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# taz.de -- Gerichtshof für Menschenrechte: Freibrief für Entrechtung
> EGMR-Urteil bedeutet: Statt Schutzbedürftigkeit zu prüfen, bewegt man
> Flüchtlinge mit dem Knüppel zur Umkehr
Bild: Grenzzaun in Melilla: Um Asyl zu bekommen, muss man die Grenze ohne Einre…
„Heiße Abschiebung“ heißt es in Spanien, wenn Flüchtlinge und MigrantInn…
direkt nach dem Überklettern der Grenzzäune der Enklaven Ceuta und Melilla
an das marokkanische Militär übergeben werden – selbstredend, ohne vorher
einen Asylantrag stellen zu dürfen.
Aus gutem Grund waren solche unmittelbaren Kollektivabschiebungen in Europa
rechtlich tabu. Denn es ist in einer solchen Situation völlig unmöglich
festzustellen, ob jemand ein berechtigtes Interesse an Schutz hat oder
nicht.
Spanien und andere Länder setzen sich aber seit längerem immer konsequenter
über diese Konvention hinweg. Und am Donnerstag bekam das Land dafür
höchstrichterlichen Segen: Der [1][Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte] hat die Klage zweier Männer aus Westafrika abgewiesen, die
2014 auf diese Weise von Spanien nach Marokko zurückgeschickt worden waren.
Das Argument der RichterInnen: Sie hätten die „legalen Wege, um spanisches
Territorium zu erreichen, nicht genutzt“.
Das Urteil ist ein Freibrief für die [2][weitere Entrechtung von
Flüchtlingen] an den EU-Außengrenzen. Denn sei es an den Zäunen von
Melilla, [3][in den Wäldern von Bosnien], am griechisch-türkischen
Grenzfluss Evros oder auf dem Mittelmeer: „Legale Wege“ – die gibt es eben
nicht. Das ist das Problem.
## Ermutigung zur Knüppelpraxis
Wer Asyl will, hat keine andere Wahl, als sich in eine „unrechtmäßige
Situation“ zu bringen, jedenfalls juristisch gesehen. Um sein Recht geltend
zu machen, muss man die Grenze ohne Einreiseerlaubnis überqueren. Das ist
paradox. Aber an dieser Paradoxie tragen die Flüchtlinge keine Schuld. Es
ist an immer mehr Grenzen an den Rändern Europas heute eben nicht möglich,
einfach zum Wärterhäuschen zu gehen und freundlich um Einlass zum Zwecke
der Asyl-Antragstellung zu bitten.
Das Urteil wird von Staaten wie Kroatien, Bulgarien oder Griechenland
aufmerksam zur Kenntnis genommen werden. Sie werden es zweifellos als
Ermutigung ihrer Praxis verstehen, Flüchtlinge mit dem Knüppel zur Umkehr
zu bewegen, statt zu prüfen, ob sie Schutz brauchen.
14 Feb 2020
## LINKS
[1] /Handynummern-werden-weiter-registriert/!5661029
[2] /Gewalt-gegen-Fluechtlinge/!5659739
[3] /Fluechtlingslager-in-Bosnien/!5643703
## AUTOREN
Christian Jakob
## TAGS
Flüchtlinge
EU-Außengrenzen
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Schengen-Abkommen
Schwerpunkt Flucht
Migration
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Vorratsdatenspeicherung
EU-Grenzpolitik
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