# taz.de -- Beziehungen zwischen EU und Russland: Keine neuen Sanktionen | |
> Die EU-Außenminister haben über Moskaus Aufmarsch an der Grenze zur | |
> Ukraine beraten. Sie warnen vor einer weiteren Eskalation. | |
Bild: Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell (M.) vor einem Treffen der Außenm… | |
Brüssel/Moskau taz | Die EU-Außenminister haben Russland zum Rückzug der | |
Truppen an der ukrainischen Grenze aufgefordert, jedoch nicht mit neuen | |
Sanktionen gedroht. Die Verhängung neuer Strafen stehe derzeit nicht zur | |
Debatte, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag in Brüssel | |
nach einer Videokonferenz mit den Chefdiplomaten der 27 EU-Länder. Der | |
russische Militäraufmarsch sei „sehr besorgniserregend“, erklärte Borrell. | |
Mit mehr als 100.000 Soldaten, Panzern, Feldlazaretten und anderem | |
kriegsfähigem Material sei dies die größte Mobilisierung an der | |
ukrainischen Grenze „aller Zeiten“. Die Gefahr einer weiteren Eskalation | |
sei offensichtlich. | |
Die Schuld gab Borrell [1][ausschließlich Russland]. Gleichzeitig | |
bekräftigte er das Bekenntnis der EU zu Souveränität und territorialer | |
Integrität der Ukraine. Auf die Forderung aus Kiew nach einem raschen | |
EU-Beitritt ging er nicht ein. | |
Auch Außenminister Heiko Maas rief Moskau zu Zurückhaltung und Deeskalation | |
auf. „Noch besteht die Chance, dass Russland seine selbst eingegangenen | |
Verpflichtungen zur Truppentransparenz respektiert“, sagte der | |
SPD-Politiker. „Moskau sollte von Provokation auf Kooperation umschalten.“ | |
Mit Frankreich setze sich Deutschland weiter für die vollständige Umsetzung | |
des Minsker Abkommens für eine Friedenslösung in der Ostukraine ein, so | |
Maas. Er sei auch für baldige Gespräche im sogenannten Normandie-Format, | |
bei dem Berlin, Paris, Kiew und Moskau an einem Tisch sitzen. | |
## Wiedereingliederung des Donbass | |
[2][Kiew ist jedoch von „Minsk“ abgerückt]. In einem Dekret, das Präsident | |
Selenski am 24. März erlassen hat, ist sogar von der Wiedereingliederung | |
des Donbass und der Krim die Rede. Maas ging darauf nicht ein. | |
Stattdessen lobte er die „besonnene“ Reaktion der Regierung in Kiew auf die | |
„Provokationen“ aus Moskau. Zudem setzte er sich für eine Kontrolle des | |
russischen Aufmarschs durch die Organisation für Sicherheit und | |
Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ein. Moskau hat diese bisher verweigert. | |
Auch das Schicksal des inhaftierten Kremlkritikers Alexei Nawalny stand am | |
Montag in Brüssel auf der Tagesordnung. Russlands föderaler Dienst zur | |
Strafausführung (FSIN) soll zugestimmt haben, Nawalny in ein | |
Häftlingskrankenhaus im Gebiet Wladimir zu verlegen. Dieses befindet sich | |
in der Kolonie IK-3, einige Kilometer von der Kolonie in Pokrow entfernt, | |
wo sich Nawalny bislang aufhält. | |
Der Oppositionelle befindet sich seit dem 31. März im Hungerstreik. Die | |
Gefängnisverwaltung hatte sich geweigert, Vertrauensärzte des Häftlings zum | |
Patienten trotz Rechtsanspruchs vorzulassen. Am Montag bescheinigte die | |
Kommission, der Gesundheitszustand des 44-Jährigen sei zufriedenstellend. | |
Darüber hinaus werde er täglich von einem Arzt untersucht. | |
## Herzstillstand nicht ausgeschlossen | |
Mediziner im Umfeld des Inhaftierten sehen Nawalnys gesundheitliche | |
Verfassung jedoch kritischer. Jaroslaw Aschichmin ist Herzspezialist und | |
gehört zum Ärzteteam Nawlnys. Er wies auf die kritischen Kaliumwerte hin, | |
die zu Herzstillstand und Tod während einer Herzrhythmusstörung führen | |
könnten. Ähnliche Komplikationen nannte auch Anastasia Wassiljewa, die | |
Vorsitzende der Gewerkschaft der „Ärzteallianz“. Sie sprach von kritischen | |
Werten, die auf Nierenkomplikationen verwiesen. | |
Auch Ljubow Sobol, eine Mitstreiterin des Nawalny-Teams, gab zu bedenken: | |
„Wir wissen nicht, was mit ihm über das Wochenende passiert ist, weil ihn | |
die Anwälte nicht besuchen dürfen. Ich denke sein Zustand ist wirklich sehr | |
kritisch.“ Zurzeit wird Nawalny eine Vitamintherapie verabreicht, der er | |
zugestimmt haben soll. | |
Wladimir Putins Pressechef, Dmitrij Peskow, behauptete, über den | |
Gesundheitszustand Nawalnys nicht im Bilde zu sein. „Ich habe keine | |
Informationen.“ Hinweise auf einen kritischen Zustand könne er nicht | |
bestätigen. | |
Derweil bereitet sich Putin auf die Rede zur Lage der Nation am Mittwoch | |
vor. „Das ist wichtig für alle unsere Vorhaben, für unser ganzes Land“, so | |
Peskow. Für denselben Tag hat die Opposition landesweit zu Protesten | |
aufgerufen. Russlands Sicherheitsorgane würden sich im Rahmen des Gesetzes | |
unerlaubter Aktionen annehmen, hieß es aus dem Kreml. | |
19 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
Klaus-Helge Donath | |
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