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# taz.de -- Kompetenzen in der Pandemiepolitik: Bundes-Notbremse geplant
> Der Bund will die Corona-Politik stärker mitbestimmen. Dazu soll schnell
> ein Gesetz her. Das Treffen mit den Ländern ist abgesagt worden.
Bild: Will mehr Verbindlichkeit bei der Notbremse: Kanzlerin Angela Merkel
Freiburg taz | Der Bund will jetzt doch teilweise die Kontrolle bei der
Pandemiebekämpfung übernehmen. Ins Infektionsschutzgesetz soll eine strenge
Notbremsen-Regelung eingefügt werden. Zugleich soll das für Montag geplante
Bund-Länder-Treffen ersatzlos entfallen.
Künftig soll bundesweit verbindlich vorgeschrieben werden, welche
Einschränkungen gelten, sobald die 7-Tage-Inzidenz in einem Landkreis über
dem Wert 100 liegt. Das kündigte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer an
diesem Freitag in der Regierungspressekonferenz an. Die Regelung soll auf
Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz zurückgreifen.
Tatsächlich haben die Ministerpräsident*innen mit der Kanzlerin auf
ihrem Treffen am 3. März bereits eine sogenannte Notbremse beschlossen,
die von Ländern und Landkreisen aber nur inkonsequent umgesetzt wurde.
Anfang März ging es einerseits um Lockerungen bei Zusammenkünften und der
Öffnung des Einzelhandels.
Doch mehrfach findet sich im damaligen Beschluss dieser Notbremsenpassus:
„Steigt die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner an
drei aufeinanderfolgenden Tagen in dem Land oder der Region auf über 100,
treten ab dem zweiten darauffolgenden Werktag die Regeln, die bis zum 7.
März gegolten haben, wieder in Kraft.“
## Bund schließt Schulen?
Vor dem 7. März war zum Beispiel der Einzelhandel geschlossen. Und private
Zusammenkünfte waren nur im eigenen Haushalt und mit einer weiteren Person
möglich. Voraussichtlich wird die neue Bundesnotbremse aber auch weitere
Maßnahmen umfassen. Die Tageszeitung Die Welt berichtet zum Beispiel über
geplante nächtliche Ausgangssperren. Auch Schulschließungen kommen in
Betracht.
Die Bundesregierung will den konkreten Gesetzentwurf bis Dienstag in
Gesprächen mit den Bundesländern und den Bundestagsfraktionen erarbeiten.
Am Dienstag soll der Entwurf im Kabinett beschlossen werden. Der Bundestag
könnte dann das Gesetz schon nächste oder übernächste Woche beschließen.
Eine Beschlussfassung schon in der kommenden Woche wäre möglich, wenn eine
Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten auf Fristen verzichten würde. Dann
müssten aber auch Oppositionsfraktionen das Eilverfahren mittragen – was
ihnen wiederum Einflussmöglichkeiten gäbe. Außerdem muss auch der Bundesrat
befasst werden. Nach bisheriger Praxis galten die Änderungsgesetze zum
Infektionsschutzgesetz stets als zustimmungsbedürftig.
Eine solche Lösung wäre in mehrfacher Hinsicht ein Kompromiss. Bei
Inzidenzwerten bis 100 behalten die Länder ihre Handlungsfreiheit. Erst
wenn das Infektionsgeschehen massiv aus dem Ruder läuft, gelten die vom
Bund vorgegebenen Einschränkungen. Weitere Beschlüsse von Ländern oder
Landkreisen wären dann nicht mehr erforderlich.
## Lockdown vorerst vom Tisch
Ein allgemeiner Lockdown, wie er zum Beispiel von NRW-Ministerpräsident
[1][Armin Laschet] (CDU) vorgeschlagen wurde, ist damit vorerst vom Tisch.
Die Lockdown-Maßnahmen, die bei Überschreitung der 100er-Inzidenz greifen
sollen, sind voraussichtlich auf die Ebene der jeweiligen Landkreise
begrenzt.
Eine Verschiebung der Ministerpräsidentenkonferenz hatte sich zuvor bereits
angedeutet. Sie wurde auch durch einen Vorstoß der Spitzen der
Koalitionsfraktionen im Bundestag nötig.
Die Fraktionschefs Ralph Brinkhaus (CDU) und Rolf Mützenich (SPD) sowie
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte in einem Brief an die
Kanzlerin und den MPK-Vorsitzenden, Berlins Regierenden Bürgermeister
Michael Müller (SPD), [2][eine Bundestagsdebatte] noch vor der nächsten
Bund-Länder-Runde verlangt. Sie hatten dazu eine Regierungserklärung oder
eine Debatte im Parlament vorgeschlagen. Der Bundestag kommt wieder
planmäßig vom kommenden Mittwoch bis Freitag zusammen.
Nach Darstellung von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble lässt sich das
Infektionsschutzgesetz in kürzester Zeit ändern. „Es kann schnell gehen,
wenn die Beteiligten alle wollen“, sagte der CDU-Politiker am
Donnerstagabend im ZDF-“Heute Journal“. Zur Not könne dies sogar in einer
einzigen Sitzungswoche passieren. (mit dpa)
9 Apr 2021
## LINKS
[1] /Laschet-und-der-Brueckenlockdown/!5764190
[2] /Zustaendigkeiten-in-der-Pandemiepolitik/!5759230
## AUTOREN
Christian Rath
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Kolumne Alles getürkt
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