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# taz.de -- Konzertschuppen in der Pandemie: Klubs wollen Anerkennung
> Die Hamburger Politik stärkt Klubs mit Fördergeldern – rechtlich stehen
> sie aber immer noch nicht auf einer Stufe mit Theatern und der Elphi.
Bild: Muss der neuen Sternbrücke weichen: Astra Stube
Hamburg taz | Klubsterben in der Beatlesstadt? Seit Jahren wabert dank
Gentrifizierung, Auflagenerhöhung und Mietexplosionen dieses Gespenst durch
Hamburg. Aktuell scheint es, dass die Politik in einem langen Prozess des
Hin und Her entschieden hat, die Klubs als Kultur anzuerkennen und ihre
Zukunft langfristig zu sichern – zumindest mit einzelnen Vorhaben.
Als gäbe es die Pandemie und ihre unklaren Folgen nicht, steckte der
Hamburger Senat mit seinen Fraktionen von SPD und Grünen in den vergangenen
Wochen zwei Vorhaben ab, die Hamburgs Klubszene langfristig stärken und
sichern sollen.
Da war, urplötzlich, eine gangbare Lösung für die seit Jahren [1][vom Aus
bedrohten Klubs] an der zwischen Schanzenviertel und Altona gelegenen
Sternbrücke gefunden. Im Zuge des anstehenden Abrisses der Brücke verlieren
die „Astra Stube“, das „Waagenbau“, das „Fundbureau“ und die „Beat
Boutique“ ihre Räumlichkeiten in den Kasematten der alten
Stahlkonstruktion.
Lange Zeit war unklar, ob mit der Brücke auch vier Klubs auf einen Streich
aus der Hamburger Klublandschaft verschwinden würden. Nun ist klar: Ein
mehrstöckiges Klubhaus, direkt nebenan auf städtischem Grund, soll
entstehen. „Uns Grünen ist es wichtig, dass diese über Jahrzehnte
gewachsene Klubszene weiterhin pulsieren kann“, sagte der kulturpolitischer
Sprecher der Partei in der Bürgerschaft, René Gögge. Hamburgs Kultursenator
Carsten Brosda (SPD) pries das Vorhaben als eine „langfristige Sicherung
der Klubs“.
## Stadt bezahlt die Miete
Und dann brachten Grüne und SPD auch noch einen [2][Antrag in die
Bürgerschaft] ein, mit dem dem Live-Klub „Molotow“ auf St. Pauli
langfristig geholfen werden soll. Der Klub befand sich lange Jahre in den
„Esso-Häusern“. Nach dem Abriss des Gebäudekomplexes soll das Molotow in
dem dort entstehenden Neubau wieder seine Heimat finden.
Weil die Kosten dafür aber hoch werden, macht die Stadt einen
Millionenbetrag frei und kümmert sich auch noch um eine vergleichsweise
moderate Miete in den nächsten 25 Jahren. Auch ihnen, so schreiben die
Politiker:innen in dem Antrag, sei der Erhalt der Klubkultur ein
„wichtiges Anliegen“.
Dieses Anliegen hat, klar, auch ökonomische Gründe. Die Hamburger
Klubkultur ist auch eine Frage des Stadtmarketings, sie ist Bestandteil der
„Marke Hamburg“. Schätzungsweise 20.000 Musikveranstaltungen gibt es pro
Jahr, die Umsatz generieren. Selbst das Clubkombinat, der Zusammenschluss
der Hamburger Klubbetreibenden, verweist regelmäßig darauf, dass sie fernab
der kulturellen Bedeutung auch ökonomisch für die Stadt wichtig sind.
Alles gut also trotz Corona? Dafür spricht, dass die [3][Hilferufe der
Hamburger Klubs] in den letzten Wochen und Monaten ein wenig abgeklungen
sind. „Den meisten von ihnen bleibt nicht mehr lange Zeit“, sorgte sich das
Hamburger Clubkombinat Mitte März 2020, als die Klubbetreibenden die Türen
erstmals schließen mussten.
Doch dann spannte Kultursenator Carsten Brosda kurzerhand einen
Coronarettungsschirm über die Musikklubs. Andere Hilfen des Bundes kamen
später hinzu. Das befürchtete, von der Pandemie ausgelöste Klubsterben
blieb – vorerst – aus.
## Klubs als soziale Orte
Doch ein Blick in die Zeit vor Corona zeigt, dass der Kampf der Klubs um
ihre Anerkennung als Stätten der Kultur längst nicht beendet ist. Trotz der
finanziellen Förderung durch die Stadt war die Selbstdiagnose der Klubs
schon vor der Pandemie kaum optimistisch. So überreichte das Clubkombinat
dem Hamburger Senat im vergangenen Januar eine Petition mit Forderungen,
wie den Klubs zu helfen sei. Darin stand: „Es geht um den
gesellschaftlichen Wert von Musikclubs als soziale und kulturelle Orte.“
Sollte die Pandemie eines Tages vorbei sein, geht der Kampf um Anerkennung
weiter. Denn ob die Förderung von Molotow und Sternbrücke schon ein erster
Schritt hin zu einer politische Anerkennung der Klubkultur ist, bleibt
vorerst offen.
Von einer gesetzlichen Anerkennung [4][der Klubs als Kulturgut], so wie es
der Rot-Rot-Grüne Berliner Senat Ende letzten Jahres beschlossen hatte, ist
Hamburg jedenfalls noch entfernt. In Berlin gelten Klubs seit November ganz
offiziell als Kulturstätten; sie sind nicht mehr Bordellen und Spielhallen,
sondern Theatern gleichgestellt.
Die Klubs der Hauptstadt erhoffen sich davon ganz praktische
Erleichterungen: Sie dürfen jetzt auch in Wohngebieten betrieben werden,
und kommt ein neuer Nachbar daher und beschwert sich über den Lärm, muss
der den Lärmschutz bezahlen und nicht der Klub.
In Berlin sollen die Klubs so vor Verdrängung geschützt werden – ob das
reicht, ist allerdings die Frage. Noch fehlt eine bundesweite Anerkennung
der Klubs als Kulturstätten. Zuständig dafür wäre das Innenministerium von
Horst Seehofer. Als besonderer Freund der Klubkultur ist der CSU-Politiker
bisher nicht aufgefallen.
Mehr über Klubs in der Pandemie lesen Sie in der aktuellen Wochenendausgabe
der taz nord oder [5][am E-Kiosk].
22 Jan 2021
## LINKS
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## AUTOREN
André Zuschlag
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