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# taz.de -- Filmfest Emden-Norderney: Nähe statt Glamour
> Fest verwurzelt bei den Menschen: Beim „32. Internationalen Filmfest
> Emden-Norderney“ wird erstmals ein Preis für Umweltthemen vergeben.
Bild: Öko-Sünden der Gegenwart, vom Jahr 2054 aus erforscht: „Everything Wi…
Bremen taz | Geschäftsführerin Nora Dreyer nennt es die „fünfte Jahreszeit
in Emden“. Und tatsächlich: Zumindest in Norddeutschland ist kein anderes
Filmfestival derart im Ort verwurzelt wie das [1][„Internationale Filmfest
Emden-Norderney“]. Viele Läden in der Innenstadt dekorieren speziell zu
diesem Anlass ihre Schaufenster, vor dem Rathaus sowie am alten Binnenhafen
weht an allen Fahnenmasten die Festival-Flagge.
Es ist das Sommerfilmfestival in der Region, und so konnte es auch nur eine
Notlösung sein, als es im Vorjahr wegen der Pandemie vom Juni auf den
Oktober verschoben wurde: Diese Entscheidung war umstritten und ein Teil
des Festivalteams, zu dem auch Moderator*innen gehörten, viele Jahre
lang die bekanntesten Stimmen des Festivals, schied im Streit.
Umso mehr kann sich nun Nora Dreyer freuen, denn sie wurde erst im Jahr
2019 als neue Geschäftsführerin benannt, die 32. Ausgabe ist also das erste
„normale“ Filmfestival unter ihrer Leitung. Sie kommt aus Emden aus der
Branche: Die 32-Jährige hat jahrelang das örtliche Cinestar-Multiplexkino
geleitet, die Hauptspielstätte des Festivals.
Das IFEN versteht sich als Publikumsfestival. So erklärt sich, dass es 2021
nicht als Hybridveranstaltung abgehalten wurde, sondern in Präsenz, wenn
auch unter Pandemiebedingungen: „Es ist uns ganz wichtig, Verbindungen
zwischen Filmemacher*innen, Gästen aus der Filmbranche und dem Publikum zu
ermöglichen. Und das ist online unmöglich!“ Auch im „normalen“
Festivalbetrieb läuft hier aber deshalb vieles anders. Die Preise bei den
Wettbewerben vergeben keine Jurys, sondern das Publikum. Es gibt auch
keinen roten Teppich – den Emder*innen soll es möglich sein, so Dreyer,
„den Filmemacher*innen ohne Barriere und auf Augenhöhe zu begegnen“.
## Nichts für Synchron-Snobs
Wohl nur in Emden gibt es auch eine Reihe mit Filmen, die schon in den
Kinos gelaufen sind, es aber nicht bis nach Emden geschafft haben; einige
davon, etwa [2][„Belfast“ von Kenneth Branagh], werden bei diesen „Emder
Premieren“ sogar deutsch synchronisiert gezeigt. Das ist für angereiste
Festivalbesucher*innen gewöhnungsbedürftig, aber der Erfolg gibt den
Macher*innen recht. Zu den Besonderheiten des Festivals gehört auch der
Sonderpreis „Ein Schreibtisch am Meer“: Wer ihn gewinnt, wird für eine
Woche auf die Insel Norderney eingeladen.
Das eigentliche Alleinstellungsmerkmal des Festivals ist aber der Emder
Drehbuchpreis, den dann doch eine Fachjury vergibt: Im Jahr 2015 hat ihn
Nora Fingscheidt für ihren späteren Erfolgsfilm „Systemsprenger“ gewonnen.
Vor der Verleihung des Preises werden kurze Passagen aus den nominierten
Drehbüchern in szenischen Lesungen vorgestellt.
Gänzlich zurück zur Normalität geht es in diesem Jahr noch nicht: In den
Kinos sind zwar alle Coronabeschränkungen aufgehoben, aber das „Neue
Theater“, die größte Spielstätte, wird gerade umgebaut, sodass Plätze
fehlen werden. Da rechnet Dreyer noch nicht mit „einem Besucherrekord“.
Dafür wird in diesem Jahr zum ersten Mal der „Focus Future Award“ verliehen
– ausgezeichnet werden damit Filme, die Umwelt- und Klimaschutz,
ökologische Problemszenarien und andere zukunftsorientierte Themen
künstlerisch überzeugend behandeln, heißt es. Ein Film im Programm ist wie
maßgeschneidert für diesen Preis: [3][Marten Persiels „Everything Will
Change“] wurde zum Teil in Kiel gedreht und von der Nordmedia gefördert. In
der Mischung aus Spielfilm und Dokumentarfilm entdecken drei Hipster im
Jahr 2054, dass die Giraffen nicht nur ausgestorben sind, sondern auch jede
Erinnerung an sie ausgelöscht wurde. Die drei machen sich auf eine Reise in
geheime und versteckte Archive und finden heraus, dass es nach dem Jahr
2020 ein verheerendes Artensterben auf der Erde gab.
Auf analogen Datenträgern finden sie Zeugnisse dieser Katastrophe: Dafür
montiert Persiel aktuelle, selbst gedrehte Interviewsequenzen – mit
Wissenschaftler*innen, Aktivist*innen und Künstler*innen – mit
Archivaufnahmen von Tieren, die heute vom Aussterben bedroht sind. Als
„Science-Fiction“ bezeichnet er selbst seinen Hybridfilm. Der könnte schon
vom Thema her ein Erfolg werden bei den jungen [4][„Fridays for
Future“-Demonstrant*innen]. Und die gibt es ja auch in Emden.
7 Jun 2022
## LINKS
[1] http://www.filmfest-emden.de
[2] /Spielfilm-Belfast-von-Kenneth-Branagh/!5834026
[3] http://www.farbfilm-verleih.de/filme/everything-will-change/
[4] /KlimaschuetzerInnen-streiken-weltweit/!5841202
## AUTOREN
Wilfried Hippen
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Kino
Filmfestival
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Deutscher Film
Comic
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Netzkultur
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