# taz.de -- Berliner Volksbegehren startet: Das Gespenst der Enteignung geht um | |
> Das Volksbegehren Deutsche Wohnen und Co. Enteignen hat mit einer | |
> Kundgebung den Sammelstart eingeläutet. Mehr als 1.700 Aktive helfen. | |
Bild: Dieses Gespenst und 1.700 andere Aktive sammeln vier Monate lang Untersch… | |
BERLIN taz | Mit breiter Unterstützung und einer für Pandemieverhältnisse | |
großen Kundgebung am Kottbusser Tor ist am Freitag das Volksbegehren | |
Deutsche Wohnen und Co. Enteignen in die zweite Sammelphase gestartet. | |
Innerhalb von vier Monaten muss die Initiative mehr als 175.000 gültige | |
Unterschriften sammeln, damit bei der Bundestagswahl im September auch über | |
die Enteignung großer privater Immobilienkonzerne mit über 3.000 Wohnungen | |
abgestimmt werden kann. | |
Unterstützt wird das Volksbegehren von Verdi, IG Metall, GEW, | |
Mietervereinen sowie der Linken und Teilen von Grünen und SPD. Mit Katja | |
Kipping und Pascal Meiser von der Linken und Canam Bayram von den Grünen | |
hat an der Kundgebung auch Parteiprominenz teilgenommen. Ebenso waren | |
Gewerkschafter:innen vor Ort und viele von Mietsteigerungen und | |
Verdrängung betroffene Mieter:innen. | |
Sie [1][forderten die Berliner:innen auf], zahlreich die in | |
[2][Bürgerämtern], Wahlkreisbüros, Spätis und an öffentlichen Ständen | |
ausliegenden Listen zu unterschreiben, die auch aus dem Netz | |
[3][heruntergeladen werden können]. Mehr als 1.700 Aktive sind mittlerweile | |
in Kiezteams in ganz Berlin organisiert, ein [4][Hygienekonzept zum | |
Sammeln] gibt es auch: Abstand halten, desinfizieren, Masken. Für die, die | |
wegen der Coronapandemie nicht vor Ort unterschreiben wollen, gibt es eine | |
Liste zum Download [5][auf der neuen Website innn.it –] inklusive | |
Faltzettel, mit dem man die Liste portofrei an die Kampagnenplattform | |
change.org schicken kann. | |
Der Ort der Auftaktkundgebung ist nicht zufällig gewählt. Am Kotti steht | |
seit 2012 der Protest-Holzpavillon namens Gecekondu, das Herz des | |
Mietenprotests von [6][Kotti und Co] gegen die Deutsche Wohnen. In Süden | |
dieses zentralen Kreuzberger Platzes befinden sich Sozialbauten im Besitz | |
des Konzerns, in denen zuverlässig in jedem Winter [7][die Heizungen | |
ausfallen]. Die ersten Unterschriften am Kotti wurden entsprechend schon | |
vor Demobeginn geleistet. | |
## Das Gespenst aus der Torte | |
Über diesen und weiteren „Mietenwahnsinn“ sprechen betroffene | |
Mieter:innen in kämpferischen und hoffnungsvollen Reden. Genau vor dem | |
Gecekondu steht wenig später plötzlich eine menschengroße Torte, aus der | |
ein als „Gespenst der Enteignung“ verkleideter Aktivist springt und mit | |
einem übergroßen Stift eine Liste unterschreibt. Danach und davor gibt es | |
Sprechchöre: „Enteignen?“ „Jetzt!“ | |
Tatsächlich ist der Bezug zu dem Gespenst des Kommunismus nicht ganz | |
schief. Zwar geht es beim Volksbegehren nur um die verfassungskonforme | |
Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen, doch haben Immobilienunternehmen, | |
CDU und FDP große Angst vor der Volksinitiative: So gab die CDU pünktlich | |
zum Sammelstart eine [8][recht suggestive Umfrage] in Auftrag, die zu dem | |
Schluss kam, dass 51 Prozent gegen das Volksbegehren seien. | |
Rouzbeh Taheri kommentierte das bei einer Pressekonferenz vor der Demo so: | |
„Da hätte die CDU auch gleich fragen können, ob jemand einem Vulkanausbruch | |
zustimmt.“ Zudem wüsste er gerne, wie die CDU die doch recht teure Umfrage | |
bezahlt hat. „Vielleicht mit den [9][800.000 Euro Großspenden vom | |
Immobilienentwickler Christoph Gröner]?“ | |
## Auch nicht-deutsche Staatsbürger sollen unterschreiben | |
Bei der Pressekonferenz im Südblock am Kotti kritisierte Taheri darüber | |
hinaus, dass ein Großteil der Berliner Bevölkerung durch das Wahlgesetz von | |
der Unterschriftensammlung ausgeschlossen ist. „Wir bitten alle | |
Bürger:innen, das Volksbegehren zu unterschreiben – auch die 20 Prozent der | |
Berliner:innen, die eine ungültige Unterschrift abgeben werden, weil sie | |
keine deutschen Staatsbürger sind“, so Taheri. „Es ist ein Skandal, dass | |
Menschen, die hier leben, sich nicht an Entscheidungen für das Gemeinwesen | |
beteiligen können!“ | |
Taheri kündigte auch an, fortlaufend Zahlen der ungültigen Unterschriften | |
zu verkünden, um den Ausschluss eines großen Teils von Berlins Bevölkerung | |
weiter zu skandalisieren. Nicht zuletzt deswegen peilt die Initiative sogar | |
240.000 Unterschriften an. Zudem kritisierte die Initiative, dass man | |
angesichts der Coronalage nicht digital unterschreiben könne. | |
Aber bei aller Kritik überwog an diesem Tag die Euphorie sowohl auf der | |
Kundgebung am Kotti als auch bei der Pressekonferenz im Südblock. Taheri | |
sagte: „Es ist eine historische Situation. Wir können uns dafür | |
entscheiden, eine beachtliche Anzahl von Wohnungen dem Markt zu entziehen | |
und unter demokratische Kontrolle bringen.“ | |
Die Initiative sei zuversichtlich, dass dies trotz Corona erfolgreich sein | |
wird. Auf der Straße beim Sammeln habe man bereits festgestellt, dass eine | |
Mehrheit Enteignungen großer Wohnungskonzerne aufgeschlossen gegenüber | |
stehe. Angesichts der großen Unterstützung beim Sammeln sagte Taheri: „Wir | |
sind mittlerweile mehr als eine Initiative oder eine Kampagne. Das, was | |
heute anfängt, ist eine Massenbewegung.“ | |
26 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dwenteignen.de/unterschreiben/ | |
[2] https://www.berlin.de/wahlen/abstimmungen/deutsche-wohnen-und-co-enteignen/… | |
[3] https://www.dwenteignen.de/wp-content/uploads/2021/02/LAL-VB_3a_2b-2021_ULi… | |
[4] https://www.dwenteignen.de/2021/02/hygienekonzept/ | |
[5] https://innn.it/initiatives/dwenteignen | |
[6] /Cafe-Suedblock-Kotti--Co-und-Aquarium/!5659963 | |
[7] /Heizungsausfall-bei-der-Deutsche-Wohnen/!5751698 | |
[8] https://twitter.com/dwenteignen/status/1365015953394778114/photo/2 | |
[9] /500000-Euro-Spende-an-die-CDU/!5738635 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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