# taz.de -- Konflikt zwischen Ukraine und Russland: Auge um Auge, Diplomat um D… | |
> Russische Kriegsschiffe blockieren die ukrainische Hafenstadt Mariupol. | |
> Die Folge: eine Rochade von Diplomaten. Und Gesprächsversuche. | |
Bild: Auf der ukrainischen Seite: Katze mit Wachposten an der Front bei Donezk | |
Russlands Ankündigung, bis Oktober die Meerenge von Kertsch für alle | |
Schiffe anderer Nationen zu sperren, hat für eine Welle von Entrüstung in | |
der Ukraine und anderen Ländern geführt. Das sei ein „erneuter Versuch der | |
Russischen Union, unter Verletzung von Normen und Prinzipien des | |
internationalen Rechts die Souveränitätsrechte der Ukraine als | |
Anliegerstaat einzuschränken“, kommentierte das ukrainische | |
Außenministerium die Moskauer Entscheidung. | |
Mit dieser Position hat die Ukraine in der Tat das internationale Recht | |
hinter sich. Russland muss der Ukraine einen reibungslosen Zugang zu seinen | |
eigenen Häfen im Asowschen Meer gewähren. Das verlangt das internationale | |
Seerecht und das verlangt auch ein 2003 zwischen der Ukraine und Russland | |
geschlossener Vertrag über die gemeinsame Nutzung des Asowschen Meeres. | |
Die nun angekündigte Blockade faktisch des gesamten Asowschen Meeres, | |
[1][die Russland mit geplanten Militärmanövern begründet], ist nicht die | |
erste Blockade von Mariupol und anderen ukrainischen Städten am Asowschen | |
Meer. Seit dem [2][Bau der Brücke von der Krim nach Russland] bei der Stadt | |
Kertsch 2015 entscheidet Russland immer wieder eigenmächtig, wann welche | |
Schiffe in das Asowsche Meer einfahren dürfen. Für die Hafenstadt Mariupol, | |
die ihre metallurgischen Erzeugnisse vor allem über den Hafen in alle Welt | |
entsendet, eine wirtschaftliche Katastrophe. | |
„Die Piraten des Kreml haben das Asowsche Meer genau für den Zeitraum | |
gesperrt, in dem dieses schiffbar ist“, kommentiert der ukrainische | |
Politologe Viktor Taran auf dem Portal „gordonua.com“ das russische | |
Vorgehen. Diese Blockade sei ein Angriff auf die ukrainische Wirtschaft. | |
„Warum beginnt nun ein Aufmarsch zur See?“, fragt sich der Politologe. | |
„Weil unsere Armee zur See weit schwächer ist als auf dem Land.“ Die | |
Blockade sei ein Versuch, strategisch wichtige Objekte der ukrainischen | |
Wirtschaft, wie die Metallurgie und die Landwirtschaft, in die Knie zu | |
zwingen, so Taran. | |
## Abschnüren der Metallindustrie | |
Und als Folge der dadurch erzeugten wirtschaftlichen Probleme werde die | |
Proteststimmung im Land weiter zunehmen. „Russland wird die sozialen | |
Proteste in diesen Regionen für seine hybride Aggression nutzen“, | |
schlußfolgert Taran. | |
Unterdessen hat Russland die Entsendung von 15 Kriegsschiffen in das | |
Schwarze Meer angeordnet. Damit geht der zu Land begonnene Aufmarsch der | |
russischen Armee an der Grenze zur Ukraine nun auch zur See weiter. | |
Für Irritationen in Russland sorgt die ukrainische Beteiligung am | |
[3][diesjährigen Großmanöver „Defender Europe 2021]“, bei dem die | |
US-Streitkräfte mit europäischen Verbündeten für einen Krieg mit Russland | |
üben. Auch Großbritannien, berichtet die Ukrainska Prawda, will im Mai zwei | |
Kriegsschiffe in das Schwarze Meer entsenden. | |
Nach Angaben von Courtney Austrian von der US-Delegation bei der OSZE in | |
Wien, hat Russland zwischen 15.000 und 25.000 Soldaten in der Region | |
stationiert. Das ukrainische Portal „gordonua.com“ berichtet unter Berufung | |
auf ukrainische Geheimdienste von 89.000 russischen Militärs im grenznahen | |
Bereich. | |
## Diplomatischer Stellungskrieg | |
Nicht nur zu Land und zur See ist das jüngste Säbelrasseln | |
besorgniserregend. Auch auf dem diplomatischen Felde werden die schärfsten | |
Register gezogen. Am Samstag wurde in St. Petersburg Alexander Sosonjuk, | |
Konsul des ukrainischen Generalkonsulates in St. Petersburg, für mehrere | |
Stunden vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB festgenommen. | |
Der Diplomat soll von einem russischen Staatsbürger nicht für die | |
Öffentlichkeit bestimmte Informationen aus einer Datenbank der | |
Rechtsschutzorgane und des FSB entgegengenommen haben. Noch am gleichen Tag | |
wurde Sosonjuk von den russischen Behörden zur Ausreise aufgefordert. | |
Im Gegenzug forderte auch die Ukraine einen hohen Mitarbeiter der | |
russischen Botschaft in Kiew zur Ausreise auf. Zuvor hatte Russland fünf | |
polnische Diplomaten des Landes verwiesen, weil Polen drei russische | |
Diplomaten zu „personae non gratae“ erklärt hatte, berichtet das | |
ukrainische Portal „gordonua.com“. | |
Als Reaktion auf die Ausweisung von zehn russischen Diplomaten aus den USA | |
müssen zehn US-amerikanische Diplomaten Russland verlassen. Außerdem hat | |
Russlands Außenminister Lawrow dem US-Botschafter John Sullivan | |
vorgeschlagen, zu Konsultationen nach Washington zurückzukehren. Ein | |
ungewöhnlicher Vorgang in der Diplomatie. | |
## Mit Frankreichs Hilfe | |
Am Freitag hatte der ukrainische Präsident Wolodimir [4][Selenski in Paris | |
mit Emmanuel Macron konferiert]. An diesem Gespräch hatte sich zeitweise | |
auch Angela Merkel per Videoschalte beteiligt. Mit diesem Besuch machte der | |
ukrainische Präsident deutlich, wie wichtig ihm ein Vorankommen im | |
Verhandlungsprozess um den Donbass und die Krim ist, betonte gleichzeitig | |
auch, dass er sehr auf die Unterstützung Frankreichs für eine | |
Mitgliedschaft in EU und NATO setze. | |
Darauf reagierte der Gastgeber ausweichend, sagte aber zu, direkt mit | |
Präsident Putin zu sprechen, um den Stillstand im Verhandlungsprozess zu | |
beenden. Zuvor hatte sich Selenski beklagt, Putin habe einen Anruf von ihm | |
nicht einmal angenommen. | |
Am Montag werden Vertreter der vier Staaten des Normandie-Formates, | |
Deutschland, Frankreich, der Ukraine und Russland, über einen neuen Plan | |
für die friedliche Beilegung des Donbass-Konflikts sprechen, der aus | |
mehreren „Clustern“ zur Befriedung des Donbass besteht. Bisher, so Leonid | |
Krawtschuk, Chef der ukrainischen Delegation bei den trilateralen | |
Gesprächen zur Beilegung des Donbass-Konfliktes in Minsk, habe Russland | |
sich geweigert, diesen Plan zu diskutieren. | |
Unterdessen hat die [5][US-Botschaft auf ihrem Portal einen Security Alert | |
für ihre Staatsbürger] veröffentlicht, in dem diese erneut vor Reisen auf | |
die Krim oder den östlichen Teil der Gebiete von Donezk und Luhansk gewarnt | |
werden. Einen ähnlichen Hinweis hatten die USA in Armenien und | |
Aserbaidschan auch kurz vor Ausbruch des Karabach-Krieges im September 2020 | |
veröffentlicht. | |
18 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Defender-Europe_20 | |
[2] /Konflikt-auf-dem-Asowschen-Meer/!5554051 | |
[3] https://www.jungewelt.de/artikel/399621.gro%C3%9Fman%C3%B6ver-neuer-fokus-s… | |
[4] /Konflikt-in-der-Ostukraine/!5760656 | |
[5] https://ua.usembassy.gov/security-alert-u-s-embassy-kyiv-ukraine-3/ | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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