# taz.de -- Apple-Serie „Foundation“: Tolle Ausstattung, müde Handlung | |
> Die Verfilmung von Isaac Asimovs Science-Fiction-Triologie „Foundation“ | |
> ist öde. Dabei ist die theoretische und künstlerische Vorlage | |
> anspruchsvoll. | |
Bild: Diese Szene aus „Foundation“ zeigt die Überwältigungsästhetik in d… | |
„In der Wirklichkeit gibt es nur zwei Sorten von Theaterstücken, | |
diejenigen, die allen gefallen, und diejenigen, die niemandem gefallen.“ | |
Diesen Satz schrieb der Dramatiker Peter Hacks vor 52 Jahren dem Dramatiker | |
Heinar Kipphardt. Und da die Kunst vielleicht der einzige Bereich ist, in | |
dem es tatsächlich so etwas wie ewige Wahrheiten gibt, muss hier der | |
Kontext dieses Briefwechsels, der kein geringerer als die | |
Systemauseinandersetzung des 20. Jahrhunderts zwischen Ost und West, | |
zwischen realem Sozialismus und realem Kapitalismus ist, nicht weiter | |
beleuchtet werden. | |
„Foundation“ ist ein Fall aus der Kategorie „niemandem gefallen“. Und f… | |
Sie die ein oder andere Kritik lesen werden, die das anders sieht, dann | |
vergessen Sie bitte nicht: Gelangweilte Kritiker neigen dazu, das eigene | |
Gelangweiltsein aus Rache an das Publikum weiterzugeben. Sie schreiben dann | |
einem misslungenen Kunstwerk eine „Idee“ zu, um die es eigentlich ginge – | |
und nicht etwa um eine gelungene Abendunterhaltung –, und weichen auf | |
Nebenschauplätze wie Musik, Ausstattung und Kameraführung aus. Das ist dann | |
so, wie wenn man sagt, das Auto fährt zwar nicht, aber die Musikanlage ist | |
super. | |
Die Verfilmung von Isaac Asimovs berühmter Science-Fiction-Triologie ist | |
jedenfalls unfassbar öde, die Ausstattung ist toll, die Musik ist banal und | |
die Kameraführung dann auch schon egal. Das zentrale Missverständnis | |
beziehungsweise der bewusste Missgriff lässt sich an der Besetzung des | |
Kaisers des Galaktischen Imperiums mit Lee Pace festmachen, einem | |
wunderbaren Schauspieler, [1][der in der „Hobbit“-Verfilmung den] | |
herrischen Elbenkönig Thranduil verkörperte. | |
Asimovs Romanwerk über Aufstieg und Fall einer zukünftigen menschlichen | |
Zivilisation, die die gesamte Milchstraße besiedelt hat, wurzelt aber | |
gerade nicht im Fantasygenre, sondern auf der theoretischen Ebene im | |
klassischen Geschichtswerk „Verfall und Untergang des Römischen Imperiums“ | |
von Edward Gibbon, auf der künstlerischen Ebene im US-Hard-boiled-Roman. Es | |
handelt sich um „a book of real intellectual entertainment and adventure“, | |
wie ein früher Kritiker schrieb, um einen kühne Gedankenspiele | |
zelebrierenden, realistischen, hochspannenden SF-Kriminalroman. | |
## Unzumutbar und irrelevant | |
Letzteres lässt sich schon daran ablesen, dass die wackeren Raumfahrer – | |
zumeist, aber keineswegs immer Männer – sich nach Starten ihres Raumschiffs | |
als erstes eine Kippe anzünden: Asimovs „Foundation“-Romane wurden in | |
1940ern konzipiert und erschienen ab 1951. | |
Nun kann man selbstverständlich sagen: Das alles ist heute in weiten Teilen | |
so krebserregend, irrelevant und unzumutbar wie Historischer Materialismus | |
oder das ganze, weitestgehend unerfreuliche 20. Jahrhundert. Man kann das | |
Asimov’sche Werk entkernen, die männlichen Helden durch weibliche ersetzen, | |
[2][kann wunderbar divers besetzen], sich psychologisierende | |
Nebenhandlungen ausdenken, ein paar Monster aus der Höhle lassen und alles | |
mit ein wenig jugendfreiem Sex würzen; und man kann die Asimov-Fans mit der | |
ersten Folge (von neun) ködern. | |
Denn hier folgt die Handlung um den „Psychohistoriker“ Harry Seldon (Jared | |
Harris), der dem mathematisch von ihm nachgewiesenen Verfall des Imperiums | |
mit seinem „Seldon-Plan“ begegnen will, dem Buch noch relativ eng. In den | |
folgenden Episoden dominiert Überwältigungsästhetik, die quälend langsame | |
Dramaturgie kommt so wenig vom Fleck wie das Raumschiff der Seldon-Jünger, | |
die auf dem fernen Planten Terminus einen Keim der Zivilisation in einem | |
dem Untergang geweihten Imperium pflanzen wollen. | |
Da ist es dann tatsächlich wurscht, ob man Asimovs Werk kennt oder nicht: | |
Am Schluss fühlen sich alle so erschlagen wie die junge Mathematikerin Gaal | |
Dornick (Lou Llobel), die in einer Kapsel schlafend in die kalten Weiten | |
des Alls geschickt wird – nur vielleicht noch etwas müder. | |
26 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
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