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# taz.de -- Kunst auf Abstand: Ein Hoch auf die Fenster
> Auf Spaziergängen kann man oft immerhin von außen in die Galerien
> hineinspähen. Am Sonntag könnte sich das in Berlin besonders lohnen.
Bild: Hell erleuchet lassen sich die neuen Gemälde von Agne Juodvalkyte auch b…
Erstaunlich rege ist der Galeriebetrieb, obwohl ja eigentlich keiner die
Ausstellungen besuchen kann, die da hängen oder sogar neu eröffnet werden.
Zumindest nicht physisch. Aus der Nähe, durchs Fenster gucken ist freilich
erlaubt. Die Galerien, die Schaufensterfronten und Räumlichkeiten im
Erdgeschoss haben, sind da klar im Vorteil, der Rest braucht etwas mehr
Kreativität.
Auch die Initiative „Sunday Open“ verharrt nicht im Winterschlaf. Am
kommenden Sonntag folgt die lockdowntaugliche Variante des sonntäglichen
Kunstbummels. Unter dem Motto „Lights On!“ laden die beteiligten Galerien
zwar nicht in die eigenen Ausstellungsräume ein, aber immerhin in den
Außenraum davor. Charlottenburger Spaziergänger*innen etwa können bei
Wentrup nicht nur die Arbeiten Olaf Metzels durch die Scheiben betrachten,
sondern dort auch per Smartphone und QR-Code eine Führung mit dem Künstler
durch die Schau laden. In Kreuzberg nutzt die Galerie Klemm's, die Fassade
zur Prinzessinnenstraße als Untergrund für Renaud Regnerys Installation
„Oktopentapus“. Alle Teilnehmer*innen sind online vermerkt. Die Liste
soll bis zum Wochenende noch wachsen: [1][www.indexberlin.com/lights_on].
## Die Großmutter erinnern
Die Lichter an trotz verschlossener Türen sind auch in der Kreuzberger
Galerie [2][Blake & Vargas]. Seit vergangener Woche hängen dort Bilder der
Malerin Agne Juodvalkyte. Juodvalkyte, die aus Litauen stammt, und in
Berlin und Vilnius lebt, hat sie allesamt in den vergangenen acht Monaten
angefertigt, in einem aufwendigen Prozess, bei dem die Künstlerin Techniken
der Malerei mit solchen der Textilfärberei kombiniert. Ihr Zugang zu beidem
ist ein recht körperlicher, intuitiver. Oft schon hat sie mit besonderen
Stoffen gearbeitet, mit Kleidungsstücken ihrer Großmutter oder Geweben, die
für traditionelle litauische Textilien benutzt werden, diese dann mit
Pflanzen eingefärbt und mit handgemachten Farben und natürlichen Pigmenten
in großen Gesten bemalt. Schicht um Schicht, quasi im Dialog mit dem
Material.
Für die hauptsächlich großformatigen Arbeiten, die ihre nach dem
litauischen Kosewort „Anska“ betitelten Ausstellung ergeben, hat
Juodvalkyte dafür auf Leinwand aus dem Malereibedarf zurückgegriffen und
diese auf Rahmen gespannt. Ein wenig zurückhaltender wirken diese daher,
passend für die aktuell so stille Zeit. Ihre poetischen
Gedankenlandschaften seien, wie es heißt, von ihren Erinnerungen an ihre
Großmutter inspiriert. Ein Jammer ist es, nicht direkt vor ihnen stehen zu
können, aber vielleicht klappt das ja noch bis zum Ende der Laufzeit der
Schau.
## Störfeuer im Camping-Glück
Erinnerungen spielen auch in der Ausstellung von Paris Giachoustidis eine
Rolle, die aktuell bei [3][68 Projects] durch die Scheibe oder
[4][virtuell] zu sehen ist. Bei ihm sind es Erinnerungen an den vergangenen
Sommer, den Giachoustidis offenbar pandemiekonform auf Campingplätzen in
deutschen Urlaubsregionen verbracht hat.
Seine Sujets könnten als Postkartenmotiven durchgehen, wären da nicht jene
Störfeuer, die der junge Maler eingefügt hat. Mal brennt es da tatsächlich,
es blitzt oder kracht. Die hübsche Ferienidylle wird brüchig, der etwas zu
bunt geratene Lack blättert ab, etwas Bedrohliches scheint aufzuziehen.
Womöglich ist daheim zu bleiben, doch gar nicht so verkehrt?
2 Feb 2021
## LINKS
[1] https://www.indexberlin.com/lights_on/
[2] https://blakeandvargas.com/
[3] http://www.68projects.com
[4] https://www.artland.com/exhibitions/urlaub-in-deutschland
## AUTOREN
Beate Scheder
## TAGS
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