# taz.de -- Urteil zu Verfassungsschutz und AfD: Begriffe als Pranger | |
> Das Verwaltungsgericht Köln untersagt dem Verfassungsschutz, die AfD als | |
> rechtsextremen „Verdachtsfall“ einzustufen. Die Begründung überzeugt | |
> nicht. | |
Bild: Im Fokus der Verfassungsschützer: AfD-Rechtsaußen Björn Höcke | |
Ist die AfD eine eindeutig verfassungswidrige Partei, ist sie ein | |
Verdachtsfall oder nur ein Prüffall? Darüber diskutieren die | |
Verfassungsschützer schon seit über zwei Jahren. Und die Gesellschaft wird | |
immer ungeduldiger, will endlich Klarheit. Dass die Klärung nun | |
ausgerechnet zu Beginn des Superwahljahrs 2021 erfolgen sollte, war aber | |
eine Schnaps-Idee, wie die letzten Tage gut illustriert haben. | |
Ende Februar hat das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD vom Prüffall | |
[1][zum Verdachtsfall hochgestuft]. Sie war damit offizielles | |
„Beobachtungsobjekt“ des Verfassungsschutzes. Gegen diese Hochstufung hatte | |
die AfD schon vorab geklagt. Doch bis zu einem ersten Gerichtsurteil im | |
Eilverfahren, in dem die Frage zumindest grob geprüft wird, dauert es | |
einige Monate. Derzeit wird nur darüber gestritten, was bis zu dieser | |
ersten gerichtlichen Eilentscheidung gilt. | |
Gilt die AfD bis dahin bereits als Verdachtsfall oder muss die Einstufung | |
bis zur ersten gerichtlichen Prüfung warten. Operativ hat das so gut wie | |
keine Bedeutung. Ob die AfD in den kommenden Monaten mit | |
nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht werden kann oder nicht, ist | |
ziemlich irrelevant. Welcher Flügel sich gerade innerparteilich durchsetzt, | |
sieht man ja ganz offen, bei [2][Programm-Debatten], bei der Aufstellung | |
von Wahllisten. Dafür braucht man keine Telefonate abzuhören. | |
Nein, es geht nur um den Begriff als Pranger. Die AfD will kein | |
„rechtsextremistischer Verdachtsfall“ sein und ihre Gegner wollen den | |
stigmatisierenden Begriff so schnell wie möglich nutzen. Die erste Einigung | |
zwischen Gericht und Bundesamt war naiv: Der Verfassungsschutz durfte die | |
AfD als Verdachtsfall einstufen, aber nicht darüber reden – um der AfD den | |
Pranger zu ersparen. Das ging natürlich schief, wie wir in dieser Woche | |
gesehen haben. | |
## Völlig falsches Timing | |
Die Hochstufung wurde bekannt, alle Medien schrieben darüber – zwei Wochen | |
vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Doch wie | |
das [3][Verwaltungsgericht Köln] nun reagiert, ist erst recht absurd. Die | |
Kölner Richter machten ausschließlich das Bundesamt für diesen | |
Super-Pranger verantwortlich. | |
Das Bundesamt habe entweder die Information selbst an die Medien | |
„durchgestochen“ oder es habe nicht ausreichend dafür gesorgt, dass die | |
Hochstufung der AfD geheim bleibt. Dabei gab es doch viele Mitwisser, etwa | |
die Landesämter für Verfassungsschutz und die Geheimdienskontrolleure des | |
Bundestags. Es ist gut möglich, dass das Oberwaltungsgericht (OVG) Münster, | |
die Verantwortlichkeit des Bundesamts nicht so einseitig sieht und daher | |
die Einstufung als Verdachtsfall bestehen lässt. | |
Das wäre dann der nächste Paukenschlag, vielleicht wenige Tage vor den | |
Landtagswahlen. Die Schlussfolgerungen werden so oder so schief und | |
manipulativ sein. Wenn die AfD beim OVG gewinnt, wird sie jubeln: „AfD zu | |
Unrecht als Verdachtsfall gebrandmarkt“. Wenn das Bundesamt gewinnt, werden | |
die anderen Parteien die AfD nur noch als „gerichtlich bestätigten | |
rechtsextremen Verdachtsfall“ bezeichnen. Und das obwohl es doch nur um | |
eine Übergangsphase bis zur ersten inhaltlichen Gerichtsentscheidung geht. | |
Die Klärung, ob die größte Oppositionspartei im Bundestag vom | |
Verfassungsschutz beobachtet werden soll, ist heikel genug. Aber diese | |
Klärung ausgerechnet in einer Zeit permanenten Wahlkampfs zu versuchen, ist | |
geradezu demokratieschädigend. | |
5 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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