# taz.de -- Bremer Filmfest startet online: Lieber geschrumpft als verschoben | |
> Das Bremer Filmfest zeigt ab Mittwoch 250 Filme im Netz, darunter 74 | |
> Deutschlandpremieren. Filmeinführungen und Diskussionen werden gestreamt. | |
Bild: Wie unbesiegbar ist Alexander im Minigolf? Der Film „Der Lokalmatador�… | |
BREMEN taz | Dies ist wohl die schlechteste Zeit, um ein Filmfest zu | |
veranstalten. Alle Spielstätten sind geschlossen, wegen des | |
Versammlungsverbots sind auch keine Open-Air-Veranstaltungen möglich und | |
auch die Anreise von Gästen ist ungewiss. Im September 2020 herrschten | |
dagegen vergleichsweise entspannte Zustände. Damals hätte das sechste | |
Filmfest Bremen, ähnlich wie das Filmfest in Oldenburg, gut als | |
Hybridveranstaltung durchgeführt werden können. | |
Doch damals entschieden sich die Macher*innen, es ins Frühjahr 2021 zu | |
verschieben. Wie fast alle dachten oder hofften sie zumindest, dass die | |
Coronakrise bis dahin überstanden sein würde. Nun hat sie die dritte Welle | |
voll getroffen. | |
Vor ein paar Wochen war das Filmfest noch in einer Hybridversion geplant, | |
mit Filmvorführungen in Kinos oder unter freiem Himmel und einer | |
feierlichen Übergabe des [1][Bremer Mopspreises] vor Publikum an Hape | |
Kerkeling im Theater Bremen. Nun wird das Filmfest ausschließlich online | |
stattfinden. | |
Hape Kerkeling wird zwar möglicherweise anreisen, aber das Theater wird | |
leer sein. Die dann eventuell live übertragene Verleihung dürfte eine eher | |
traurige Angelegenheit werden. Doch noch eine Verschiebung wäre fatal, da | |
es keinerlei Planungssicherheit für den Rest des Jahres gibt. | |
Und so findet nun die Notausgabe des Festivals im Netz statt. Zwischen dem | |
14. und 18. April werden 250 Filme auf der Plattform des Festivals | |
verfügbar sein, darunter 29 Welt- und 74 Deutschlandpremieren. Der Zugang | |
wird zwischen 40 und 45 Euro kosten. Ein vergleichsweise kleiner Vorteil | |
der Onlinepräsentation ist, dass die Filme nun weltweit gesehen werden | |
können. Nur 15 Prozent von ihnen dürfen nur im deutschsprachigen Raum | |
gezeigt werden. Das Programm wird im gleichen Umfang wie 2020 geplant | |
präsentiert. | |
Das Festivalteam um den Leiter Matthias Grewing und Silvia Ilona Rieke, die | |
für das Programm verantwortlich ist, hat sich viele Gedanken gemacht, wie | |
ein wenig Festivalatmosphäre gerettet werden kann. So haben sie im Bremer | |
Programmkino „Schauburg“ ein Festivalzentrum eingerichtet, in dem | |
Filmeinführungen, Gespräche mit den Filmemacher*innen und | |
Panel-Diskussionen geführt werden, die dann kostenlos auf der Homepage des | |
Filmfests gezeigt werden. | |
Zum Teil werden diese zur Zeit vorproduziert, aber einige werden auch | |
während des Festivals stattfinden und live gestreamt. Das gilt auch für den | |
Super-8-Abend am Samstag, 17. April, ab 20 Uhr. Der wird als ein | |
„spartenübergreifendes Experiment“ angekündigt. | |
Da in diesem Jahr Literatur als Sonderthema des Festivals gewählt und ein | |
Sonderprogramm mit 50 Filmen zum Thema kuratiert wurde, gab es Einladungen | |
an elf Schriftsteller*innen und Filmemacher*innen, die jeweils in | |
Zweierteams einen Super-8-Film produzieren sollten. Diese Dreiminüter | |
werden auf eine Leinwand projiziert und die Autor*innen lesen synchron | |
ihre Texte, begleitet durch Improvisationen zweier Jazzer*innen. Dass diese | |
durch und durch analoge Veranstaltung nun nur virtuell zum Publikum finden | |
kann, ist eine der bitteren Ironien, mit denen das Filmfest gespickt sein | |
wird. | |
Auch das originellste Spektakel des Filmfests kann nun nicht so gefeiert | |
werden wie geplant. Die Filme, die für das Programm „Klappe!“ produziert | |
wurden, sollten Open Air gezeigt werden, und dies war auch deswegen so | |
wichtig, weil viele Filmemacher*innen sie oft vor Ort produziert | |
haben. Denn die „Klappe“ ist ein künstlerischer Kurzstreckenlauf. In nur 48 | |
Stunden müssen Filmteams einen Kurzfilm zu einem gesetzten Thema planen, | |
drehen und schneiden. Zwischen dem 2. und 4. April haben 38 Gruppen so | |
Werke zum Thema „Blütezeit“ gebastelt. Und damit nicht mit vorproduzierten | |
Arbeiten geschummelt werden konnte, musste in jedem Film eine Postkarte mit | |
einem Motiv aus Bremen zu sehen sein. Die Preisverleihung wird am 14. April | |
ab 18.30 Uhr stattfinden und ist als Online-Livestream kostenlos. | |
Matthias Grewe bezeichnet den Umbau des Festivals zu einem Online-Event als | |
eine „extreme Herausforderung“. Er verursacht zusätzliche Arbeit. Immerhin | |
konnte von den Erfahrungen anderer Onlinefestivals viel gelernt werden. So | |
hat sich das Netzwerk Culturebase mittlerweile zu einer routiniert | |
arbeitenden Streaming-Plattform entwickelt, die auch für die Nordischen | |
Filmtage, Dok-Leipzig und das Filmfestival von Hof tätig war. Sie stellt | |
alle Filme für die Dauer des Festivals ins Netz und die Gewinner der | |
Wettbewerbe können noch ein Jahr lang abgerufen werden. | |
Vergeben werden sieben Preise. So etwa in den Kategorien „Innovation“, | |
„Bester Film Bremen“ oder „Bester Film Musik“. Die beiden Hauptpreise | |
werden im internationalen Wettbewerb „Humor/Satire“ vergeben und sind mit | |
2.500 Euro für einen Lang- sowie 1.000 Euro für einen Kurzfilm dotiert. | |
Für die Region ist die Programmschiene „Bremer Film“ besonders interessant. | |
Ursprünglich war das Bremer Filmfest als rein regionale Kulturveranstaltung | |
gedacht, in der jeweils die Jahresernte der Filmproduktionen des | |
Bundeslandes gezeigt werden sollten. Das Konzept wurde zwar erweitert – so | |
gilt der in den USA produzierte Streifen „Higher Love“ als bremisch, weil | |
Regisseur Hasan Oswald für einige Jahre als Englischlehrer in der Stadt | |
gelebt hat –, aber für viele Filme aus dem Land ist dies noch immer das | |
wichtigste Forum geblieben. | |
In diesem Jahr gibt es 45 Programme in der Sparte. Darunter der satirische | |
Spielfilm „Haus Kummerveldt“ von Mark Lorei, der auf einer Webserie | |
basiert, die nun zum 72-Minüter umgeschnitten wurde. „Mama isst den Tod“ | |
von Monika B. Beyer ist ein Porträt der Archäologin, Künstlerin, Lyrikerin | |
und Performerin Martina Werner und bei „Lokalmatador“ von Matthias Wissmann | |
stellt sich die Frage, ob der recht forsch auftretende Alexander | |
tatsächlich ein unschlagbarer Profi beim Minigolf ist. | |
13 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Wilfried Hippen | |
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