| # taz.de -- Sky-Serie „Domina“: Rom, wie es intrigiert und meuchelt | |
| > Die Sky-Serie „Domina“ will historischen Stoff jung und divers | |
| > aufbereiten. Das gelingt nur bedingt – ein paar Peitschenhiebe mehr | |
| > hätten gutgetan. | |
| Bild: Livia Drusilla (Kasia Smutniak) behält bei allen Intrigen den Überblick | |
| Blutig geht es zu [1][im alten Rom], reichlich gekotzt und gepisst wird | |
| auch, in freier Wildbahn und auf ansprechenden Latrinen, in und vor denen | |
| über Macht und Geld verhandelt wird, das bekanntlich nicht stinkt. Die | |
| Drastik, die [2][das neue Sky-Antikenspektakel „Domina“] in die TV-Arena | |
| bringt, bleibt dabei merkwürdig aufgesetzt. Als müsse, da man sich | |
| Massenszenen gespart hat, das Kammerintrigenspiel aufgelockert werden: etwa | |
| durch den Sklaven, der den Auftrag erhält, mit einem hölzernen Prügel das | |
| Gesicht eines Gemeuchelten dauerhaft unerkennbar zu machen. | |
| Gemordet wird eh viel; und man wird sagen müssen, dass hier im Gegensatz | |
| etwa zur heimischen Krimiproduktion auch mal mit Gründen abgestochen und | |
| vergiftet wird – politischen Gründen. „Domina“ spielt in der Epoche der | |
| sogenannten „Römischen Revolution“ (Ronald Syme), also der Zeit von Cäsars | |
| Machtergreifung bis zur Etablierung der Diktatur durch seinen Adoptivsohn | |
| Octavian, den späteren Augustus oder, wie er in der achtteiligen Serie | |
| genannt wird, schlicht Gaius. | |
| Ebendiese Ära stand schon mal im Mittelpunkt des Interesses einer | |
| britischen – unsere Römerinnen und Römer sprechen zumeist | |
| Upper-Class-Akzent mit reichlich Fuck-you-Zusatz – TV-Serie: „Ich, | |
| Claudius, Kaiser und Gott“ (1976) war in ganz ähnlichen pastelligen | |
| Brauntönen gehalten. Und der Gegenspieler des Gaius-Augustus, der | |
| zeitweilige zweitmächtigste Mann im Staat und Kleopatra-Liebhaber Marcus | |
| Antonius (Liam Garrigan), gemahnt mit seinem hübsch-versoffenen Äußeren | |
| schon sehr an Richard Burton aus dem Klassiker „Kleopatra“ (1963). | |
| Nichts Neues also auf dem Forum, außer eben, dass mit Livia Drusilla, der | |
| dritten Frau des Gaius, die Übermutter aller römischen Tugenden, Intrigen | |
| und Giftmischereien in den Mittelpunkt gestellt wird, um über diese | |
| Identifikationsfigur ein Publikum jenseits der üblich-männlichen | |
| Sandalenfilm-Audience zu gewinnen. | |
| ## Altrömisch-republikanische Werte | |
| Bereitwillig lässt sich das sehr junge Powermädchen Livia von ihrem Vater | |
| verheiraten, wird von ihrem ersten Ehemann vergewaltigt, beginnt eine | |
| Affäre mit dem zeitweilig starken Mann Sextus Pompeius, lässt ihre Kinder | |
| zunächst zurück, um Gaius heiraten zu können, und ermordet später seinen | |
| Neffen, um ihrem Sohn Tiberius die Nachfolge zu sichern. Alles eigentlich, | |
| um altrömisch-republikanische Werte hochzuhalten, die ihr Vater, der mit | |
| den Cäsarmördern nach Philippi ging und sich nach der Niederlage very roman | |
| in sein Schwert stürzte, ihr als geistiges Erbe hinterlassen hat. | |
| Livia wird, wie alle Hauptpersonen, ab der dritten Folgen altersgerecht neu | |
| besetzt. Während Nadia Parkes doch reichlich oft schlicht den sehr schönen | |
| Mund offenstehen lässt, um ihre Verwunderung über die Brutalowelt | |
| auszudrücken, in die sie hineingeraten ist, macht Kasia Smutniak ihre Sache | |
| ausdrucksstärker. | |
| Schauspielerisch ist überhaupt dieses seriöse internationale Niveau | |
| erreicht, [3][das deutsche Produktionen („Barbaren“ auf Netflix etwa) so | |
| konsequent vermissen lassen]. Und natürlich ist ein Plot, der wie blutig | |
| auch immer Politik, also Gespräche, Strategien und Interessen, in den | |
| Vordergrund rückt, grundsätzlich intelligenter als Abschlachtszenen aus | |
| Barbaristan, bei denen eh immer noch Stanley Kubrick („Spartacus“, 1960) | |
| und Ridley Scott („Gladiator“, 2000) die Maßstäbe setzen. | |
| Und wo wir bei Spartacus sind: Autor Simon Burke hat noch eine weitere | |
| Andockfigur geschaffen, Livias Schwarze Sklavin Antigone (Melodie | |
| Wakivuamina/Colette Dalal Tchantcho), die in der ersten Folge vom Vater mit | |
| dem römischen Bürgerrecht versehen und zu Livias unentbehrlicher Ratgeberin | |
| und Giftmischerin wird. | |
| Obwohl die Macherinnen (Regie Claire McCarthy und David Evans) also eine | |
| Menge treiben, um „Domina“ für ein junges und diverses Publikum attraktiv | |
| zu machen, funktioniert die Sache nicht so richtig, die Plotentwicklung ist | |
| schleppend, und zeitweise hängt man mehr bei Personeneinträgen auf | |
| Wikipedia rum, als die Serie zu gucken. Und da es sich ja aber um | |
| Unterhaltung drehen soll, ist das Urteil dann eben doch ganz altrömisch | |
| klar: Daumen runter. | |
| 7 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ambros Waibel | |
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