| # taz.de -- Volkskongress in China: Kurbeln an der Kriegsmaschinerie | |
| > Beim Volkskongress hat Peking den Verteidigungsetat um 6,8 Prozent | |
| > erhöht. Bis 2035 könnte China die Militärmacht USA einholen. | |
| Bild: Ein Ort für aggressive Rhetorik: Ende des Volkskongresses in Beijing | |
| Peking taz | Fast hundert Meter ragt das Pekinger Militärmuseum in den | |
| smogverhangenen Himmel der chinesischen Hauptstadt. Gesichert wird es wie | |
| ein Hochsicherheitstrakt: Einlass erhält nur, wer Metalldetektoren und | |
| Leibesvisitationen hinter sich bringt. Besucher werden zunächst von einer | |
| überlebensgroßen MaoStatue aus weißem Marmor begrüßt, dahinter lassen | |
| sich mit alten Kampfflugzeugen und Panzern unzählige Artefakte Chinas | |
| militärischer Macht begutachten. | |
| Die Botschaft, die aus den Ausstellungsräumen dringt, ist wenig subtil: | |
| Nur Danke der Volksbefreiungsarmee gibt es die Volksrepublik China, nur | |
| mit der Armee wird das Land in einer zunehmend feindlichen Welt überleben. | |
| Wenige hundert Meter entfernt, am Platz des Himmlischen Friedens, haben die | |
| Parlamentarier in den letzten Tagen beim Nationalen Volkskongress über den | |
| militärischen Kurs der nächsten Jahre entschieden. „Die aktuelle Situation | |
| unseres Landes ist instabil und unsicher“, sagte Staatschef Xi Jinping am | |
| Montag. | |
| General Xu Qiliang sprach gar davon, dass „China angesichts der | |
| Thukydides-Falle seine Kapazitäten beschleunigen“ müsse. Die Anspielung an | |
| den alten griechischen Strategen bedeutet, dass der Aufstieg einer | |
| aufstrebenden Weltmacht unvermeidlich einen Krieg mit der etablierten | |
| Weltmacht auslöst – damals zwischen Athen und Sparta, heute zwischen China | |
| und den USA. | |
| Dementsprechend deutlich fällt auch die auf dem Volkskongress beschlossene | |
| Steigerung des Verteidigungsetats aus. Dieser solle 2021 um 6,8 Prozent | |
| wachsen im Vergleich zum Vorjahr. Aus dem Verteidigungsministerium ließ | |
| Sprecher Wu Qian verkünden, man werde die Gelder dafür einsetzen, um die | |
| USA einzuholen. Verglichen mit Washington [1][gibt Peking immer noch | |
| deutlich weniger für sein Militär aus]. Doch die offiziellen Zahlen Chinas | |
| gelten nur als grobes Stimmungsbarometer, viele tatsächliche Investitionen | |
| tauchen in den Statistiken gar nicht auf, darunter sogenannte | |
| Dual-Use-Forschungsfelder, die sowohl für militärische als auch zivile | |
| Zwecke eingesetzt werden. | |
| ## Offizielle Rhetorik wird martialischer | |
| In Sicherheitskreisen behilft man sich bei der Einschätzung der | |
| tatsächlichen Aufrüstung mit externen Dokumenten – etwa Berichten des | |
| Pentagons. Demnach wird die Volksbefreiungsarmee ihr Nukleararsenal im | |
| laufenden Jahrzehnt verdoppeln. Erst im Dezember sagte Mark Milley, | |
| Generalstabschef der US-Streitkräfte, dass China sein Wirtschaftswachstum | |
| dazu nutzen wird, bis 2035 mit der US-Militärmacht gleichzuziehen und bis | |
| Mitte des Jahrhunderts einen Krieg gegen die USA gewinnen könnte. | |
| „Man kann zwar in Chinas Staatsführung die bösartigsten Dinge | |
| hineinprojizieren, doch ihre Fähigkeiten sind durchaus eingeschränkt“, sagt | |
| hingegen Geoff Raby, von 2007 bis 2011 australischer Botschafter in Peking, | |
| über diese alarmistischen Szenarien. „Pekings Politiker sind von einer | |
| existenziellen Unsicherheit getrieben“, sagt Raby. Das Militär sei vor | |
| allem damit beschäftigt, die 22.000 Kilometer Landesgrenze zu verteidigen | |
| und die territorialen Konflikte auf eigenem Boden in den Griff zu bekommen | |
| – sei es in Tibet, Xinjiang oder [2][Hongkong]. | |
| Doch die offizielle Rhetorik wird martialischer. Noch Deng Xiaoping, Chinas | |
| Wirtschaftsreformer der 1980er Jahre, sprach davon, man solle „seine Stärke | |
| verbergen und seine Kraft nähren“. Nachfolger Hu Jintao propagierte die | |
| Maxime eines „friedlichen Aufstiegs“. [3][Xi Jinping] hingegen setzt auf | |
| Selbstbewusstsein und Drohgebärden gegen Nachbarstaaten. | |
| Am drastischsten lässt sich die globale Verschiebung der Militärmacht bei | |
| der chinesischen Marine beobachten. In weniger als zwei Dekaden hat sich | |
| die Streitkraft der Marine mehr als verdreifacht – und ist längst zur | |
| weltweit größten aufgestiegen. All dies ist nur möglich, weil China 40 | |
| Prozent des globalen Schiffsbaumarkts beheimatet. In den Werften wird im | |
| Dreischichtbetrieb an sieben Tagen pro Woche gearbeitet – Maßnahmen, die | |
| man sonst nur aus Kriegszeiten kennt. | |
| 11 Mar 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Fabian Kretschmer | |
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