# taz.de -- Handynummern werden weiter registriert: Kein Recht auf anonyme Anru… | |
> Die Klage eines Bürgerrechtlers gegen die vorsorgliche Speicherung von | |
> Prepaid-Nummern hatte keinen Erfolg. Er empfiehlt ausländische | |
> Prepaid-Karten. | |
Bild: Soviele Prepaidkarten fürs Mobiltelefon wie du willst, aber nur mit Pers… | |
BERLIN taz | Es gibt kein Recht auf anonyme Kommunikation. Der | |
Bürgerrechtler [1][Patrick Breyer] scheiterte jetzt am Europäischen | |
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg mit einer Klage gegen | |
die Registrierungspflicht für Prepaid-Karten bei Mobiltelefonen. | |
2018 gab es in Deutschland rund 50 Millionen Prepaid-Karten. In fast jedem | |
zweiten Mobiltelefon steckte eine vorab bezahlte SIM-Karte. Breyers Klage | |
hat also große Relevanz für Verbraucher und Telekom-Firmen. | |
Früher galten [2][Prepaid-Karten] als das schwarze Loch der | |
Telefonüberwachung. Kriminelle telefonierten am liebsten ohne festen | |
Mobilfunk-Vertrag, weil dann niemand die Nummer zu ihnen zurückführen | |
konnte. | |
Der Bundestag hat deshalb 2004 eine Registrierungspflicht für | |
Prepaid-Karten eingeführt. Händler, die solche Karten verkaufen, müssen | |
Namen und Adresse des Käufers sowie die vergebene Nummer registrieren. Seit | |
2017 müssen Händler dabei auch den Ausweis kontrollieren, damit keine | |
Phantasienamen und -Adressen mehr angegeben werden können. | |
## Doktorarbeit zu Vorratsdatenspeicherung | |
Der Jurist Patrick Breyer kämpft schon lange für das Recht auf anonyme | |
Kommunikation. Er hatte schon seine Doktorarbeit über die | |
Vorratsdatenspeicherung der Telefon- und Internet-Verbindungsdaten | |
geschrieben. Von 2012 bis 2017 saß er für die Piraten im Kieler Landtag. | |
Seit 2019 ist er Europaabgeordneter. | |
Gleich nach Einführung der Prepaid-Registrierung erhob Patrick Breyer mit | |
seinem Bruder Jonas Verfassungsbeschwerde, die aber 2012 abgelehnt wurde. | |
Das Fernmeldegeheimnis schütze nicht die Vertraulichkeit der eigenen | |
Telefonnummer; diese dürfe deshalb dem Anschluss-Inhaber zugeordnet werden, | |
so das Bundesverfassungsgericht im so genannten TKG-Beschluss. Auch die | |
vorsorgliche Erfassung der Daten aller Prepaid-Kunden hielten die Richter | |
für zulässig. | |
Breyer wollte das aber nicht akzeptieren, sondern ging nun nach Straßburg. | |
Nur anonym könne man furchtlos Beratungsstellen und Journalisten anrufen | |
oder staatskritische Aktivitäten organisieren. Die Registrierung von | |
Prepaid-Karten sei ohnehin wirkungslos, weil Kriminelle sich dann eben | |
solche Karten im Ausland besorgen. In den meisten EU-Staaten gebe es keine | |
Registrierungspflicht. | |
## Keine hochpersönlichen Daten | |
Doch nun hat auch der EGMR Breyer eine Abfuhr erteilt. Bei der | |
Registrierung von Prepaid-Nummern werden keine hochpersönlichen Daten | |
erfasst, so die Straßburger Richter, anders als etwa bei den | |
Telefonverbindungsdaten. Die Daten könnten auch nur von Strafverfolgungs- | |
und Sicherheitsbehörden abgerufen werden. | |
Die Speicherpflicht für Prepaid-Verträge verstoße daher nicht gegen das | |
Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Die Kammer-Entscheidung fiel mit sechs zu | |
einer Richterstimmen. Nur der Liechtensteiner Richter Carlo Ranzoni hielt | |
Breyers Klage für berechtigt. | |
Breyer reagierte enttäuscht. „Heute ist ein schwarzer Tag für Whistleblower | |
und Presseinformanten, politische Aktivisten und beratungssuchende Menschen | |
in Not, die ohne den Schutz der Anonymität oftmals verstummen.“ Er | |
empfiehlt jetzt, anonyme Prepaid-Karten zum Beispiel aus den Niederlanden | |
oder Dänemark zu nutzen. | |
30 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Pirat-ueber-Vorratsdatenspeicherung/!5201487 | |
[2] /Deutsche-Prepaid-Karten/!5238553 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Vorratsdatenspeicherung | |
Piraten | |
Mobilfunk | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Mobilfunk | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Flüchtlinge | |
Schwerpunkt Europawahl | |
SPD-Basis | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ein Hoch auf das Festnetz: Mutter aus Kalkutta | |
87 Prozent der 50- bis-69-Jährigen in Deutschland nutzen das Festnetz. | |
Nicht grundlos, weiß unser Autor. Es dient Müttern, Indern und zum | |
Handysuchen. | |
Erfolglose Vorratsdatenspeicherung: Lieber NSA als BND | |
Im Gegensatz zu deutschen Behörden kommuniziert die NSA recht transparent. | |
2019 stellte der Geheimdienst die Speicherung von Telefondaten ein. | |
Gerichtshof für Menschenrechte: Freibrief für Entrechtung | |
EGMR-Urteil bedeutet: Statt Schutzbedürftigkeit zu prüfen, bewegt man | |
Flüchtlinge mit dem Knüppel zur Umkehr | |
Piratenpartei bei der Europawahl: Wählt Piraten, aber nicht zu viele | |
Die Piratenpartei krebst nur noch herum. Doch ihr deutscher | |
Spitzenkandidat, Patrick Breyer, wird wohl ein Mandat bekommen. | |
Pirat über Vorratsdatenspeicherung: „Natürlich werden wir klagen“ | |
Der „AK Vorrat“ will die anlasslose Speicherung von Telefon- und | |
Internetdaten stoppen: mit Demos, der SPD-Basis und notfalls über Richter. | |
Piraten-Wahlkampf in Schleswig-Holstein: Der private Herr Breyer | |
Patrick Breyer kämpft seit Jahren für strengen Datenschutz – auch im | |
Wahlkampf bleiben Alter, Job und Familie Privatsache. Bald wird Breyer | |
Abgeordneter in Schleswig-Holstein. |