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# taz.de -- Grüne Spitzenkandidatin zu Mietendeckel: „Kein Grund für Häme�…
> Bettina Jarasch fordert nach der Mietendeckel-Entscheidung ein Signal der
> Vermieter. Diese müssten ihrer sozialen Verantwortung nachkommen.
Bild: So viele Wohnungen, und keine ist bezahlbar: Alltag in Berlin
taz: Frau Jarasch, das Bundesverfassungsgericht hat den Mietendeckel
[1][für verfassungswidrig erklärt]. Ein schwerer Schlag für Rot-Rot-Grün?
Bettina Jarasch: Die Entscheidung ist bitter – vor allem für jene
Mieterinnen und Mieter, die jetzt fürchten müssen, ausstehende Mietanteile
zurückzuzahlen. Die wichtigste Botschaft von mir ist deswegen: Wir werden
die Mieterinnen und Mieter nicht allein lassen.
Was schwebt Ihnen vor?
Es braucht eine Art Schutzschirm für Härtefälle. Durch Corona sind viele ja
schon gebeutelt genug, fürchten um ihre Existenz oder sind auf Kurzarbeit –
und wissen deshalb nicht, wie sie die Miete zahlen sollen.
Wie soll dieser Schutzschirm aussehen?
Das werden wir in der Koalition diskutieren. Die Vorlage muss von der
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung von Sebastian Scheel (Linke) kommen.
Wie bewerten Sie die Situation für die Regierungskoalition nach der
Entscheidung?
Wir wussten, dass wir rechtliches Neuland betreten und dass es strittig
ist, ob wir als Land die Zuständigkeit für eine solche Gesetzgebung haben.
Die haben Länder laut Verfassungsgericht nicht. Dennoch war es richtig, den
Versuch zu wagen, denn der Berliner Mietmarkt ist durch
Immobilienspekulation wirklich aus den Fugen geraten. Wir wollten nicht
einfach aufgeben und resignieren.
Für Rot-Rot-Grün war der Mietendeckel das Leuchtturmprojekt. Ist damit die
Koalition insgesamt gescheitert?
Unser grünes Leuchtturmprojekt ist immer noch [2][das Mobilitätsgesetz].
Aber es ist klar, dass wir beim sehr wichtigen Thema Faire Mieten ein
Instrument aus der Hand geschlagen bekommen haben. Aber das darf nicht das
Ende von Mietenpolitik sein, und auch nicht von Mietenregulierung auf
Landesebene.
Das heißt?
Der Stadtentwicklungssenator darf sich jetzt nicht zurücklehnen. Wir müssen
schauen, was jetzt geht: Wir brauchen neben dem Schutzschirm Beratung für
Mieterinnen und Mieter. Es gibt viele Schattenmieten…
… mit den Vermieterinnen und Vermietern vereinbarte Mieten, die greifen
sollten, falls der Mietendeckel nichtig ist…
Und die sind häufig sogar höher als von der bundesweiten Mietpreisbremse
erlaubt. Dagegen müssen die Mieterinnen und Mieter vorgehen können. Und wir
Grünen haben darauf gedrungen, einen qualifizierten Mietspiegel
vorzubereiten. Ich erwarte, dass er in Kraft gesetzt wird, um Mieten zu
regulieren.
Wird Mietenpolitik stärker als bisher ein bundespolitisches Thema, auch im
Wahlkampf?
Für uns Grüne auf jeden Fall. Wir haben viele Vorstellungen in unserem
Wahlprogramm, wie ein soziales Mietrecht aussehen muss. Vor allem erwarte
ich vom Bund nach dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass
zügig eine Öffnungsklausel eingeführt wird, damit Bundesländer mit einem
angespannten Wohnungsmarkt wie hier in Berlin Mieten regulieren und einen
Mietendeckel erlassen können. Die Kritik von Bauminister Seehofer ist doch
zynisch: zu sagen, der Mietendeckel war der falsche Weg, aber gleichzeitig
hat der Bund den Ländern die Möglichkeit genommen, selbst tätig zu werden.
Wie beurteilen Sie den Jubel von CDU, FDP und Immobilienbranche nach der
Entscheidung?
Um es ganz klar zu sagen: Für Häme oder Triumpf der Immobilienbranche gibt
es wirklich keinen Grund. Im Gegenteil: ich erwarte von allen
Vermieterinnen und Vermietern, dass sie gerade jetzt zeigen, dass sie es
ernst meinen mit ihrer sozialen Verantwortung. Eigentum verpflichtet
bekanntlich.
Glauben Sie an diese Einsicht der Immobilienbranche?
Ich habe in den vergangenen Wochen viele Gespräche mit Vermieterinnen und
Vermietern geführt. Sie haben mir immer versichert, wie wichtig ihnen die
soziale Mischung in der Stadt sei und dass es ihnen ein großes Anliegen
sei, genügend bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen. Jetzt ist der Moment
der Ehrlichkeit.
Das heißt?
Ich erwarte ein Signal von Vermieterinnen und Vermietern, dass sie die
Mieterinnen und Mieter schützen und jetzt niemanden rauswerfen, weil jene
die Miete nicht bezahlen können. Und dass sie bezahlbare Wohnungen
anbieten, und zwar dauerhaft.
In wie weit wird das Karlsruher Urteil dem Volksbegehren Deutsche Wohnen
und Co. enteignen helfen?
Auch wenn es hier um etwas anderes geht dürfte die Debatte eine neue
Dynamik bekommen. Denn das Grundproblem ist ja nicht gelöst: wir haben
einen Markt, der durch Immobilienspekulation getrieben wird. Es gibt
überzogene Renditeerwartungen und schädliche Geschäftsmodelle, die die
Bodenpreise in die Höhe treiben. Da müssen wir ran.
15 Apr 2021
## LINKS
[1] /Mietendeckel-Gesetz-in-Berlin/!5766576
[2] /Berliner-Mobilitaetsgesetz/!5743579
## AUTOREN
Bert Schulz
Uwe Rada
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