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# taz.de -- Impeachment gegen Trump: Schuldig freigesprochen
> Die nötige Zweidrittel-Mehrheit im US-Senat für eine Verurteilung Donald
> Trumps kommt nicht zustande. Die Überraschung kam nach der Abstimmung.
Bild: Trumps Anwalt Michael T. van der Veen: ein Nachfolger für Rudy Giuliani
Berlin taz | Nach nur fünf Tagen ist das zweite Impeachmentverfahren gegen
den Ex-Präsidenten Donald Trump auch schon vorbei – mit dem erwarteten
Ergebnis. Nur 7 republikanische Senator*innen stimmten mit allen 50
Demokrat*innen dafür, Trump als Anstifter des Sturms aufs Kapitol vom
6. Januar für schuldig zu erklären. 67 Stimmen, zwei Drittel der
Senator*innen, wären für eine Verurteilung nötig gewesen. Trump ist
freigesprochen – und könnte 2024 eine erneute Kandidatur anstreben.
Die große Überraschung kam direkt nach der Abstimmung. Schon am Morgen
hatte der republikanische Fraktionschef Mitch McConnell per Mail wissen
lassen, dass er für Freispruch stimmen werde. Das tat er dann auch – nur um
nach dem Ende der Abstimmung im Senat die gesamte Argumentation der
Anklage, dass nämlich Trump direkt für die Ereignisse des 6. Januar
verantwortlich sei, in einer Rede zu unterstreichen.
Genau wie es zuvor über viele Stunden die [1][Ankläger*innen] getan
hatten, warf McConnell Trump vor, [2][monatelang Lügen und
Verschwörungstheorien verbreitet] und seine Anhänger*innen zu diesem
Punkt gebracht zu haben, an dem sie gewaltsam das Kapitol stürmten. Auch
dann habe Trump versagt, indem er nichts dafür getan habe, den Angriff zu
beenden. Auch das hatten die Ankläger*innen [3][mit vielen Beweisen]
als Argument für die Verurteilung angeführt.
Warum also hatte er gegen die Verurteilung gestimmt? McConnell ging zurück
auf die Abstimmung zu Beginn des Verfahrens am Dienstag: Da war es darum
gegangen, ob ein Impeachmentverfahren, das dazu gedacht sei, Präsidenten
abzusetzen, noch durchführbar sei, wenn der Präsident gar nicht mehr im Amt
ist.
## McConnell versucht, die Partei von Trump zu trennen
Entgegen dem, was die Ankläger an Rechtsmeinungen und Präzedenzfällen aus
der Geschichte der USA zusammengetragen hatten, unterstrich McConnell, dass
die Verurteilung eines privaten Bürgers durch den Senat einem
Amtsmissbrauch des Senats gleichkäme.
Immer wieder hatten Trumps Anwälte im Verfahren darauf hingewiesen, dass
die Republikaner*innen, selbst wenn eine Mehrheit am Dienstag dafür
gestimmt hatte, das Verfahren durchzuführen, auch ihre Ablehnung der
Zuständigkeit des Senats als Grund für ein „unschuldig“-Votum nehmen
könnten, unabhängig von allen sonstigen Erwägungen über Trumps Schuld.
Am Dienstag hatten [4][sechs republikanische Senator*innen mit den
Demokraten dafür gestimmt], das Impeachmentverfahren durchzuführen und die
verfassungsrechtlichen Bedenken der Verteidigung zurückgewiesen. Das war
ein deutliches Zeichen, dass es nicht gelingen würde, die 17
Abweichler*innen zusammenzubekommen, die es für eine Verurteilung
gebraucht hätte. Immerhin einer mehr stimmte am Ende für die Verurteilung.
Für die Zukunft der Republikanischen Partei wird die Rede McConnells von
größter Bedeutung sein. Denn während das Zuständigkeitsargument allen
Republikaner*innen einen argumentierbaren Grund gab, gegen Trumps
Verurteilung zu stimmen, ohne sich zu den Vorwürfen gegen Trump im
einzelnen überhaupt zu positionieren, hat McConnell jetzt den Ton gesetzt,
um die Partei von Trump zu verabschieden.
## Republikaner vor risikoreicher Selbstdefinition
Man kann sicher davon ausgehen, dass viele jener 43 republikanischen
Senator*innen, die für „unschuldig“ stimmten, McConnells Meinung über Tru…
teilen. Von den sieben, die für „schuldig“ votierten, sind einige, wie Lisa
Murkowski, Mitt Romney oder Susan Collins, schon länger erklärte
Trump-Gegner*innen. Andere haben bereits angekündigt, nach dem Ende ihrer
aktuellen Amtszeit nicht erneut zu kandidieren – sie müssen Trumps
Anstrengungen, ihnen bei den nächsten Vorwahlen starke
Herausforder*innen entgegenzusetzen, nicht mehr fürchten.
Für alle anderen aber, mit Ausnahme jener wie Ted Cruz oder Rand Paul, die
auch politisch fest in der Trumplinie stehen, beginnt mit McConnells Rede
ein neues Kapitel der risikoreichen Selbstdefinition. McConnell, der
einflussreichste republikanische Politiker in Washington, hat in seiner
Rede dem Trumpismus, den er selbst vier Jahre lang als Mehrheitsführer des
Senats gestützt und geschützt hat, eine klare Absage erteilt.
Ob das reicht, um die Republikanische Partei zu einem tatsächlichen
Neustart zu bringen, ist vollkommen offen. Noch scheint es ebenso gut
möglich zu sein, dass dieser Samstag einfach das Ende von McConnells
Karriere bedeutet. Dabei wird es wichtig sein, wie die emotional wie
politisch sehr starken Ausführungen der Anklage auf die US-Öffentlichkeit
gewirkt haben.
Denn auch den Demokrat*innen war klar, dass die Chancen für eine
Verurteilung denkbar gering waren – ihre Plädoyers waren mindestens auch,
wenn nicht gar vor allem, an die Öffentlichkeit gerichtet. Zu Recht
stellten sie die Beziehung zwischen der Lüge des „Wahlbetrugs“ und dem
gewalttätigen Mob her, der das Kapitol stürmte. Ja, sie setzten letztlich
beides gleich.
## Trumpismus von der Verteidigerbank
Und dagegen argumentierte nicht einmal die Verteidigung. Der neu
hinzugekommene Chefverteidiger Michael T. van der Veen ist ein Anwalt aus
Philadelphia, der normalerweise versucht, für Klient*innen
Schmerzensgeld von der Stadt herauszuschlagen, die sich durch Unfälle auf
defekten Gehsteigen ein Bein brechen.
Er zeigte bisweilen Ähnlichkeiten mit Trumps persönlichem Anwalt Rudy
Giuliani: Wütend, auf das Pult schlagend und immer wieder offenkundige
Falschbehauptungen einstreuend, schimpfte er auf die Demokrat*innen, die
einen autoritären Staat ohne Meinungsfreiheit würden einrichten wollen. In
absurden Videozusammenschnitten, in denen demokratische
Politiker*innen das Wort „fight“ benutzen, versuchte er nachzuweisen,
dass Trumps Verhalten völlig normal gewesen sei.
Van der Veen erfand das Wort von der „Constitutional Cancel Culture“ –
Trump also erneut ein armes Opfer von Medien, Liberalen und
politisch-korrekter Eliten. Das war Trumpismus pur von der Bank der
Verteidigung.
Trump selbst ließ nach Ende des Verfahrens lediglich verlauten, das
Verfahren sei „eine neue Phase der größten Hexenjagd“ in der
US-amerikanischen Geschichte gewesen. „Unsere historische, patriotische und
schöne Bewegung, Amerika wieder großartig zu machen, hat jetzt erst
angefangen“, fügte Trump hinzu.
13 Feb 2021
## LINKS
[1] /Impeachmentverfahren-gegen-Trump/!5751760
[2] /Amtsenthebungsverfahren-gegen-Trump/!5748588
[3] /Amtsenthebungsverfahren-in-den-USA/!5751595
[4] /Impeachment-gegen-Donald-Trump/!5751423
## AUTOREN
Bernd Pickert
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