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# taz.de -- Clubs sind Kulturstätten: Raus aus der Schmuddelecke
> Der Bundestag hat beschlossen, dass Musikclubs baurechtlich als
> Kulturstätten gelten. Die Clubkultur kann so besser vor Verdrängung
> geschützt werden.
Bild: Am Berghain in Berlin, vor Schließung der Kunstausstellung am 1.11.2020
Für die Clubs der Republik war es ein Tag zum Feiern: Am Freitag hat der
Bundestag beschlossen, dass Musikclubs fortan baurechtlich als
Kulturstätten anerkannt werden. In der Baunutzungsverordnung, die
bundesweit die Bebauung von Grundstücken regelt, werden Clubs und
Livespielstätten nun als „Anlagen für kulturelle Zwecke“ eingestuft – u…
nicht wie bisher als „Vergnügungsstätten“.
Das bedeutet, dass sie mit Theatern, Opern, Museen und Konzerthäusern
gleichgesetzt – und damit rechtlich bessergestellt – werden. Das Berghain
gilt dann genauso als Kulturort wie die Philharmonie. Aufgrund der
Neuregelung können bestehende Veranstaltungsorte nicht mehr so leicht
verdrängt werden, neue Clubs haben zum Beispiel auch Chancen, in
Wohngebieten eröffnen zu können.
„Mit dieser Entscheidung wird endlich anerkannt, welchen Wert Clubkultur
für die Gesellschaft und die Stadtentwicklung hat. Wir können jetzt auch
ganz anders argumentieren, wenn ein Club einem Bauvorhaben weichen oder ein
neuer Standort für einen Veranstaltungsort gefunden werden soll“, sagt
[1][Pamela Schobeß, Vorständin der Clubcommission (Verband der Berliner
Clubkultur)] der taz. „Die Gesetzesänderung wird der Verödung von
Stadtzentren und Innenstädten entgegenwirken.“
Gerade [2][in Städten wie Berlin und Hamburg] fürchtete die Musikszene,
dass Clubs und subkulturelle Orte nach und nach aus dem Zentrum verdrängt
werden könnten.
## Bislang wie Bordelle
Bislang waren Musikclubs als „Vergnügungsstätten“ klassifiziert (wie
Spielhallen oder Bordelle). Baurechtlich sind sie daher bis heute nur in
Kerngebieten sicher zulässig, in reinen Wohngebieten und Industriegebieten
dagegen nicht. Die Gesetzesnovelle wurde möglich, weil sich im Frühjahr
2020 ein Parlamentarisches Forum Clubkultur (mit Mitgliedern von Grünen,
SPD, FDP, Linken und CDU) gegründet hatte.
Im Juli vergangenen Jahres hatte sich das Bündnis mit dem Anliegen an
Bauminister Horst Seehofer (CSU) gewandt, am Mittwoch vergangener Woche
wurde der Antrag im Bauausschuss dann fast einstimmig beschlossen, am
Freitag im Bundestag bestätigt. Caren Lay (Linke), Mitglied des
Parlamentarischen Forums Clubkultur, nannte die Novelle einen „Meilenstein,
um die bedrohte Clubkultur zu retten“ und aus der „Schmuddelecke“
herauszuholen.
Im Bundesland Berlin war schon im November 2020 etwas in Bewegung geraten,
als das Abgeordnetenhaus Clubs als Kulturstätten anerkannte – ein Beispiel,
dem das Land Bremen vergangene Woche folgte. In Berlin konnte man auf diese
Weise etwa sicherstellen, dass Clubs bei der Schalldämmung weiter
unterstützt werden (mit einem Lärmschutzfonds) und dass sie bei Bauvorhaben
berücksichtigt werden.
Aber das Bauplanungsrecht ist Bundesrecht, erst mit der nun beschlossenen
Änderung gibt es den entscheidenden Hebel, um Clubkultur wirksam zu
schützen. In der Post-Corona-Zeit wird die Gesellschaft solche Kulturorte
dringend brauchen.
9 May 2021
## LINKS
[1] /Clubcommission-Vorsitzende-im-Interview/!5754701
[2] /Anerkennung-von-Clubs-als-Kulturstaetten/!5765469
## AUTOREN
Jens Uthoff
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