatz fair gehandelter Bananen | |
zurückzuführen. „Der Rückgang ist vor allem auf den Preiskampf bei großen | |
Discountern zurückzuführen“, sagte Fiedler. Billige Bananen gelten im | |
Handel als wichtige Lockangebote. Rabattschlachten strahlen auf den Fairen | |
Handel aus, weil sie Kund:innen suggerieren, dass die Waren zu | |
Niedrigstpreisen produzierbar sind – und Verbaucher:innen dann nicht | |
mehr bereit sind, angemessene Preise zu zahlen. Der Preiskampf um die | |
gelben Südfrüchte ist noch nicht vorbei: Im Juni hat der [2][Discounter | |
Netto fair gehandelte Bananen] aus dem Sortiment genommen. | |
Einen Sprung von mehr als 30 Prozent gemacht hat dagegen der Verkauf fair | |
gehandelter Schokolade. Auch der Absatz von [3][Kaffee] ist leicht | |
gestiegen. Der Marktanteil liegt nach wie vor bei 6 Prozent. „Das heißt | |
aber auch, dass weiterhin 90 Prozent unter prekären Bedingungen hergestellt | |
werden und die Erzeuger den Schwankungen des Welthandels ausgesetzt sind“, | |
sagte Fiedler. | |
## Bio ist nicht automatisch fair | |
Der faire Handel schaffe für Produzent:innen Sicherheit, etwa durch | |
garantierte Mindestpreise. Anders als konventionelle Unternehmen hätten die | |
des Fairen Handels in der Coronakrise keine Aufträge storniert oder Waren | |
ohne Bezahlung zurückgehen lassen, sondern Zusagen für Vorfinanzierungen | |
oder Warenabnahmen erfüllt. „Viele sind an die Schmerzgrenze gegangen, um | |
die globale Solidarität einzuhalten“, sagte er. Die Coronakrise habe die | |
Schieflage des Wirtschaftssystems sichtbar gemacht. „Diejenigen, die Preise | |
drücken und Aufträge stornieren, machen in der Krise Gewinne“, kritisierte | |
er. Dagegen hätten diejenigen, die sich der globalen Solidarität | |
verschrieben, Umsatzrückgänge und mit Glück gerade schwarze Zahlen zu | |
verzeichnen. | |
Der Marktanteil fair gehandelter Produkte lag vor der Coronakrise unter | |
einem Prozent. Da die großen Handelsketten in der Pandemie ihre Umsätze | |
gewaltig gesteigert haben, geht der Verband davon aus, dass der Marktanteil | |
gesunken ist. Zahlen dazu gibt es nicht. Gleichzeitig ist im vergangenen | |
Jahr der Absatz von Bio-Produkten stark gestiegen. Viele | |
Verbraucher:innen gehen davon aus, dass Bioprodukte automatisch auch | |
fair sind, sagte Andreas Fütterer, Vorstandsvorsitzende des Forums Fairer | |
Handel. Das ist aber nicht der Fall. | |
Das Forum Fairer Handel fordert von der nächsten Bundesregierung ein Verbot | |
von Dumpingpreisen, um die Erzeuger:innen zu schützen. „Das muss im | |
Koalitionsvertrag verankert werden“, sagte Fütterer. In Spanien zum | |
Beispiel gebe es bereits das Verbot für Unternehmen, Waren unterhalb der | |
Produktionskosten einzukaufen. | |
14 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Steigender-Umsatz-von-fairen-Produkten/!5607215 | |
[2] https://www.fairtrade-deutschland.de/service/newsroom/news/details/netto-li… | |
[3] /Kaffeeexperte-ueber-fairen-Handel/!5565347 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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