| # taz.de -- Korruption in Deutschland und Italien: Blühende Affären | |
| > Von Maskenskandal bis Lobbyarbeit für Aserbaidschan, die CDU/CSU steht | |
| > mehrfach unter Korruptionsverdacht. Italien zeigt, wie die endemisch | |
| > wurde. | |
| Bild: Zwei, die sich gern bereichern: Matteo Renzi und Matteo Salvini | |
| Die [1][einen setzen auf Masken], die anderen [2][lassen sich von | |
| Aserbaidschan aushalten], um das Image der Diktatur ein wenig zu schönen – | |
| und sie alle interpretieren Politik als Beruf, der erst mit ordentlichen | |
| Nebenverdiensten richtig Spaß macht. Dank ihrer Abgeordneten Georg Nüßlein, | |
| Nikolaus Löbel, Axel Fischer und Karin Strenz sieht sich [3][die CDU/CSU | |
| mit gleich mehreren Bestechungsverfahren] gegen Leute aus ihren Reihen | |
| konfrontiert. | |
| „Italienische Verhältnisse!“, möchte man da rufen, in Erinnerung an das | |
| Land, in dem nicht bloß die Zitronen, sondern seit Jahrzehnten auch die | |
| Korruptionsaffären blühen. Und Italien scheint ja tatsächlich deutlich zu | |
| machen, was droht, wenn die Korruption in der Politik endemisch wird: In | |
| den Jahren 1992 bis 1994 wurden ausnahmslos alle Regierungsparteien, zuerst | |
| die Christdemokraten und die Sozialisten, durch die | |
| Korruptionsermittlungen zahlreicher Staatsanwaltschaften weggefegt. | |
| Auf den ersten Blick bestätigte das, dass die Justiz ebenso wie die | |
| Zivilgesellschaft über genügend Antikörper gegen eine Politik verfügte, die | |
| vorneweg dem Prinzip „Bereichert euch!“ die Treue hielt. Doch der Eindruck | |
| täuschte. Schnell nämlich entwickelte die italienische Politik ihrerseits | |
| neue, robuste Antikörper gegen den angeblichen „Verfolgungswahn“ der | |
| Staatsanwälte. Am Anfang steht dafür Silvio Berlusconi, [4][der über die | |
| Jahre hinweg seine Prozesse wegen Korruption, Steuerhinterziehung etc. | |
| einfach aussaß]. Am Ende wurde er in einem einzigen seiner vielen Verfahren | |
| dann doch zu vier Jahren Haft verurteilt – aber auch er ist wieder da, als | |
| allseits respektierter Chef seiner Forza Italia, dem auch Angela Merkel | |
| ohne Zögern die Hand reicht. | |
| Nie weg dagegen war [5][Matteo Salvini], Chef jener Lega, die sich als Bund | |
| der (nord-)italienischen Steuerzahler*innen gerierte, und dann 49 | |
| Millionen Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung in dunklen Kanälen | |
| versickern ließ. Salvini aber tut so, als wisse er schier gar nicht, wo das | |
| ganze schöne Geld geblieben ist – und kaum jemand in Italien regt sich auf. | |
| Auf geringe Aufregung auch stieß, dass Salvini-Vertraute sich möglichen | |
| neuen Einnahmequellen zuwandten, dass sie im Jahr 2018 in Moskau über | |
| Öldeals verhandelten, aus denen 65 Millionen Dollar „Provision“ für die | |
| Lega abfallen sollten. Das Ermittlungsverfahren läuft, Salvini aber sieht | |
| sich keineswegs in Erklärungsnot. | |
| ## Gott sei Dank zahlten die Steuerzahler*innen | |
| Oder [6][Matteo Renzi], der frühere Chef der gemäßigt linken Partito | |
| Democratico (PD) und Ex-Ministerpräsident, der heute seiner | |
| Mini-Mitte-Partei Italia Viva vorsteht. Renzi hat nicht illegal gehandelt, | |
| doch seine Version von „das Private ist politisch“ – oder war es umgekehr… | |
| – kann sich sehen lassen. Im Oktober 2004 lässt sich der damals 29-jährige | |
| Jungspund im Familienbetrieb als Manager einstellen, gibt dann aber nach | |
| bloß elf Tagen seine Kandidatur als Präsident der Provinz Florenz bekannt. | |
| Er wird dann 2009 Bürgermeister von Florenz. Leider hat er dafür seine | |
| Managerkarriere unterbrechen müssen, doch Gott sei Dank zahlte der Staat | |
| – und damit Italiens Steuerzahler*innen – für die folgenden neun Jahre | |
| die Rentenbeiträge, die sonst die Firma Renzi hätte abführen müssen. | |
| Auch heute will Renzi sich nicht mit der üppigen Senatorendiät bescheiden. | |
| Erst vor ein paar Wochen war er in Saudi-Arabien, um dort das saudische | |
| Regime als „neue Renaissance“ abzufeiern. 80.000 Euro bringt sein Wirken in | |
| einer saudischen Stiftung Renzi jährlich ein. Ein Schluss lässt sich aus | |
| diesem Panoptikum ziehen: Nüßlein & Co. hätten in Italien weit weniger | |
| Probleme. Dort nämlich wird die Selbstbedienung in der Politik nicht | |
| irgendwelchen Hinterbänkler*innen überlassen, sondern gleich zur | |
| Chefsache gemacht. | |
| 12 Mar 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Michael Braun | |
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