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# taz.de -- Sahel-Gipfel in Tschads Hauptstadt: Militär allein reicht nicht aus
> Frankreich will seine Antiterrormission in der Sahelzone doch nicht so
> schnell verkleinern. Ein Sahel-G5-Gipfel sucht nun nach neuen Wegen.
Bild: Lager in Burkina Faso im April 2020: Kinder des durch Terror vertriebenen…
Cotonou taz | Anders als erwartet wird Frankreich seine Antiterrormission
Barkhane im Sahel wohl doch nicht sofort verkleinern oder gar abziehen.
Darüber hatte es im Vorfeld des G5-Sahel-Gipfels am Montag und Dienstag in
der tschadischen Hauptstadt N’Djamena zahlreiche Spekulationen gegeben.
Vermutet worden war, dass die im vergangenen Jahr angekündigte Aufstockung
um 600 auf rund 5.100 Soldat*innen wieder rückgängig gemacht wird. Die
Mission hat in Mali kein gutes Standing, und in der Hauptstadt Bamako war
vor vier Wochen eine Demonstration gegen die französische Präsenz verboten
worden.
Doch auch in Frankreich gehen die Argumente aus, um den Einsatz zu
rechtfertigen. 55 Soldat*innen sind bereits ums Leben gekommen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der per Videokonferenz am Gipfel
teilnahm, kündigte „wesentliche Veränderungen“ an. Zuvor wolle man mit den
Partnern darüber sprechen. Aktuell sei ein massiver Rückzug aber „ein
Fehler“.
Bundesaußenminister Heiko Maas sprach sich gegen einen Kampfeinsatz der
Bundeswehr in der Sahelzone aus. Diese beteilige sich bereits an der
Stabilisierungsmission Minusma sowie der europäischen
[1][Ausbildungsmission EUTM], was eine Kraftanstrengung und ein
gefährlicher Einsatz sei. Frankreich hatte zuvor immer wieder versucht,
weitere Partner für das militärische Engagement zu finden.
Nach Ansicht Macrons war der Einsatz im vergangenen Jahr durchaus
erfolgreich. Der [2][Islamische Staat in der Großen Sahara] habe im
Grenzgebiet zwischen Mali, Burkina Faso und Niger an Rückhalt verloren und
Verluste verzeichnet. Jetzt müssten weiterhin die Terrorgruppen bekämpft
werden, die Kontakte zu al-Qaida haben. Man müsse sie „enthaupten“, so
Macron.
2020 war das tödlichste Jahr für Zivilist*innen
Zeitlich passend zum Gipfel hatte Gastgeberland Tschad in der Nacht zu
Dienstag ein Video im Kurznachrichtendienst Twitter hochgeladen, auf dem zu
sehen ist, wie 1.200 zusätzliche Soldat*innen künftig in der Grenzregion
eingesetzt werden. Dafür gab es umgehend Lob aus Frankreich.
Der Alltag sieht jedoch anders aus. Am ersten Januarwochenende wurden
[3][zwei schwere Angriffe] auf Dörfer in der Region Tillaberi im Südwesten
des Niger verübt, bei denen mehr als 100 Menschen starben. Aus Angst vor
neuer Gewalt sind seitdem nach Informationen der Nothilfeagentur der
Vereinten Nationen mehr als 10.000 Menschen in größere Dörfer geflohen.
Unterschlupf gefunden haben sie bei Gastfamilien, die selbst kaum genug zum
Überleben haben. Insgesamt liegt die Zahl der Binnenflüchtlinge im
Zentralsahel bei mehr als zwei Millionen und hat sich in den vergangenen
zwei Jahren vervierfacht.
Im Vorfeld der Konferenz hat deshalb auch Niagalé Bagayoko, Präsidentin des
African Security Sector Networks und Mitglied der „Bürgerkoalition für die
Sahelzone“, ein ernüchterndes Fazit gezogen: „2020 war das tödlichste Jahr
für Zivilist*innen. Sie wurden zum Ziel dschihadistischer Gruppierungen und
Selbstverteidigungsmilizen, aber auch von Sicherheits- und
Verteidigungskräften.“ Militärmissionen hätten das keinesfalls verhindert.
Schon lange betont die Zivilgesellschaft, was nun auch der Gipfel erkannt
hat: Militärische Ansätze reichen längst nicht aus. Der Staat müsse in jene
Regionen, in denen er nicht mehr präsent ist, zurückkehren, hat nun auch
Macron gesagt. Sicherheit und Dienstleistungen müssten wiederhergestellt
werden, die Bevölkerung brauche eine Perspektive.
16 Feb 2021
## LINKS
[1] /Zusammenarbeit-mit-Mali/!5720578
[2] https://cisac.fsi.stanford.edu/mappingmilitants/profiles/islamic-state-grea…
[3] /Mindestens-100-Tote-in-Niger/!5737902
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Sahel
Tschad
Niger
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Terrorismus
Schwerpunkt Emmanuel Macron
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