| # taz.de -- Flüchtlinge in spanischer Exklave Ceuta: Unser Freund, der Despot | |
| > Die EU lässt Marokkos König mit seinen Machtspielen gewähren – weil sie | |
| > Rabat für die Abschottung ihrer Außengrenzen braucht. Sie macht sich | |
| > damit aufs Neue erpressbar. | |
| Bild: Ein spanischer Soldat beobachtet junge MarokkanerInnen, denen es gelang d… | |
| Flüchtlinge sind Verhandlungsmasse, nichts als Verhandlungsmasse. Das gilt | |
| für Marokko, die Türkei und Libyen. Wenn es um die Sicherung der | |
| europäischen Außengrenzen geht, verhandelt Brüssel mit Despoten und | |
| zweifelhaften Herrschern. Solange sie liefern – und uns die Armen dieser | |
| Welt vom Halse schaffen –, sind sie unsere Freunde. | |
| Auch am Dienstag, [1][nach Ausbruch der Flüchtlingskrise in Ceuta], der | |
| spanischen Exklave in Nordafrika, war viel von Freundschaft und | |
| Zusammenarbeit die Rede. Es galt, den marokkanischen Monarchen Mohammed VI. | |
| wieder zu beruhigen. | |
| Denn anstatt den Job zu machen, mit dem Europa ihn beauftragt hat, zeigt | |
| König Mohammed VI. gegenüber Spanien und Europa Muskeln. Es geht um die | |
| Westsahara, die Marokko seit 1975 besetzt hält – gegen alle Regeln der UN. | |
| Doch US-Präsident Donald Trump hat Marokkos Anspruch am Ende seiner | |
| Amtszeit unterstützt. Und seitdem reagiert Marokko aggressiv, wenn es um | |
| die Westsahara geht. | |
| Rabat brach [2][erst einen diplomatischen Streit mit Berlin vom Zaun], weil | |
| Angela Merkel Trump nicht folgte. Jetzt ist Madrid an der Reihe. Auch wenn | |
| Spanien Marokko nie offen kritisiert oder gar die unter der Besatzung | |
| leidenden Sahrauis offen verteidigt, will Madrid eine Lösung des Problems | |
| unter UN-Regie. | |
| Dass man dann auch noch den Chef der sahrauischen Exilregierung, Brahim | |
| Ghali, zur Behandlung in einem nordspanischen Krankenhaus einreisen ließ, | |
| brachte Mohammed VI. völlig in Rage. Er öffnete die Grenze nach Ceuta und | |
| verursacht damit eine Krise mit Spanien und der EU. | |
| In der durch die Pandemie hervorgerufenen wirtschaftlichen und sozialen | |
| Krise kommt Mohammed VI. dieser Konflikt innenpolitisch gerade recht. Die | |
| Bilder aus Ceuta – für viele Marokkaner ein durch „die ungläubigen Spanier | |
| besetztes Gebiet“ – schaffen den Schulterschluss und lassen die | |
| Unzufriedenheit vergessen. | |
| ## Kurswechsel nicht zu erwarten | |
| Von einem Despoten ist nichts anderes zu erwarten. Von der EU, die sich | |
| Menschen- und Bürgerrechte auf die Fahne schreibt, schon. Es drängt sich | |
| die Frage auf, warum sich die Union so leicht erpressbar macht. | |
| Ein Kurswechsel ist nicht zu erwarten. Kaum gingen die Bilder aus Ceuta um | |
| die Welt, redete niemand in Brüssel so richtig Klartext. Statt die | |
| Machtspiele aus Rabat zu verurteilen, war viel von der Freundschaft mit | |
| Marokko die Rede. Warum auch Mohammed VI. noch mehr verärgern? Wohin das | |
| führen kann, hat der Wächter einer anderen Außengrenze, „unser Freund“, … | |
| türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, vorgemacht. Mohammed VI. hat | |
| daraus gelernt. Die EU nicht. | |
| 18 May 2021 | |
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| Reiner Wandler | |
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