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# taz.de -- Bremer Bildungssenatorin tritt zurück: Abgang zur Unzeit
> Claudia Bogedan (SPD) war seit 2015 in Bremen zuständig für
> Kindertagesstätten und Schulen. Jetzt wechselt sie zur
> Hans-Böckler-Stiftung.
Bild: Claudia Bogedan (SPD) geht zur Hans-Böckler-Stiftung zurück
Bremen taz | Als [1][Bildungssenatorin] kann man es niemandem recht machen.
Dazu gehen die Vorstellungen dessen, was Kinder brauchen, genauso weit
auseinander wie die Einkommensscheren. Auch Lehrer*innen sind alles
andere als eine homogene Masse. Die Förderschulpädagogin – wenn sie denn
gefragt würde – hätte andere Forderungen als ein Oberstudienrat. Und dann
ist immer zu wenig Geld da für alle Interessen und Nöte, erst recht im
armen Bremen.
So passt es gut, dass auch der Rücktritt, den Bremens Bildungssenatorin
Claudia Bogedan am Freitag überraschend ankündigte, vor allem eine Reaktion
hervorrief: Unzufriedenheit. Mit ihrem Weggang.
Ihre Parteigenossen von der SPD verloren natürlich kein schlechtes Wort
über die Entscheidung der 46-Jährigen, die Geschäftsführung der
gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf zu übernehmen. Wann
ist noch unklar, irgendwie „zum Ende des Schuljahrs“. Von der Stiftung
hatte Bremens damaliger Parteichef und Bürgermeister Carsten Sieling sie
2015 abgeworben.
„Dankbar“, „bedauern“, „alles Gute“, „an ihrer neuen Wirkungsstä…
Erfolg“ – ließen Bürgermeister Andreas Bovenschulte und Fraktionschef
Mustafa Güngör am Freitag in Pressemitteilungen schreiben. Beinahe noch
wärmere Worte als die eigene Partei fanden Grüne und Linke.
Auch die CDU bedauerte, forderte aber dennoch ihren umgehenden
Amtsverzicht, weil sie ihr nicht zutraut, den Job ordentlich zu Ende zu
machen. Die FDP hingegen motzte, der Rücktritt zum Ende des Schuljahrs käme
„zur Unzeit“. Wie auch die CDU war die FDP bisher nicht als oppositionelle
Unterstützerin von Bogedans Politik aufgefallen, findet es jetzt aber „in
einer Krise“ falsch, wenn eine Neue oder ein Neuer eingearbeitet werden
muss.
Im Nebenfach ist Bogedan in Bremen als erste Bildungssenatorin auch für
Kindertagesstätten zuständig. Dort sind die Konfliktpotenziale sehr viel
niedriger, entsprechend freundlich fiel auch die Stellungnahme der
Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege aus, während sich der
Geschäftsführer der evangelischen Kindertagesstätten – dem größten priva…
Träger von Kindertagesbetreuung – lieber nicht äußern wollte.
## Viel Streit um Corona-Maßnahmen
Bogedan selbst hatte ihren Rücktritt in einer persönlichen Erklärung unter
anderem damit begründet, „den Weg frei machen“ zu wollen für einen
„bildungspolitischen Aufholprozess mit ganzer Kraft und mit allen
Akteuren“, und das „unbelastet von den Konflikten und Auseinandersetzungen
der Vergangenheit“.
Damit meinte sie den Streit um die richtigen Entscheidungen um
Coronamaßnahmen in Schulen. Während Bogedan [2][Schule und Kita in Bremen
weitgehend geöffnet gelassen hatte] und in Grundschulen nach wie vor ganze
Klassen unterrichtet werden, hatten der Personalrat Schulen und die
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schon im vergangenen Sommer
einen Wechselunterricht für alle Stufen gefordert und bei Bogedan ein
halbes Jahr auf Granit gebissen.
Nur: Die GEW, mit der sie maßgeblich gestritten hatte, findet einen
Neustart gar nicht notwendig. „Wir wissen ja nicht, wer danach kommt“,
sagte der taz am Freitag Elke Suhr vom Landesvorstand der GEW. Bogedan habe
sich immer für Kinder und Bildung eingesetzt und hätte auch einiges
erreicht wie die finanzielle Gleichstellung von Lehrkräften und den
aufgestockten Bildungshaushalt. Luft nach oben sehe sie zwar auch noch,
sagt Suhr, aber dass man wegen der unvereinbaren Positionen zu Corona nicht
mehr hätte zusammenarbeiten können, das stimme nicht. „Das haben wir der
Senatorin auch bei unserem letzten Gespräch so gesagt.“
Der Sprecher des Zentralelternbeirats (ZEB) an Schulen, Martin Stoevesandt,
lag zwar zuletzt mit Bogedan in der Coronapolitik auf einer Linie, aber
sonst inhaltlich in quasi allen Punkten über Kreuz. Aber selbst er hätte
sie gern behalten. Beim ZEB überwiege „schon sehr stark die Enttäuschung“,
schrieb er der taz in einer Mail. „Wir haben die letzten zwölf harten
Monate mit Frau Bogedan jenseits parteipolitischer Überlegungen sehr
vertrauensvoll zum Wohle der Kinder und Eltern zusammen gearbeitet.“ Und:
„Wir haben uns immer auf sie verlassen können.“
## Bogedan: Guter Zeitpunkt
Bogedan selbst erklärte am Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz in
gelöster Stimmung, sie hätte das Angebot der Hans-Böckler-Stiftung zu einem
anderen Zeitpunkt vielleicht nicht angenommen. Aber jetzt, zur Mitte der
Legislaturperiode, scheine ihr ein guter Moment, weil eine noch zu
bestimmende Nachfolgerin oder ein Nachfolger so noch die Chance habe,
eigene Schwerpunkte zu setzen und sich zu profilieren.
Der Wunsch, sich nach einem ausgesprochen anstrengenden Jahr quasi ohne
Freizeit auf einem weniger spannungsgeladenen Posten zu erholen, habe keine
Rolle gespielt, sagte sie. „So bin ich nicht.“ Belastet habe sie aber, dass
sie in der Pandemie selten alle mitnehmen konnte bei Entscheidungen. „Ich
musste Politik in einem Stil betreiben, der nicht meiner ist.“
Bogedan sagte, sie wolle mit ihrem Mann und den zwei kleinen Kindern in
Bremen wohnen bleiben.
16 Apr 2021
## LINKS
[1] /Bremens-Bildungssenatorin-ueber-Corona/!5731216
[2] /Offene-Schulen-trotz-steigender-Inzidenz/!5754856
## AUTOREN
Eiken Bruhn
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