# taz.de -- Grüne Kanzlerkandidatin Baerbock: Sie kann die Sache groß machen | |
> Annalena Baerbock präsentierte sich wenig provokant. Aber als Kanzlerin | |
> müsste sie feministische Fragen ganz anders pushen als ihre Vorgängerin. | |
Bild: Die Grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock am Montag in Berlin | |
Sie schreibt grüne Geschichte: [1][Annalena Baerbock ist die erste grüne | |
Kanzlerkandidatin] und die jüngste aller KandidatInnen, die sich | |
hierzulande je zur Wahl gestellt haben. Am Montag um 11 Uhr lüftete ihr | |
Co-Chef Robert Habeck das in den vergangenen Monaten bestgehütete Geheimnis | |
der Partei. Es beginne „ein neues Kapitel für unsere Partei und, wenn wir | |
es gut machen, auch für unser Land“, sagte Baerbock in ihrer | |
Bewerbungsrede. | |
Eine andere als diese Entscheidung in der K-Frage wäre für die Grünen, die | |
seit ihrer Gründung auf die Frauenfrage pochen und dennoch vor allem ihre | |
Macker pushten, frauenpolitisch vernichtend gewesen. Habeck, der sich als | |
Feminist präsentiert – und wenn es darauf ankommt, doch nach vorn prescht | |
und gönnerhaft Stellvertreterinnen benennt? Nahezu unvorstellbar. | |
Und trotzdem: Die sicherere Bank wäre er wohl gewesen. Laschet, Söder, | |
Scholz und ein Schwiegermuttertraum dazu, fertig ist das Immergleiche. Eine | |
Frau hingegen, eine junge noch dazu, gilt in der bundesdeutschen Politik | |
noch immer als Wagnis. Die Referenzgröße ist der Mann, Abweichungen müssen | |
erklärt werden. | |
Das weiß Baerbock – und so hielt sie [2][ihre Rede]. Sie präsentierte sich | |
als Kandidatin für die Breite der Gesellschaft. Sie betonte ihre Rolle als | |
Mutter, als künftige Großmutter. Sie gab sich als mittige Versöhnerin und | |
Reala, die „Angebote“ machen will und auf Klima, Kitas, Schule, Pflege, | |
starke Wirtschaft und sozialen Zusammenhalt setzt. Frauenpolitik? | |
Fehlanzeige. Zu provokant, zu nischig scheint das, was die Hälfte der | |
Gesellschaft betrifft, an solch prominenter Stelle wie der Rede zur | |
Kanzlerinnenkandidatur noch immer zu sein. | |
## Vertreterin einer neuen und jungen Generation von Frauen | |
Dabei sind die Zeiten in dieser Hinsicht für Baerbock besser, als sie es | |
noch für Merkel waren, das ja. Aber noch immer müssen sich Frauen gegen | |
misogyne Muster wehren, noch immer wird es für manche so aussehen, als ob | |
sich da eine nehmen will, was ihr qua Geschlecht nicht zusteht: Macht. Doch | |
darin liegt auch eine Chance. Möglich, dass die Völkerrechtlerin, Klima- | |
und Umweltexpertin Baerbock nicht die mittelmäßige Nummer Sicher ist, die | |
Habeck gewesen wäre. Baerbock kann untergehen, klar – aber sie kann die | |
Sache auch groß machen. | |
Aus feministischer Perspektive ist dabei nun entscheidend, wie der | |
Wahlkampf aussieht, wie ihre Politik aussehen wird. Wen holt sie, wie | |
spricht sie, wie führt sie, wo setzt sie Schwerpunkte? Welche Rolle spielen | |
Parité, Gewaltschutz, [3][Equal Pay], Equal Pension, der Paragraf 219a? All | |
das sind Themen, zu denen sich Baerbock zumindest in der Vergangenheit klar | |
positionierte. | |
Angela Merkel hat Frauenfragen erst gegen Ende ihrer Karriere angesprochen, | |
und auch da nur punktuell. Als Vertreterin einer neuen und jungen | |
Generation von Frauen, als Feministin, als die sich Baerbock bisher recht | |
glaubhaft inszenierte, muss die neue potentielle Kanzlerin das anders | |
halten. | |
19 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Kanzlerkandidatur-der-Gruenen/!5767001 | |
[2] https://www.youtube.com/watch?v=t19BRdux_z4 | |
[3] /Finanzexpertin-ueber-Equal-Pay-in-Island/!5669832 | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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