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# taz.de -- Claudia Roth über die Bundestagspolizei: „Die Herzkammer ist nic…
> Nach der taz-Recherche zu Rechtsextremismus bei der Bundestagspolizei
> fordert Vizepräsidentin Claudia Roth eine unabhängige Untersuchung.
Bild: Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth verlangt Transparenz
taz: Frau Roth, nachdem die [1][taz über Rechtsextremismus in der
Bundestagspolizei] berichtet hat, sind viele Abgeordnete beunruhigt. Was
sagen Sie ihnen: Sind sie im Parlament sicher?
Claudia Roth: Die beschriebenen Fälle müssen uns wirklich zu denken geben.
Wir sind die Herzkammer der Demokratie in diesem Land. Und deshalb muss bei
uns eine besondere Verantwortung herrschen. Aber diese Recherche zeigt:
auch unsere Herzkammer ist nicht immun.
Gerade mal 200 Stellen hat die Polizei im Bundestag. Da sollte es möglich
sein, die Personen sorgfältig auszuwählen und zu überprüfen.
Wenn Polizist*innen in Verdacht geraten, rechtsextrem zu sein, ist das
eine Gefahr, egal wo sie arbeiten. Aber im Bundestag darf es erst recht
nicht den Hauch eines Verdachts geben, dass Polizeibeamte, Mitarbeitende an
den Pforten oder im Besucherdienst verfassungsfeindliche Tendenzen haben.
Sie müssen überzeugte Demokratinnen und Demokraten sein. Wir brauchen jetzt
eine umfassende, verdachtsunabhängige Untersuchung. Man kann [2][nicht mehr
nur von Einzelfällen] sprechen.
Wer kann eine solche Untersuchung durchführen?
Ich plädiere für eine externe Untersuchung, eine unabhängige Studie. Das
ist wichtig, um Glaubwürdigkeit und Transparenz herzustellen. Und damit
einhergehen müssen Empfehlungen, welche Strukturen geändert werden sollten.
Es sind jetzt so viele Fragezeichen entstanden.
Wir müssen etwa klären, wie Leute überprüft werden, wenn sie beispielsweise
von der Arbeit in der AfD-Fraktion zurück in die Verwaltung wechseln. Auch
der Personalrat muss sich fragen lassen, warum er keine Notwendigkeit
sieht, dranzubleiben, wenn ihm rechtsradikale Sprüche geschildert werden.
Und Vorfälle müssen gemeldet werden können, ohne Angst vor Konsequenzen.
Ein unabhängiger Polizeibeauftragter ist überfällig.
Wurde das Problem mit Rechtsextremismus in den Reihen der Polizei
unterschätzt?
Ich will niemandem in der Verwaltung unterstellen, dass sie weggucken
würden, schon gar nicht dem Direktor des Bundestags und dem
Bundestagspräsidenten. Aber ich glaube, es wurde möglicherweise
unterschätzt. Es ist passiert, was insgesamt in Deutschland ein Problem
ist, wo auch [3][der Innenminister mauert]. Man redet von Einzelfällen und
verweigert sich einer umfassenden wissenschaftlichen Untersuchung. Ein
Hitlergruß ist kein Witz. Es kann nicht sein, dass Reichsbürger in der
Polizei arbeiten. Oder dass von Polizist*innen zu Querdenken-Demos
aufgerufen wird. Es ist jetzt allerhöchste Zeit: Wir müssen Transparenz
schaffen. Auch im Sinne aller Polizist*innen, die fest auf dem Boden
unseres Grundgesetzes stehen.
Die Bundestagspolizei untersteht dem Bundestagspräsidenten, aber sie ist in
der Hierarchie weit weg von der politischen Führung des Parlaments.
Es muss der Frage nachgegangen werden, ob die Durchlässigkeit von
Informationen gegeben ist. Es darf nicht sein, dass sich die
Bundestagspolizei womöglich verselbstständigt hat. An dieser Stelle passt
eine alte grüne Forderung: Die Bundestagspolizei braucht ein eigenes
Polizeigesetz. Sie arbeitet bisher auf Grundlage von Artikel 40, Absatz 2
des Grundgesetzes in Verbindung mit einer Dienstanweisung oder der
Hausordnung. Bislang fehlt eine gesetzliche Regelung, welche Aufgaben und
Befugnisse sie hat. Es müsste dann auch festgehalten werden, wie eine
mögliche Spezialeinheit aufgestellt ist.
Es scheint nicht mal klar zu sein, wie viele rechtsextreme Verdachtsfälle
es offiziell gab. Und alle wurden recht schnell zu den Akten gelegt. Gibt
es da ein Führungsproblem?
Die Polizeiführung muss sich in jedem Fall erklären. Es braucht eine
Kultur, wo Hinweisen selbstverständlich und intensiv nachgegangen wird.
Wenn Polizist*innen Angst vor Konsequenzen haben, weil sie
Verdachtsfälle melden, dann ist das auch ein Führungsproblem.
Wie sollten die einzelnen Polizist*innen agieren?
Wenn sich jemand menschenfeindlich äußert, dann muss man sich einmischen.
Nestbeschmutzer*innen sind nicht die, die Fehlverhalten melden,
sondern die mit den verfassungsfeindlichen Tendenzen. Es darf in unserem
Haus keine Kultur der Angst geben.
20 Jun 2021
## LINKS
[1] /Rechtsextreme-bei-der-Bundestagspolizei/!5777254
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[3] /Forscherin-ueber-Seehofers-Polizeistudie/!5757823
## AUTOREN
Kersten Augustin
Sebastian Erb
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