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# taz.de -- Anerkennung von Clubs als Kulturstätten: Mehr als Schweiß und Dri…
> Bremens Regierungsparteien wollen, dass Clubs als Kulturstätten anerkannt
> werden. Das könnte die Clubs vor Verdrängung schützen.
Bild: Gähnende Leere seit einem Jahr: Die Tanzfläche der Lila Eule in Bremen
Bremen taz | Die Zukunft der Clubs steht heute auf der Tagesordnung der
Bremer Bürgerschaft. Grüne, Linke und SPD hatten schon vor Monaten eine
Antrag eingereicht, in dem Sie die Anerkennung von Musikclubs als
Kulturorte fordern – und die damit verbundene Förderung.
Musikclubs gelten in Bremen und nahezu allen anderen Bundesländern momentan
als sogenannte Vergnügungsstätten. Sie werden damit beim Baurecht bewertet
wie Spielhallen, Wettbüros oder Bordelle. Das kann für einen Club oft ein
schnelles Aus bedeuten, wenn beispielsweise auf dem Nachbargrundstück ein
Wohngebiet entstehen soll. Gibt es dann Beschwerden über Lärm, muss der
etablierte Club als Vergnügungsstätte den Lärmschutz selber zahlen oder
dichtmachen.
Um das zu verhindern, fordern Grüne, Linke und SPD der Bremer Bürgerschaft
nun, die Clubs in Bremen als Kulturstätten anzuerkennen. Als Kulturstätten
wären Clubs weniger leicht zu verdrängen. „Die momentane Einordnung von
Clubs in die Baunutzungsverordnung als Vergnügungsstätten erschwert auch
die Neuansiedlung von Clubs“, sagt Victor Frei, Leiter der Geschäftsstelle
bei Clubverstärker Bremen, ein Verbund von Musikspielstätten und Festivals
aus Bremen, Oldenburg und dem Bremer Umland. „Bisher geht immer alles nur
mit Ausnahmegenehmigungen.“ Eine Einordnung in der Baunutzungsverordnung
als Kulturstätte hätte große Vorteile, sagt er.
[1][Berlin legte letztes Jahr vor:] Im November 2020 fasste die
rot-rot-grüne Regierungskoalition den Beschluss, Clubs und
Livemusik-Locations nicht mehr als Vergnügungs-, sondern als Kulturstätten
anzuerkennen. „Es ist enorm wichtig, dass die Clubs Anerkennung dafür
bekommen, dass sie Kultur machen“, sagt Frei. „Der Antrieb der Betreiber
ist die kulturelle Arbeit und nicht das rein Wirtschaftliche.“
Die Antragssteller*innen der Regierungsfraktionen betonen noch eine
andere wichtige Funktion: Viele Musikclubs in Bremen seien auch
zivilgesellschaftlich aktiv und setzten sich für Antifaschismus und
Antidiskriminierung im Allgemeinen ein. „Sie bilden somit auch wichtige
Schutz-und Identifikationsorte für Personen, die in der
Mehrheitsgesellschaft von Diskriminierung betroffen sind“, heißt es in dem
Antrag.
Berlin ist das erste und bisher einzige Bundesland, das Clubs als
Kulturstätten einschätzt, diskutiert wird die idee aber auch anderswo..
Sollte Bremen heute als zweites Bundesland folgen,,würde damit ein
wichtiges Zeichen gesetzt, sagt Kai Wargalla, kulturpolitische Sprecherin
der Bremer Grünen. „Momentan werden die Belange von Clubs hier im
Wirtschaftsressort besprochen und gar nicht im Kulturressort“, sagt sie.
Das müsse sich ändern. „Wir wollen uns endlich auch kulturpolitisch über
die Clubs unterhalten.“
Bremen und Berlin würden damit eine Richtung vorgeben, die sich die ganze
Clubszene in Deutschland wünschen würde. Auf Bundesebene hat sich nämlich
bisher wenig getan. Ein parteienübergreifendes „Parlamentsforum Clubkultur“
versucht seit einiger Zeit vergebens, Innenminister Horst Seehofer (CSU)
dazu zu bewegen, bei der sogenannten Baunutzungsverordnung Änderungen
vorzunehmen.
Bis das geschehen ist, mag eine solche Entscheidung auf Landesebene zwar
für Freude sorgen, bleibt aber gegebenenfalls symbolisch. Denn sollte es zu
rechtlichen Auseinandersetzungen kommen, etwa mit Anwohner*innen oder
Investor*innen, könnte die Baunutzungsverordnung die Einstufung als
Kulturstätte auf Landesebene womöglich stechen: Nach der Bundesregelung
gelten Clubs nach wie vor als Vergnügungsstätten.
## Bundesweite Anerkennung gefordert
Gemeinsam mit Berlin will man in Bremen darum auch eine bundesweite
Anerkennung fordern, sagt Wargalla. „Es ist aber auch schon mal gut, wenn
wir als Bundesland ein Zeichen setzen.“
Momentan haben die Clubs noch andere Probleme. „Die Clubs sind jetzt zu
Corona natürlich sehr betroffen“, sagt Wargalla. „Sie mussten als Erstes
schließen und werden als Letzte aufmachen dürfen.“ Viele würden auch in
Bremen um ihre Existenz bangen. „Wir wollen mit der Anerkennung für
hinterher bessere Perspektiven schaffen“, so Wargalla.
Wenn sie denn kommt, die Anerkennung: Bereits drei Mal wurde die Debatte
über den Antrag der Parteien in der Bremer Bürgerschaft jetzt schon
verschoben. Ob es eine Entscheidung geben wird, bleibt auch für den 6. Mai
noch unklar.
6 May 2021
## LINKS
[1] /Berliner-Clubszene/!5727462
## AUTOREN
Mahé Crüsemann
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