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# taz.de -- Staub aus der Wüste Gobi: Sandsturm über Peking
> Treffen Wetterphänomene und alarmierende Feinstaubwerte aufeinander,
> zeigt sich die ökologische Krise in einer Unwirtlichkeit der Städte.
Bild: Peking am Montag: Bilder wie aus Blade Runner 2049
Peking taz | Als Pekings Bewohner:innen am Montag aus den Fenstern
blickten, zeigte sich die chinesische Hauptstadt wie in einem dystopischen
Science-Fiction: der Himmel orange-braun gefärbt, die Sicht durch
Smogschwaden verdeckt, die Sonne nicht mal zu erahnen. In der
20-Millionen-Metropole wurde Realität, was sich Regisseur Ridley Scott vor
40 Jahren für den ersten „Blade Runner“ noch ausgedacht hatte: [1][die
Stadt als unwirtlicher Moloch].
Ursache war in diesem Fall jedoch ein Wetterphänomen, das die Pekinger
praktisch jeden Frühling heimsucht: Sandstürme aus der mongolischen Wüste
Gobi. Allerdings leidet Peking bereits seit zwei Wochen zusätzlich unter
Höchstwerten bei der Feinstaubbelastung, die in den vergangenen Jahren
eigentlich abgenommen hatte.
Laut dem Schweizer Technologieunternehmen [2][IQAir, das weltweit
Messtationen zur Luftqualität] installiert hat, überstieg Peking am
Montagmorgen den gefährlichen Maximalwert von 2.000 Mikrogramm
Feinstaubpartikeln pro Kubikmeter Luft. Zum Vergleich: [3][Die Berliner
Luft lag zum selben Zeitraum bei einem Wert von unter 50 Mikrogamm pro
Kubikmeter].
Die meisten Hauptstadtbewohner:innen sind dem Rat der Lokalregierung
gefolgt und zu Hause geblieben, wo ein Luftreiniger längst zum Inventar
zählt. Wer unbedingt auf die Straße musste, tat dies mit Maske, Brille und
Kopfbedeckung. Schulen wurden angehalten, ihre Sportübungen im Freien zu
pausieren.
## 340 Vermisste in der Mongolei
Das sind jedoch nur Unannehmlichkeiten verglichen mit der unmittelbar
tödlichen Bedrohung, die der Sandsturm in der Mongolei ausgelöst hat: Dort
meldeten die Behörden über 340 Vermisstenanzeigen und der Flugverkehr kam
fast vollständig zum Erliegen.
Für die Regierung wird die Umweltverschmutzung zum sozialen Sprengstoff.
Bereits 2016 zogen die Bewohner:innen Chengdus auf die Straße, um ihren
Unmut kundzutun. Im Jahr 2019 demonstrierten die Bürger:innen Wuhans
gegen den Bau einer Müllverbrennungsanlage.
„In Peking kann man beobachten, wie eine ökologische Krise aussieht“,
schreibt Umweltexperte Li Shuo, der im Pekinger Büro für Greenpeace
arbeitet, auf Twitter: „Es fällt schwer zu behaupten, dass wir uns
vorwärtsbewegen, wenn man nicht einmal sehen kann, was vor einem liegt.“
Tatsächlich blieb die Sicht in Peking am Montag auf wenig mehr als 300
Meter beschränkt.
## Lange Agenda der Regierung
Dabei hat die Regierung bereits viel getan, um die katastrophale
Umweltsituation der letzten Dekade zu entspannen. Aufforstungsprojekte
südlich der Wüste Gobi sorgten so dafür, dass die Sandstürme deutlich
abgemildert wurden, ehe sie die Hauptstadt erreichen. Gleichzeitig haben
E-Autos die Abgase zumindest im Stadtgebiet reduziert. Vergangenes Jahr
schließlich kündigte Staatschef Xi Jinping überraschend an, das Land bis
2060 klimaneutral zu machen.
Vom [4][Nationalen Volkskongress Anfang März zeigten sich viele
Umweltexpert:innen jedoch tief enttäuscht]: In ihren Zukunftsplänen
erwähnten die Parteikader nur wenig konkrete Schritte, wie man das
ambitionierte Umweltziel auch erreichen kann. Von Obergrenzen für den
Einsatz von Kohle war etwa keine Rede.
Dass schlechte Luft in Chinas Städten zum Alltag gehört, hängt auch mit der
wirtschaftlichen Erholung zusammen, die die Volksrepublik trotz der
weltweiten Coronakrise erfährt. Im Jahr 2020 wuchs das Bruttoinlandsprodukt
um mehr als 2 Prozent, 2021 sollen es über 6 Prozent werden. Solange Peking
dieses Wachstum aber nicht auf Nachhaltigkeit umstellt, bezahlen die
Chines:innen den Fortschritt zunehmend mit ihrer eigenen Gesundheit.
15 Mar 2021
## LINKS
[1] /Studie-zu-Luftverschmutzung/!5750057
[2] https://www.iqair.com/de/
[3] /Stickstoffdioxidbelastung-in-deutschen-Staedten/!5747220
[4] /Volkskongress-in-China/!5752856
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Feinstaub
China
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
KP China
Schwerpunkt Angela Merkel
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