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# taz.de -- Ermittlungen gegen Polizisten: Munitionsklau in Sachsen
> Mehr als 7.000 Patronen sollen Polizisten in Sachsen entwendet haben. Sie
> landeten bei einem Schießplatzbetreiber, bekannt aus der
> Nordkreuz-Affäre.
Bild: Mindestens 7.000 Patronen sollen Polizeibeamte in Sachsen 2018 entwendet …
Leipzig/Berlin taz | Pistolenmunition, Maschinenpistolenmunition,
Sturmgewehrmunition: Mindestens 7.000 Schuss sollen Beamte der sächsischen
Polizei im November 2018 entwendet haben. Beschuldigt werden insgesamt 17
Beamte des Mobilen Einsatzkommando (MEK) Dresden, einer Spezialeinheit des
Landeskriminalamtes. Vier von ihnen werden Diebstahl, Verstöße gegen das
Waffengesetz und Bestechlichkeit vorgeworfen, 13 Weiteren die Beihilfe zum
Diebstahl. Auch der Kommandoführer sowie drei Schießtrainer sind unter den
Hauptbeschuldigten.
Die Polizeibeamten stehen im Verdacht, die entwendete Munition gegen ein
nicht genehmigtes Schießtraining bei [1][Baltic Shooters] in Güstrow
eingetauscht zu haben. Der Schießplatz in Mecklenburg-Vorpommern wird von
Frank T. betrieben, der nach taz-Informationen Teil der rechten
Preppergruppe Nordkreuz war und bei dem auch der inzwischen [2][verurteilte
Ex-SEK-Polizist Marko G]. trainierte. Bei Frank T. hatte der damalige
Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) eine Pistole gekauft. Nachdem die
taz ihn zu dieser Sache befragt hatte, [3][trat er zurück.]
Am Dienstag wurden die Vorwürfe gegen die sächsischen Beamten öffentlich
bekannt, nachdem am Morgen Diensträume des LKA sowie Privatwohnungen
Beschuldigter durchsucht wurden. Die Beamten konnten die Munition aus
Waffenkammern der Spezialeinheiten entwenden, für die Schießtrainer
verantwortlich sind. Die beschuldigten Schießtrainer deklarierten die
fehlende Munition als verschossen, weshalb ihr Fehlen nicht aufgefallen
sei, sagte Petric Kleine, Präsident des LKA Sachsen am Nachmittag auf einer
Pressekonferenz.
Die vier Hauptbeschuldigten haben ein sofortiges Dienstverbot auferlegt
bekommen, die 13 weiteren Beschuldigten werden zunächst versetzt. Die
Generalstaatsanwaltschaft Dresden war im September 2020 von der
Staatsanwaltschaft Schwerin auf die sächsischen Beamten aufmerksam gemacht
worden. Aufgrund von Verdunklungsgefahr habe man aber erst jetzt personelle
Konsequenzen gezogen, sagte LKA-Chef Kleine.
## Ermittlungen gegen den Betreiber
Gegen den Schießplatzbetreiber Frank T. ermitteln die Behörden in
Mecklenburg-Vorpommern in mehreren Verfahren. Es gehe dabei unter anderem
um mutmaßliche Verstöße gegen das Waffengesetz und das
Kriegswaffenkontrollgesetz und handele sich um „Vorgänge rund um den
Betrieb des Schießplatzes“, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft
Schwerin der taz sagte. Frank T. soll Munition nicht ordnungsgemäß erlangt
und und auch nicht ordnungsgemäß mit ihr umgegangen sein.
Konkret gehen die Ermittler:innen schon länger der These nach, dass
sich T. mit geklauter Behördenmunition bezahlen ließ. Er soll auch von
einem Mitarbeiter einer Waffenbehörde Kriegswaffenmunition bekommen haben,
die bei Marko G. sichergestellt worden war – und die dann nicht Teil des
Verfahrens gegen den Nordkreuz-Admin wurde. Bei Marko G. wurden mindestens
102 Patronen sächsischer Herkunft gefunden. Sie waren im Mai 2018 an das
Polizeiverwaltungsamt Sachsen geliefert worden.
Die Staatsanwaltschaft Schwerin hat die meisten Verfahren gegen T.
inzwischen wegen der örtlichen Zuständigkeit nach Rostock abgegeben. Sie
ermittelt nach wie vor gegen unbekannt, um herauszufinden, wie genau die
Munition von Sicherheitsbehörden zu den Nordkreuz-Preppern in
Mecklenburg-Vorpommern gelangt ist.
Bemerkenswert ist, dass der Beschuldigte und Schießplatzbetreiber Frank T.,
dem die sächsischen Polizisten die Munition übergeben haben sollen, bis
heute über seine waffenrechtlichen Genehmigungen verfügt. Laut
Innenministerium in Schwerin hat das Landeskriminalamt bereits im Mai 2019
„rechtsextremistische Bestrebungen“ bei Frank T. festgestellt. Diese habe
man bei der Auswertung von Chats festgestellt, die er unter anderem mit
Marko G. führte.
## „Stinksauer und unfassbar enttäuscht“
Die Waffenbehörde prüft aber nach wie vor, ob Frank T. seine Genehmigungen
verliert, wie der Sprecher des Landkreises Rostock am Dienstag auf
taz-Anfrage bestätigte. Man warte noch auf angeforderte Dokumente von
Landesbehörden. Das Überprüfungsverfahren wurde demnach erst Ende
vergangenen Jahres eingeleitet.
Im Innenausschuss des Landtages hatte Staatssekretär Thomas Lenz zwar am
19. November behauptet, T.'s „waffenrechtliche Einzelgenehmigungen“ seien
bereits entzogen worden. Laut Landkreissprecher Fendler hat sich das
Innenministerium aber erst einen Tag vor Lenz' Äußerung überhaupt an die
Waffenbehörde gewandt. Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern
beantwortet Fragen der taz zu diesem Sachverhalt seit Monaten nicht oder
nur ausweichend.
Auf dem Übungsplatz von Frank T. in Güstrow trainierten Spezialeinheiten
aus ganz Deutschland und dem Ausland. LKA-Chef Kleine bestätigte, dass auch
sächsische Spezialeinheiten in den Jahren 2017 und 2018 mehrfach dort
trainierten. Besagte Übung im November 2018 war jedoch vom LKA-Chef nicht
genehmigt worden. Unklar ist derzeit noch, warum. Kleine wollte sich zu
dieser Frage nicht äußern.
Auf der Pressekonferenz am Dienstag Nachmittag kündigte der sächsische
Innenminister Roland Wöller (CDU) Konsequenzen an. Er wolle das MEK am
Standort Dresden „neu aufbauen“, um jeden Zweifel auszuschließen. Ob der
Munitionsskandal über die Beschuldigten hinaus weitere personelle
Konsequenzen haben wird, sei derzeit noch unklar, so der Innenminister.
Auf Hinweise auf eine mögliche rechtsextreme Gesinnung der Beschuldigten
gebe es bislang „keine Anhaltspunkte“, sagte LKA-Chef Kleine. Es gehe in
laufenden Ermittlungen nun auch darum, die Dienstaufsicht und Leitung des
LKA zu überprüfen. Er sei „stinksauer und unfassbar enttäuscht“, sagte
Innenminister Wöller.
30 Mar 2021
## LINKS
[1] /Rechte-Prepper-Gruppe-Nordkreuz/!5676442
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[3] /Waffenaffaere-um-Landesinnenminister/!5729697
## AUTOREN
Sarah Ulrich
Sebastian Erb
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