| # taz.de -- Trans*-Rechte und Gesetzentwurf: Von Rechten geleakt | |
| > Das Transsexuellengesetz soll durch eine Neuregelung abgelöst werden. | |
| > Jetzt hat ein rechtes Bündnis das inoffizielle Papier öffentlich gemacht. | |
| Bild: Demonstration des rechtsklerikalen Aktionsbündnis „Demo für Alle“: … | |
| Ein Gesetzentwurf zur Änderung des Geschlechtseintrags tauchte Ende Februar | |
| auf einer reaktionären Kampagnenplattform auf. Das rechtsklerikale | |
| Aktionsbündnis „Demo für Alle“ initiierte unter dem Titel „Kinderfalle | |
| Trans-Gesetz – sofort stoppen!“ eine Petition gegen das Gesetz. Bis heute | |
| haben über 14.000 Menschen unterschrieben. | |
| Wie sind die Antifeminist*innen und [1][Trans*feinde] der „Demo für | |
| Alle“ an den inoffiziellen Entwurf von Innenministerium und | |
| Justizministerium gekommen? | |
| Bereits am 6. Februar hatte die antifeministische Publizistin [2][Birgit | |
| Kelle] in einem langen Artikel für den Fokus vor den „dramatischen Folgen | |
| für Frauen und Kinder“ gewarnt, die eine solche Gesetzesänderung ihrer | |
| Meinung nach bedeute. In dem Artikel heißt es, der Entwurf läge der | |
| Redaktion vor. | |
| Kelle ist regelmäßige Sprecherin bei Aktionen und Konferenzen des „Demo für | |
| Alle“-Bündnisses. In ihrem Artikel behauptet sie, der Entwurf würde | |
| „bereits fast alle Forderungen“ der „LGBT-Lobbyverbände“ übernehmen. … | |
| der Petitionsseite heißt es sogar, „Die Transgender-Lobby lässt die | |
| Sektkorken knallen!“. | |
| ## So gar nicht in Sektlaune | |
| Davon kann allerdings keine Rede sein. Kalle Hümpfner, Fachreferent_in für | |
| gesellschaftspolitische Arbeit [3][beim Bundesverband Trans*] (BVT*) ist | |
| nicht in Sektlaune, sondern vielmehr beunruhigt. Dass rechtskonservative | |
| Kreise den Entwurf bekommen haben, Betroffenenverbände aber immer wieder | |
| mit der Floskel abgespeist würden, die Abstimmung innerhalb der | |
| Bundesregierung sei noch nicht abgeschlossen, sei mehr als ärgerlich. | |
| Hümpfner plant eine formale Nachfrage des BVT* bei den Ministerien und | |
| fordert, es müsse aufgeklärt werden, wie dieser Entwurf auf die | |
| Petitionsseite gekommen sei. Möglich ist, dass er absichtlich | |
| durchgestochen wurde, um Stimmung gegen eine Liberalisierung zu machen. Das | |
| Gesetz zur Änderung des Geschlechtseintrags soll das Transsexuellengesetz | |
| von 1981 ablösen, das das Bundesverfassungsgericht bereits in mehreren | |
| Teilen außer Kraft gesetzt hat, da sie gegen die Menschenrechte verstießen. | |
| Dem dringenden Reformbedarf wollte die Koalition bereits im Mai 2019 | |
| abhelfen, als das Kabinett den damaligen Gesetzentwurf von | |
| Justizministerium und Innenministerium zur „Neuregelung der Änderung des | |
| Geschlechtseintrags“ beschließen sollte. Nach heftiger Kritik von | |
| Organisationen der Selbstvertretung verschwand der Entwurf jedoch wieder in | |
| den Schubladen. Bereits da gab die damalige Justizministerin Katarina | |
| Barley (SPD) zu, dass der Entwurf „nicht ideal“ sei. Die Verantwortung | |
| dafür trage jedoch der Koalitionspartner. | |
| Inhaltlich habe sich an dem Vorhaben seit 2019 kaum etwas geändert, dies | |
| sei „kaum die Reform, die wir uns erhofft haben“, bedauert Hümpfner. | |
| Dennoch geht sie offenbar einigen Konservativen bereits zu weit. Auf | |
| Nachfrage der taz wollen sich weder das Justizministerium noch das | |
| Innenministerium zu den laufenden Abstimmungen äußeren, noch die Frage | |
| beantworten, ob es interne Ermittlungen gibt, wer das Dokument geleakt hat. | |
| Der Pressesprecher des Bundesinnenministeriums schreibt lediglich, das | |
| Ministerium habe „keinen diesbezüglichen Referentenentwurf veröffentlicht�… | |
| Ob das auf der Petitionsplattform veröffentlichte Dokument den aktuellen | |
| Diskussionsstand wiedergibt, ist somit unklar. | |
| ## Der Bundesverband Trans* kritisiert geleakten Entwurf | |
| An dem Entwurf kritisiert Hümpfner vor allem, dass er die Fremdbestimmung | |
| trans und intergeschlechtlicher Personen zementieren würde. Zwar sehe | |
| dieser nur eine verpflichtende Beratung für trans Personen vor, bevor diese | |
| ihren Geschlechtseintrag ändern lassen könnten, dies sei jedoch eine | |
| „Begutachtung durch die Hintertür“. | |
| Zur Änderungen des Geschlechtseintrags benötigten transgeschlechtliche | |
| Menschen weiterhin ein amtsgerichtliches Verfahren, statt diese, wie von | |
| den Selbstvertretungsorganisationen gefordert, einfach beim Standesamt | |
| durchführen zu können. Dies würde die bisherige lange Dauer des Verfahrens | |
| kaum reformieren, zudem würde weiterhin ein*e Richter*in darüber | |
| entscheiden, ob die Person trans genug ist. Einem Recht auf | |
| Selbstbestimmung widerspricht das fundamental, führt Hümpfner aus. | |
| Für Kinder und Jugendliche bedeute der Entwurf zudem eine Verschlechterung | |
| gegenüber dem Status quo: Da Gerichte bereits entschieden hätten, dass | |
| 7-Jährige ihren Namen und ihren Geschlechtseintrag mit Zustimmung der | |
| Eltern ändern könnten, sei die vorgeschlagene Altersgrenze von 14 Jahren | |
| ein Rückschritt, so Hümpfner. | |
| Die geplante Regelung, die laut der „Demo für Alle“-Petition ein | |
| „hinterhältiger Angriff auf die Kinder“ ist, würde diese in ihrer | |
| geschlechtlichen Selbstbestimmung also eher einschränken, statt den | |
| Geschlechtseintrag zu erleichtern. Ob das Gesetzesprojekt noch in dieser | |
| Legislaturperiode zu einem für trans und inter Personen guten Abschluss | |
| kommen kann, bezweifelt Hümpfner. | |
| 4 Mar 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Transfeindlichkeit-in-Brasilien/!5750415 | |
| [2] /Antifeministin-Birigt-Kelle-in-Dresden/!5289539 | |
| [3] https://www.bundesverband-trans.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Kirsten Achtelik | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
| Transpersonen | |
| Transgender | |
| Bundesinnenministerium | |
| Rechte Szene | |
| Brüste | |
| 50 Jahre Stonewall | |
| Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
| Entwicklungszusammenarbeit | |
| Alltagsrassismus | |
| Schwerpunkt Antifa | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Amputation wegen Tumor: Brust ab | |
| Wer sich nach einer Brustamputation gegen einen Wiederaufbau entscheidet, | |
| steht unter Rechtfertigungsdruck. Das erlebte auch unsere Autorin. | |
| Christopher Street Day in Hannover: Feiern mit angezogener Handbremse | |
| Mehr als 2.000 Menschen haben sich zur CSD-Parade in Hannover versammelt. | |
| Die gescheiterte Neufassung des „Transsexuellengesetzes“ sorgte für Kritik. | |
| Linken-Abgeordnete über trans Rechte: „Hürdenläufe sind nicht zumutbar“ | |
| Trans Personen sollen Anspruch auf bestimmte Leistungen bekommen, sagt die | |
| Linke Doris Achelwilm. Etwa, um Perücken oder Operationen finanzieren zu | |
| können. | |
| Staatsminister über LGBTI-Konzept: „Alle müssen Flagge zeigen“ | |
| Die deutsche Außenpolitik soll sich künftig stärker für sexuelle | |
| Minderheiten einsetzen. Staatsminister Michael Roth erklärt die | |
| Hintergründe des Kabinettsbeschlusses. | |
| Brief an einen alten weißen Freund: „Wir haben doch viel Glück gehabt“ | |
| Eine alte weiße Frau schreibt einen Brief an einen alten weißen Mann und | |
| Freund – der nach rechts driftet und den das Altmänner-Bashing nervt. | |
| Emily Gorcenski enttarnt US-Neonazis: Mit Daten gegen Rechtsextreme | |
| Die Antifa-Aktivist*in und trans Frau Emily Gorcenski wird in den USA | |
| massiv von Neonazis bedroht. Jetzt enttarnt sie einige Täter auf ihrer | |
| Webseite. |