# taz.de -- Sanktionen gegen Moskau: Zuckerbrot statt Peitsche | |
> Eine weitere Eskalation der Ukraine-Krise könnte schwere Folgen auch für | |
> EU-Staaten haben. Merkel und Macron müssen jetzt beschwichtigen. | |
Bild: Der ukrainische Präsident Selenski berät sich mit seinem Nationalen Sic… | |
Wer einen Partner zunächst als [1][Mörder] bezeichnet, ihn dann in einem | |
netten Telefonat zu einem Treffen einlädt und wenig später neue Sanktionen | |
verhängt, gerät in Gefahr, als unberechenbar zu gelten. Jedenfalls ist das | |
von US-Präsident Joe Biden ins Spiel gebrachte Gipfeltreffen mit dem | |
russischen Präsidenten Wladimir Putin durch diesen Zickzackkurs wohl in | |
weite Ferne gerückt. Und das ist schade. Denn die beiden könnten mit einem | |
Gipfeltreffen einen neuen Krieg in der Ukraine verhindern. | |
Am Freitag finden in Paris [2][Gespräche von Frankreichs Staatschef | |
Emmanuel Macron und Kanzlerin Angela Merkel mit dem ukrainischen | |
Präsidenten Wolodimir Selenski] statt. Bleibt nur zu hoffen, dass Merkel | |
und Macron, die mit Putin und Selenski gleichermaßen regelmäßig | |
konferieren, ein besseres Händchen haben. Gründe gibt es genug, warum die | |
Ukraine endlich höchste Priorität in der europäischen Politik haben sollte. | |
Einer dieser Gründe heißt Energodar. | |
Dieses Städtchen liegt gerade einmal 250 Kilometer von der Front bei Donezk | |
entfernt. Und dort steht [3][das größte Atomkraftwerk Europas]. Sollte der | |
Krieg neu aufflammen, werden wir das alle zu spüren bekommen, in Kiew, | |
Berlin, Paris und Moskau. Ein neuer Krieg in der Ukraine wird uns nicht nur | |
materiell teuer zu stehen kommen. Deswegen gilt jetzt, personell, | |
finanziell und politisch in eine Deeskalation der Situation in der Ukraine | |
zu investieren. | |
Sanktionen haben bekanntermaßen viel mit Bestrafen zu tun. Abgesehen von | |
der Fragestellung, ob Staaten, die zur Weltspitze bei Rüstungsexporten | |
gehören, überhaupt berechtigt sind, andere Staaten aufgrund von | |
Menschenrechtsverletzungen zu bestrafen, stellt sich auch die Frage, ob es | |
nicht besser wäre, statt mit Strafe mit Belohnungen zu arbeiten. | |
## An EU-Beitrittsverhandlungen führt kein Weg vorbei | |
Russland könnte man für einen Rückzug aus dem Donbass – und in einem | |
zweiten Schritt [4][aus der Krim] – mit einer Garantie für den Fertigbau | |
von [5][North Stream 2] belohnen. Die russischen Soldaten, die | |
Freiwilligen, Freischärler oder wie auch immer sie sich nennen mögen, | |
müssen den Donbass verlassen und internationalen Friedenstruppen die | |
Kontrolle übergeben. Das gilt in einem zweiten Schritt auch für die Krim, | |
die völkerrechtlich der Ukraine gehört. | |
Doch auch die Ukraine muss sich an die Vereinbarungen von Minsk halten, die | |
auch vom UNO-Sicherheitsrat unterstützt werden. Das bedeutet einen | |
Sonderstatus für den Donbass, eine Amnestieregelung und Wahlen in Donezk | |
und Luhansk. Die Ukraine, in der die Bevölkerung zusehends verarmt und in | |
der das Coronavirus jeden Tag über 400 Menschen das Leben nimmt, braucht | |
vor allem eines: wirtschaftliche Investitionen. | |
Dass das Land beim Impfen gegen das Coronavirus kaum Fortschritte macht, | |
liegt auch daran, dass die reichen europäischen Länder beim Impfen erst mal | |
an sich denken. Gleichzeitig muss der Ukraine eine zeitnahe Mitgliedschaft | |
in der EU angeboten werden. Wollen wir jetzt einen neuen Krieg in der | |
Ukraine verhindern, führt kein Weg an einer Intensivierung des | |
Verhandlungsprozesses vorbei unter der Leitung der OSZE. | |
16 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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